Swiss Re Next in Zürich
Gebäudehülle aus wellenförmig gebogenem Floatglas
Das Viertel rund um den Mythenquai entstand vor 150 Jahren, als am nordwestlichen Ufer des Zürichsees das Sumpfgebiet trockengelegt und aufgeschüttet wurde. Benannt ist die Zürcher Prachtmeile nach dem Mythenschloss, einem großbürgerlichen Wohnhaus, das zwischen 1925 und 1927 nach Plänen des Architekten Arminio Cristofar errichtet wurde. Seit Anfang der 1960er-Jahre ist es im Besitz der Swiss Re, die sich wie andere große Versicherungsunternehmen, schon früh hier ansiedelten. Neben dem neobarocken Bau, der 1982 abgebrochen und neu aufgebaut wurde, gehören dem Schweizer Rückversicherer noch fünf weitere Gebäude in der Umgebung. Einige werden derzeit saniert, ein Bürogebäude von Werner Stücheli aus dem Jahr 1969 musste weichen, um einem Neubau mit wellenförmig geschwungener Glasfassade nach Plänen der Baseler Architekten Diener & Diener Platz zu machen.
Gallerie
Das Swiss Re Next genannte Gebäude besetzt eine Fläche
von 50 mal 70 Metern im Zentrum des Firmenareals. Es besitzt sechs
oberirdische und drei unterirdische Geschosse, wo unter anderem
eine Tiefgarage und ein 240 Personen fassendes Auditorium
angeordnet sind. Die Anbindung an die nördlich und südlich
angrenzenden Gebäude des Unternehmens erfolgt ebenfalls
unterirdisch. Besucher gelangen durch den Haupteingang an der zum
See ausgerichteten Ostseite in das Bürohaus, die Mitarbeiter über
einen Zugang in der gegenüberliegenden Westfassade. Dazwischen
erstrecken sich ein Treppenhaus und ein großzügiges Foyer; seitlich
versorgen zwei Atrien das tiefe Bauvolumen über alle Etagen mit
Tageslicht. Das Erdgeschoss beherbergt außerdem Konferenzräume,
eine Arbeitslounge mit Kaffeebar und einen Fahrradabstellraum. In
den fünf Geschossen darüber befinden sich die weitgehend offen
gestalteten, nach dem Prinzip des flexiblen Desk Sharing
organisierten Büroflächen für die rund 1.100 Mitarbeiter. Auf diese
Weise ließ sich sowohl der Flächenbedarf, als auch der
Energieverbrauch pro Arbeitsplatz deutlich senken. Abgetrennt vom
Großraum sind einige wenige Zellenbüros und Besprechungsräume
entlang der gläsernen Fassade, in der obersten Etage sind es ein
paar mehr. Die Erschließung erfolgt über vier massive Kerne, in
denen auch die Sanitär- und Technikräume untergebracht
sind.
Glas
Die Gebäudehülle des Swiss Re Next ist als Doppelfassade
ausgeführt. Ihre innere thermische Schicht misst insgesamt 5.100
Quadratmeter und ist eine eigens angefertigte
Pfosten-Riegelkonstruktion mit Ausfachungen aus
Dreifach-Isolierglas. Rund 700 Scheiben mit Standardmaßen von 1,70
x 3,50 m wurden verbaut. Die Pfosten bestehen aus stählernen
T-Profilen und ergeben zusammen mit den Riegeln eine Länge von etwa
4.800 lfm. Innenseitig sind sie mit spiegelpoliertem Edelstahlblech
verblendet, das auch für die äußeren Abdeckleisten verwendet
wurde.
Im Zwischenraum der Doppelfassade ist eine zu Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahme nutzbare Balkonkonstruktion angeordnet. Pro Geschoss wurden dafür 60 Tragkonsolen aus Edelstahl an den Stirnseiten der Ortbetondecken befestigt und mit vorgefertigten wellenförmigen Betonplatten abgedeckt.
Die vorgehängte äußere Fassade besteht aus insgesamt 924 gebogenen Verbundsicherheitsgläsern aus Floatglas, die passgenau ineinandergreifen und in Edelstahlschuhen lagern, die in den Glasecken aufgeklebt sind. Ihre Produktion erfolgte paarweise im Schwerkraftbiegeverfahren mit Höhen zwischen 4,20 m und 4,80 m sowie im Wesentlichen zwei Formatbreiten: 436 Wellgläser, die zwischen dem Erdgeschoss und dritten Obergeschoss spannen, wurden mit einer Breite von 2,60 m und einem Stich von 46 cm gefertigt, die restlichen 488 Glasscheiben für die darüber liegenden Etagen sind nur jeweils 1,20 m breit, der Stich beträgt hier 23 cm. Eine Wellglasscheibe setzt sich aus 2 x 10 mm Floatglas zusammen, die mit einer PVB-Folie zu Verbundsicherheitsglas weiterverarbeitet wurden. Das äußere Glas ist auf Position 2 mit einer Sonnenschutzbeschichtung (Antelio Silver) sehen, die eine Lichttransmission von 71% und eine t und eine Reflexion von 21% erwirkt.
Die dreiteiligen Halterungen für die Glasscheiben bestehen aus zwei Schuhen, worin zwei benachbarte Wellengläser punktförmig mit schwarzem Structural Glazing Silikon befestigt sind, und einer an Edelstahlstangen befestigten Klemmhalterung. Die Edelstahlstangen wirken statisch wie Seile, sodass die Wellglasfassade ähnlich einem Tuch von oben herunterfällt bzw. hängt. Mit dem Tragwerk verbunden sind sie über die Decke des vierten Obergeschosses und im Bereich der Fassadentraufe. Sie wirken statisch als Festlager und sind sowohl horizontal, als auch vertikal unverschieblich. Die horizontalen Windlasten werden geschossweise mit einfachen, geraden Stäben oder schwanenhalsförmigen Edelstahlteilen zwischen den Glaswellen auf die Tragkonsolen der Wartungsstege abgeleitet.
Um den Austausch einzelner Scheiben bei Glasbruch zu vereinfachen, wurden die Schuhe bereits im Werk an das gebogene VSG geklebt und später bei der Montage auf der Baustelle lediglich mit einem Bolzen an der Klemmhalterung befestigt.
Bautafel
Architekten: Diener & Diener, Basel
Projektbeteiligte: Emmer Pfenninger Partner, Münchenstein (Fassadenplanung); Frener & Reifer Fassaden, Brixen (Fassadenbau); Universität Innsbruck und FH München (Sachverständige Bewertung Verglasung); Ernst Basler & Partner (Tragwerksplanung); Dr. Eicher & Pauli, Bern (Haustechnik); Sevil Peach Gence Associates, London (Arbeitsplatzgestaltung); Licht Kunst Licht, Bonn/Berlin (Lichtplanung)
Bauherr: Swiss Re, Zürich
Fertigstellung: 2017
Standort: Mythenquai 50/60, 8002 Zürich
Bildnachweis: Leonardo Finotti, Christian Richters für Swiss Re
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