Schwerkraftbiegen
Beim thermischen Biegen wird das Basisprodukt Floatglas bis zur Transformationstemperatur Tg erwärmt und dann mittels Schwerkraftbiegen, Pressbiegen oder maschinellem Biegen geformt. Im Bauwesen am weitesten verbreitet ist das Schwerkraftbiegeverfahren. Dafür wird zunächst der anfänglich ebene Glasrohling auf eine vorab erstellte Biegeform (Negativform) mit feuerfester Beschichtung gelegt und in einem speziellen Ofen erhitzt. Nach Erreichen des Erweichungsbereiches sinkt der Glasrohling infolge der Schwerkraft in die Biegeform ein oder legt sich im Falle einer konvexen Biegeform über dessen Oberfläche. Anschließend wird der Ofen langsam und kontrolliert abgekühlt, um thermische Eigenspannungen im Glas zu minimieren.
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Prinzipiell ist mittels Schwerkraftbiegen die Umsetzung von stark oder schwach gekrümmten Biegegeometrien möglich. Der minimale Krümmungsradius beträgt etwa 100 mm bis 300 mm, wobei ersterer Wert auf Glasdicken von 4 mm bis 6 mm limitiert ist; ab einer Glasdicke von 10 mm ist ein Mindestradius von 300 mm erforderlich. Aufwändige Geometrien, wie sphärische Biegungen, sind in der Regel nur als thermisch entspanntes Floatglas möglich. Die Umsetzbarkeit der gewünschten Biegungen mit dem gewählten Glasaufbau – gegebenenfalls samt Beschichtung – sind jedoch grundsätzlich herstellerabhängig, weshalb allgemeingültige Angaben zu Biegeradien und Glasaufbauten nur eingeschränkt möglich sind.
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Schwerkraftbiegen bei Verbundsicherheitsglas
Auch für die Produktion von gebogenem Verbundsicherheitsglas (VSG) eignet sich das Schwerkraftbiegeverfahren, da die Scheiben paarweise – unter Verwendung spezieller Trennmittel – gebogen werden können. Der minimale Biegeradius beträgt bei VSG etwa 300 mm. Um Beschädigungen von Emaillierungen und Beschichtungen zu vermeiden, sind diese auf Positionen aufzubringen, die nicht mit der Biegeform in Kontakt kommen.
Im Vergleich zu ebenem VSG ist beim Laminieren von gebogenem VSG zu beachten, dass aufgrund der unterschiedlichen Biegeradien der Einzelscheiben beim Laminationsprozess unplanmäßige Zwangsspannungen eingeprägt werden. Im Bruchzustand würde dieser Effekt zu einem wesentlich feineren Bruchbild als bei ebenem VSG führen.
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Optische Qualität gebogener Verglasungen
Grundsätzlich ist zu vermerken, dass die Toleranzen hinsichtlich
der optischen Qualität gebogener Verglasungen nicht aus den
Produktnormen der ebenen Verglasungen abgeleitet werden können.
Anhaltswerte für sinnvolle Toleranzen liefert das BF-Merkblatt 009/2011: Leitfaden für thermisch
gebogenes Glas, die im Einzelfall vertraglich zu vereinbaren
sind.
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