Bürogebäude Tip of Nordø in Kopenhagen
Mit Tageslichtanalyse zur Fassadengestaltung
Die Wahl Kopenhagens als UNESCO Welthauptstadt der Architektur 2023 dürfte kaum überraschen: Die dänische Hauptstadt zeichnet sich durch die besondere Mischung aus alt und neu, das Nebeneinander von historischem Kulturerbe und nachhaltigen Architekturen der Neuzeit aus. Dass in Kopenhagen auch an die Zukunft gedacht wird, verdeutlicht die städtebauliche Entwicklung: Ehemalige Industrieareale verwandeln sich in lebenswerte, nachhaltige Wohnviertel, die Mobilität konzentriert sich auf den öffentlichen Nahverkehr und das Fahrrad – wie in kaum einer anderen Stadt. Der Stadtteil Nordhavn steht exemplarisch für diese progressive Stadtentwicklung: Das ehemalige Industriehafenareal am Wasser soll sukzessive zu einem lebhaften Stadtviertel mit dem Konzept einer Fünf-Minuten-Stadt umgestaltet werden – samt Fahrradinfrastruktur und Anbindung an das städtische U-Bahn-Netz.
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Den letzten Baustein von Nordø, der ersten fertiggestellten Nachbarschaft in Nordhaven, bildet das kreisrunde Bürohaus Tip of Nordø. An der Spitze der Insel gelegen, markiert das 60 Meter hohe Bauwerk den Eingang zum Hafen und ist von allen Seiten weithin sichtbar. Entworfen wurde es von Vilhelm Lauritzen Architects und Cobe.
Öffentlich trifft auf Privat
Tip of Nordø tritt mit seinem kreisförmigen Grundriss mit den zwei umgenutzten Silos in der Nachbarschaft in Beziehung. Durch die runde Form weist das Gebäude keine Rückseite auf und wirkt von allen Seiten als Landmarke. Zudem erhalten Nutzer*innen einen außergewöhnlichen 360°-Panoramablick auf Wasser und Stadt.
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Im Zentrum des Bürohauses befindet sich ein großes, ebenfalls kreisförmiges Atrium. Der Radius ist dabei so groß, dass genügend Tageslicht einfällt – die eigentlichen Geschossflächen sind nur xxx Meter breit. Das Atrium dient als Empfangs- und Ankunftsbereich des Bürogebäudes und steht zugleich öffentlichen Besucher*innen zur Verfügung: als überdachter Garten mit künstlicher Topografie, hohen Bäumen, verschiedenen Aufenthaltsflächen und Einrichtungen wie Geschäften, Restaurants, Cafés und Ausstellungsflächen. Durch die terrassierten Flächen bilden sich verschiedene Rückzugsorte und Nischen zum Verweilen aus. Eine innere Fassade aus ebenen Verglasungen und einer vertikalen Holzlamellenverkleidung trennt die Büroetagen vom Atrium und verleiht dem Raum mit ihrer Materialität eine freundliche Atmosphäre.
Ebenso wie das Erdgeschoss ist auch der Außenraum samt Uferpromenade als künstliche, organisch geformte Landschaft angelegt. Großzügige Außentreppen dienen bei gutem Wetter als Sitzgelegenheit und führen eine Ebene höher, zu einer das Gebäude umschließenden Terrasse.
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Fassadengestaltung nach Tageslichtsimulation
Besonderes Merkmal des zylindrischen Baukörpers ist dessen äußere Hülle aus einzelnen auskragenden Fassadenteilen. Diese Elementfassade beginnt oberhalb des zweigeschossigen Sockels mit glatter Pfosten-Riegel-Fassade aus Glas. Um Tageslicht möglichst gleichmäßig in das Gebäude einfallen zu lassen, direktes Licht zu filtern und damit Blendung und Überhitzung zu vermeiden, ging der Fassadenplanung eine umfangreiche Tageslichtanalyse voraus. Dafür stellten die Beteiligten eine stündliche Tageslichtsimulation im Jahresverlauf auf. Daraus ergaben sich die geeigneten Öffnungsgrößen und Ausrichtungen der Fenster, je nach Himmelsrichtung: Während die Fassadenelemente an der Südseite schmaler ausgeführt sind, weiten sich die Öffnungen nach Westen und Osten allmählich; im Norden sind sie am größten. Das Sonnenlicht wird dadurch allzeit optimal für die Ausleuchtung der Innenräume genutzt – was außerdem zu einem geringeren Energieverbrauch beiträgt.
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Dreidimensionale Fassadenelemente
Die 12.000 m² große Fassade wurde zwischen dem 2. und 12. Obergeschoss in Elementbauweise realisiert. Diese wurden vorgefertigt und vor Ort lediglich montiert. Die einzelnen Elemente bestehen jeweils aus einer Stahlkonstruktion, die im Grundriss dreiecksförmig aus der Fassadenebene hinausragt. Je eine Seite dieser Konstruktion ist mit einer Verglasung ausgefacht. Dadurch ergibt sich in der Gesamtheit das gestufte Erscheinungsbild der Fassade. Die Elemente sind abschließend mit eloxiertem Aluminiumblech verkleidet. Insgesamt sind 924 Fassadenelemente zum Einsatz gekommen; darunter sind nur neun unterschiedliche Elementtypen. Während die kleinsten Typen gerade einmal 670 kg wiegen, sind die mittelgroßen 1.350 kg und die größten rund 2.070 kg schwer.
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Hocheffiziente Isolierverglasungen
Die Verglasung ist als 3-fach Isolierglas ausgebildet, wobei grundsätzlich drei Glasformate (2.469 x 2.630 mm, 1.638 x 2.630 mm und 861 x 2.630 mm) zum Einsatz kamen. Der Glasaufbau besteht von außen wie innen aus Verbundsicherheitsglas aus 2 x 4 mm Floatglas und 0,76 mm PVB-Folie. Beide Scheibenzwischenräume mit Argonfüllung betragen 16 mm, wobei die mittlere Scheibe aus 6 mm Floatglas besteht. Auf Position 4 ist eine hochtransparente Sonnenschutzbeschichtung integriert. Das innere VSG ist auf Position 7 zudem mit einer Wärmeschutzbeschichtung versehen. Damit beträgt die Lichttransmission der Verglasung TL = 62 %, wobei der Gesamtenergiedurchlassgrad bei gerade einmal g = 33 % liegt. Dementsprechend beträgt der Wärmedurchgangskoeffizient U = 0,5 W/(m²K).
Bautafel
Architektur: Vilhelm Lauritzen Architects, Kopenhagen / COBE, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Feldhaus Fenster+ Fassaden, Emsdetten (Fassadenbau); Cobe und Tredje Natur, Kopenhagen (Landschaftsarchitektur); Pihl & Son, Taastrup (Generalunternehmer); Ramboll und Sweco, Kopenhagen (Engineering); vandaglas, Radeburg / Saint-Gobain Glass, Stolberg (Isolierverglasungen mit Sonnenschutzbeschichtung Cool-Lite SKN 176 und Wärmeschutzbeschichtung Eclaz)
Bauherr/in: PFA Ejendomme, Kopenhagen
Fertigstellung: 2023
Standort: Gdanskgade 2, DK-2150 Nordhavn Copenhagen
Bildnachweis: Jakob Holmqvist; Sjavit Maestro; Vilhelm Lauritzen Architects & COBE
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