Beton-brut-Architektur
Béton Brut heißt übersetzt so viel wie roher Beton
und steht für den französischen Begriff Sichtbeton.
Er bezeichnet die Verwendung von Beton in seiner nach dem
Ausschalen sichtbaren Bauform. Spuren des Schalungs- und
Herstellungsprozesses wie Unebenheiten in der Oberfläche oder
Abdrücke der Schalmaterialien und deren Befestigungen (Ankerlöcher)
kennzeichnen die Betonoberflächen dieser Bauwerke. Auf diese Weise
können Innen- und Außenwände in ihrem rohen Zustand belassen und
unterschiedlich strukturiert werden.
Als Pionier auf diesem Gebiet gilt der französische Architekt und
Stadtplaner Auguste Perret, der Anfang des 20. Jahrhunderts
erstmals Gebäude mit Eisenbeton errichtete. Aufgrund der steten
Weiterentwicklung des Materials und wegen seiner Wirtschaftlichkeit
erfreute er sich bei vielen Architekten in den 1950er bis 1970er
Jahren großer Beliebtheit. Seither wurde die vermehrte Verwendung
von „rohen“ Materialien unter dem Begriff Brutalismus
zusammengefasst. Das erste Sichtbetongebäude dieses neuen Baustils
war die Kirche St. Jean de Montmartre in Paris, die zwischen 1894
und 97 nach Plänen von Baudet, einem Schüler von Viollet-le-Ducs
errichtet worden war. Auch Le Corbusier folgte dem Anspruch,
Architektur mit rohen Materialien und Oberflächen zu erzeugen,
deren Exaktheit im Abguss dem Original entspricht und nichts
anderes vorgibt als das zu sein, was es ist. So entstanden unter
seiner Federführung namhafte Bauwerke wie beispielsweise die
Kapelle Notre-Dame-du Haut de Ronchamps oder die Wohnbebauungen
Unité d´Habitation in vier Orten Frankreichs sowie in Berlin. Das
Kloster Sainte-Marie de La Tourette in Éveux weist eine Oberfläche
sägerauer Schalungsbretter auf, Lunker- und Betonaustritte tragen
die Spuren der Herstellung.
Der exzessive Gebrauch von Sichtbeton führte zu einer teilweisen
dramatischen Überbetonung von Bauwerken in Formelementen und
Funktion, sodass allzu oft eine übertriebene, unwirkliche, von den
Nutzern nicht geliebte Atmosphäre entstand. Durch die Architekten
Louis Isodore Kahn und James Frazer Stirling sind in den USA und
Großbritannien einige durchaus gut funktionierender Beispiele
brutalistischer Architektur entstanden, wie beispielsweise das
kalifornische Salk Institute oder die Bücherei der Geschichtlichen
Fakultät im englischen Cambridge. Auch in Deutschland sind einige
bemerkenswerte Gebäude realisiert worden, in denen Funktionalität
mit Gestalt, Form und Repräsentativität verbunden wurde. Zu nennen
sind hier u.a. das Haus Sindingen in Frankfurt/Main von Günter Bock
oder das Berliner Spitteleck vom BMK Ingenieurhochbau
Berlin.
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