Wärmepumpen im Altbau
Vorurteile unter der Lupe
Im Neubau sind Wärmepumpen längst zum Standard avanciert, da sie nicht nur besonders energieeffizient sind, sondern auch eine klimafreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen bieten. Der Einsatz von Wärmepumpen in Altbauten allerdings ist noch mit einigen Vorurteilen behaftet. An der Eignung von Wärmepumpen für Bestandsgebäude werden in der öffentlichen Debatte immer wieder Zweifel laut. Das verunsichert die Verbraucher – jedoch zu Unrecht, wie ein genauer Blick auf die Technologie verdeutlicht.
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Vorurteil 1: Die Wärmepumpe heizt ausschließlich mit Strom
Ein Großteil der Vorbehalte basiert bereits auf einem fehlenden Wissen über die Technik und das Funktionsprinzip. Fälschlicherweise wird oftmals davon ausgegangen, dass die Wärmepumpe ausschließlich mit Strom heizt. Der Strom dient jedoch in Wahrheit lediglich als Antriebsenergie. Für die Heizwärmeerzeugung nutzt die Wärmepumpe vielmehr die thermische Energie aus der Umgebungsluft (Luft/Wasser-Wärmepumpe), dem Erdreich (Sole/Wasser-Wärmepumpe) oder dem Grundwasser (Wasser/Wasser-Wärmepumpe) und bringt diese mittels Kältemittelverdichtung auf ein höheres, zur Beheizung von Gebäuden ausreichendes Temperaturniveau. Dieses Prinzip führt zu einer hohen Effizienz: Im Vergleich zu modernen Gaskesseln, die aus einer Kilowattstunde Gas lediglich rund 0,9 Kilowattstunden Wärme produzieren, erzeugt die Wärmepumpe so rund 3 bis 5 Kilowattstunden Wärme.
Vorurteil 2: Wärmepumpen sind im Bestand ineffizient
In Altbauten müssen – je nach eingebauten Heizsystem – zwar
oftmals höhere Vorlauftemperaturen bereitgestellt werden als im
Neubau. Aber auch in Bestandsgebäuden lassen sich sehr gute
Jahresarbeitszahlen (JAZ) erreichen, wie eine umfangreiche Studie
des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE im Auftrag
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) belegt
(siehe Surftipps). Untersucht wurde über den Zeitraum von Dezember
2014 bis Juli 2019 der Einsatz von Wärmepumpen in bis zu 150 Jahre
alten Gebäuden. Ihr Fazit: Luft/Wasser-Wärmepumpen erreichten im
Durchschnitt eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,1, Erdwärmepumpen
sogar eine JAZ von 4,1. Von mangelnder Eignung für bestehende
Gebäude kann somit nicht die Rede sein, im Gegenteil: Wärmepumpen
sind im Bestand nicht nur deutlich umweltfreundlicher als jede Öl-
und Gasheizung, sondern zudem auch sehr energieeffizient und damit
wirtschaftlich zu betreiben.
Vorurteil 3: Sanierungsmaßnahmen sind unbedingt erforderlich
Oftmals hört oder liest man, dass der Einsatz von Wärmepumpen
nur dann möglich ist, wenn ein Gebäude umfassend saniert wurde. Das
ist weitestgehend unbegründet: Einschätzungen zufolge ist davon
auszugehen, dass rund 80 Prozent der Bestandsgebäude ohne Weiteres
mit Wärmepumpen ausgestattet werden können. Denn wirklich komplett
unsanierte Gebäude gibt es nur noch wenige, über die Jahrzehnte
hinweg wurden an den meisten Gebäuden Sanierungsmaßnahmen
vorgenommen. Die entscheidende Richtgröße bei der Entscheidung ist
vielmehr die benötigte Vorlauftemperatur. Liegt sie zwischen 55 und
65 °C, kann eine Wärmepumpe bedenkenlos eingesetzt werden. Erst bei
Vorlauftemperaturen von 70 °C und höher sind Sanierungsmaßnehmen
nötig, damit in einem Gebäude niedrigere Vorlauftemperaturen zur
gewünschten Heizwirkung führen. Bei Gebäuden dieses Zustands
allerdings ist dann auch der Einsatz einer Öl- oder Gasheizung
gänzlich unrentabel.
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Vorurteil 4: Der Heizstab kommt häufig zum Einsatz
Die angeführte ISE-Studie hat ebenfalls das Vorurteil entkräftet, dass der Heizstab in Luftwärmepumpen an kalten Wintertagen einspringt. Im Durchschnitt aber sind lediglich ein bis drei Prozent des Stromverbrauchs auf ihn zurückzuführen. Mehr noch kam der Heizstab an der Hälfte der untersuchten Anlagen überhaupt nicht zum Einsatz, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Alt- und Neubau handelte. Wer dennoch sicherstellen möchte, dass der Heizstabs nicht eingesetzt werden muss, sollte die Wärmpumpe entsprechend größer dimensionieren lassen. Dadurch fällt allerdings die Anfangsinvestition höher aus, außerdem läuft die Wärmepumpe wahrscheinlich die meiste Zeit nicht im optimalen Betriebsbereich. Finanziell lohnt sich dieser Ansatz daher eher nicht.
Vorurteil 5: Wärmepumpen sind nur mit Ökostrom grün
Oftmals wird auch eingewendet, Wärmepumpen seien in Wahrheit nicht umweltfreundlich, wenn der Strom aus fossilen Brennstoffen stammt. Allerdings beziehen Wärmepumpen den Großteil der Wärmeenergie nicht aus dem Strom, sondern aus der Umwelt. Bei einer JAZ von 3 etwa werden aus einer Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme erzeugt. Die erzeugte Wärme besteht also zu zwei Dritteln aus Umweltenergie. Auch wenn der Betriebsstrom ausschließlich aus einem fossilen Kraftwerk käme, was zum Glück in Deutschland heute nicht mehr der Fall ist, wäre die Klimabilanz der Wärmepumpe somit noch immer klar besser als die jeder Öl- und Gasheizung.
An den Vorurteilen gegenüber Wärmepumpen ist in der Praxis also nicht viel Wahres. Moderne Wärmepumpen überzeugen durch ihren energieeffizienten Betrieb und ihr hohes Klimaschutzpotenzial und stehen fossilen Heizungssystemen mittlerweile in nichts mehr nach. Die Frage ist dementsprechend nicht, ob Wärmepumpen auch für den Bestand geeignet sind, sondern mit welcher Systemlösung sich der individuelle Wärmebedarf des Gebäudes optimal decken lässt.
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