_Glas
Gebogene/Gekrümmte Gläser
Gebogene oder gekrümmte Gläser werden als Gestaltungselement im Fassaden- und Innenausbau sowie bei Überkopfverglasungen verwendet. Biegen lassen sich neben Floatglasscheiben auch thermisch vorgespannte Gläser, Verbundgläser und Isoliergläser. Die Herstellung gebogener Verbundgläser mit Bohrungen ist aufgrund der Maßtoleranzen sehr aufwendig und schwierig. Die Formgebung kann grundsätzlich nach den folgend genannten Verfahren erfolgen.
Gallerie
Schwerkraftbiegen
Das flache Glas wird im Ofen über
einer Form erhitzt. Nachdem sich das Glas durch sein Eigengewicht
in die Form gesenkt hat, wird der Ofen kontrolliert abgekühlt,
wodurch thermische Eigenspannungen minimiert werden. Dieses
Verfahren eignet sich auch für Verbundsicherheitsgläser, da hier
die Scheiben paarweise unter Verwendung spezieller Trennmittel
gebogen werden können. Sofern der Krümmungsradius R über 2,00 m
beträgt, können von speziellen Veredelungsbetrieben vorgespannte
Gläser mit einer Dicke von 5 mm bis 19 mm bis zu einer maximalen
Bogenhöhe f von 700 mm hergestellt werden. Bis zu einer Kantenlänge
von H = 2,10 m sind Abwicklungslängen von SV = 3,40 m zu
erreichen.
Pressbiegen
Sphärisch gebogene Scheiben für definierte
Abmessungen (z.B. Windschutzscheiben) können im Pressbiegeverfahren
hergestellt werden. Das Glas wird auf Rollen durch einen Ofen
transportiert und anschließend im noch heißen Zustand durch einen
Pressvorgang mit einem zweiteiligen Stempel, bestehend aus Patrize
(Positiv) und Matrize (Negativ) geformt. Sphärisch gebogene Gläser
für das Bauwesen werden auch mit speziellen Formen oder auf Kissen
hergestellt. In diesem Verfahren ist die Herstellung von Gläsern
bis zu einer Stärke von 8 mm mit Krümmungsradien über 450 mm bis
hin zu einer Stichhöhe 200 mm möglich. Der Kleinstradius für
vorgespannte Gläser beträgt R ca. 200 mm. Bei gebogenem Floatglas
kann bei einer Abwicklungslänge von SV = 3,80 m und einer
Kantenlänge H = 2,50 mm eine maximale Stichhöhe von bis zu 800 mm
erreicht werden. Sie können zu Verbund- oder Isoliergläsern
weiterverarbeitet werden. Die Untergrenze für den Krümmungsradius
von Floatglas beträgt etwa 50 mm.
Eine abgewandelte Form des Pressbiegens wird bei der Herstellung
von gebogenem thermisch vorgespanntem Glas angewendet, bei welchem
nach der Erhitzung der Glasscheiben die Förderrollen im
Abkühlbereich zylindrisch verformt werden und während des
Abkühlvorgangs das Glas zwischen den Rollen stetig bewegt wird.
Laminationsbiegen
Beim Laminationsbiegen wird das eigentliche Glas nicht durch
einen thermischen Prozess verformt, sondern das Verbundglas
durch den Laminationsprozess gebogen. Hierzu werden die
geschichteten, aber noch nicht verbundenen Glasscheiben im
Autoklaven, einem gaßdicht verschließbaren Druckbehälter, in eine
Form gezwängt. Der Verbund wird anschließend in dieser Form
erzeugt, wodurch sich die Steifigkeit des Gesamtquerschnitts
erhöht. Nach Herstellung des Verbunds wird die Form entfernt und es
kommt zu einer gewissen elastischen Rückfederung und einem zeitlich
verzögerten Rückkriechen, welches durch die viskoelastischen
Eigenschaften der Zwischenschichten bedingt wird. Hierbei ist
darauf zu achten, dass die Verbundfolie eine ausreichende
Steifigkeit bis zum Ende der geplanten Lebenszeit des Verbundglases
unter den zu erwartenden Temperaturbedingungen aufweist. Geeignete
Zwischenmaterialien sind beispielsweise Ionoplaste (SGP-Folie) oder
EVA-Folien; konventionelles PVB hingegen ist nicht geeignet. Durch
das Laminationsbiegen im Glas erzeugte Eigenspannungszustände sind
in der Bemessung
zu berücksichtigen.
Kaltbiegen (Montagebiegen)
Beim Kaltbiegen bzw.
Montagebiegen werden die zunächst ebenen Verglasungen durch Zwängen
in eine gekrümmte Unterkonstruktion geformt. Die Formgebung wird
dabei über eine dauerhafte mechanische Fixierung der Verglasung
aufrechterhalten, wobei die durch die Verglasung eingeleiteten
Rückstellkräfte in die Unterkonstruktion in der Bemessung
berücksichtigt werden müssen. Die zulässige Biegegeometrie ist
dabei von der in der Verglasung dauerhaft erzeugten Eigenspannung
abhängig. Bedingt durch die viskoelastischen Eigenschaften der
Verbundfolie ist bei Verwendung von Verbund- bzw. Verbundsicherheitsglas
während der Montage die Steifigkeit der Folie zu berücksichtigen
und der Montageprozess dementsprechend hinsichtlich der
Geschwindigkeit, mit welcher die Verglasung in die
Unterkonstruktion gezwängt wird, anzupassen.
Biegen während des thermischen Vorspannprozesses
Mittlerweile können auch zylindrisch gebogene Verglasungen aus
thermisch vorgespannten Gläsern hergestellt werden. Einige
Glasveredler verfügen über allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen
für thermisch gebogenes Einscheibensicherheitsglas.
Der Produktionsprozess ähnelt dem von ebenen
Einscheibensicherheitsglas, sodass das Glas zunächst im Ofenbereich
oberhalb der Transformationstemperatur
aufgeheizt wird und anschließend in den Abkühlbereich gefahren
wird, in welchem auch die eigentliche Biegeeinrichtung integriert
ist: Hierzu können die Förderrollen nach Einfahren des heißen
Glases im Kühlbereich der zylindrischen Biegeform angepasst werden;
die Abkühlung des Glases erfolgt dann in oszillierender Bewegung
des Glases im formgebenden Abkühlbereich.
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