Besucherzentrum des Joanneumviertels in Graz
Trichter aus unterschiedlich gebogenen und geneigten Glasscheiben
Im Jahr 1811 stiftete Erzherzog Johann der Stadt Graz das Universalmuseum Joanneum. Schon bald nach seiner Eröffnung zu klein geworden, wurde es im Laufe der Zeit um mehrere Gebäude ergänzt. Mittlerweile ist es nicht nur das älteste Museum Österreichs, sondern auch das größte seiner Art in Mitteleuropa. Anlässlich des 200-jährigen Bestandsjubiläums hat das Museumsareal in der Grazer Altstadt, das Joanneumsviertel, eine Sanierung, Modernisierung und Erweiterung erfahren. Kernstück dieser Erneuerung ist das unterirdische Besucherzentrum, das als Gemeinschaftsarbeit des Grazer Büros eep Architekten und Nieto Sobejano Arquitectos aus Madrid entstand.
Gallerie
Im Hof des Altbestands zwischen Neutorgasse und Raubergasse gelegen, dient der Neubau als zentraler Zugang und schafft eine Verbindung zwischen den Museen und der Steiermärkischen Landesbibliothek. Gleichzeitig ist es ein Ort der Information und Orientierung. Da es größtenteils unterhalb des Straßenniveaus liegt, ist es für die Besucher als solches nicht sofort erkennbar. Erst wenn sie die Rolltreppe entdecken, die von dem größten der fünf kegelförmigen Trichter aus Glas in die Tiefe führt, gelangen sie in die Verteilungsebene.
Die gläsernen Kegelstümpfe strukturieren den Hof und leiten mit ihren unterschiedlich gebogenen und geneigten Scheiben großzügig Tageslicht in das Untergeschoss. Durch die schräge Anordnung der Glasflächen fällt das natürliche Licht bis zu zehn Meter tief in das Besucherzentrum. Während Wind und Wetter ausgeschlossen sind, wird der Blick von innen nach außen auf die historische Bebauung gelenkt.
Glas
In den unterirdischen Bereichen kam eine
Wärmedämm-Isolierverglasung aus Verbundsicherheitsglas (Floatglas) zum Einsatz.
Für die Brüstungen über Bodenniveau kam ebenfalls ein
Verbundsicherheitsglas zur Anwendung, hier jedoch ohne isolierende
Funktion. Es besteht aus 2 x 12 mm Floatglas.
Aufgrund der unterschiedlichen Radien und Neigungen der Trichter besitzen alle Scheiben unterschiedliche Abmessungen. Die geometrisch anspruchsvolle räumliche Form erforderte das thermische Biegen der Glasscheiben in einer konischen Biegeform. Der statische Lastabtrag teilt sich in horizontale und vertikale Lasten: Vertikallasten aus dem Eigengewicht werden durch Klotzungen in der Glasfläche durch Stapelung der Glasscheiben abgetragen. Horizontallasten durch Windbeanspruchung und Holmlasten werden über eine Strucural Glazing (SG) Verklebung an horizontal angeordnete, biegesteife Stahlringsegmente an den oberen und unteren Glaskanten weitergeleitet. Die Brüstungsverglasung ist auf die gleiche Art und Weise gelagert, allerdings kragt das Glas nach oben aus.
Die Glasscheiben weisen aber nicht nur komplizierte Geometrien
auf, sie wurden auch mit größeren und kleineren Punkten bedruckt.
Seitens der Architekten war ein Muster gewünscht, das eine
räumliche und dynamische Wirkung erzielt. Zusätzlich sollte das mit
verdichtenden Punktwolken bedruckte Glas die Ränder der Öffnungen
in den Stahlbetondecken kaschieren.
Bautafel
Architekten: eep Architekten, Graz; Nieto Sobejano Arquitectos, Madrid
Projektbeteiligte: SFL Technologies, Stallhofen (Glasproduktion und Stahlbau); Fibag, Stallhofen und Prof. Dr. J. Neugebauer, Graz (Projektentwicklung und Statik); Manfred Petschnigg, Graz (Tragwerksplanung); Thomas Mathoi Bauprojektmanagement, Graz (Projektsteuerung); Bogner CC, Wien und HG Merz, Stuttgart/Berlin (Ausstellungsplanung)
Bauherr: Landesimmobilien-Gesellschaft, Graz
Nutzer: Universalmuseum Joanneum und Steiermärkische Landesbibliothek, Graz
Fertigstellung: 2011
Standort: Joanneumsviertel Graz
Bildnachweis: UMJ, Fotograf: N. Lackner, Graz und Prof. Dr. Jürgen Neugebauer, Graz
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