Verlagszentrale in Essen
Schwarzes Glas und weißer Beton, Zylinder und Riegel
Das Areal des ehemaligen Güterbahnhofs im Zentrum von Essen, das
zuvor unter anderem für Großmärkte sowie für Jahrmarkt- und
Zirkusveranstaltungen genutzt wurde, entwickelt sich seit zehn
Jahren zum neuen Universitätsviertel Grüne Mitte Essen.
Neben Einrichtungen der Hochschule sind hier Wohnhäuser und
Gewerbebauten entstanden. Den städtebaulichen Schlussstein im
Westen des Gebiets am Berliner Platz bildet seit Kurzem die neue
Verlagszentrale der Funke Mediengruppe. Geplant wurde der Neubau,
der auf 46.000 m² BGF die Redaktionen von zwölf verschiedenen
Regionalzeitungen beherbergt, vom Wiener Architekturbüro
AllesWirdGut .
Gallerie
Riegel und Zylinder aus Glas
Der große Neubau besteht
aus einem langgezogenen, fünf- bis sechsgeschossigen, teils
aufgeständertem Baukörper, der parallel zur angrenzenden Straße
verläuft und in dunkles Glas gehüllt ist. Zum Ensemble gehört auch
der als Kopfbau fungierende Turm mit silberfarbener Hülle, der mit
einer großflächigen Medienfassade aufwartet. Beide Bauten zeigen
sich glänzend-transparent, insgesamt wurde 16.200 m² Fassadenglas
eingesetzt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde
zusätzlich ein mehrgeschossiges Parkhaus errichtet.
Der riegelförmige Baukörper wird an einer Stelle von einer orthogonal verlaufenden Straße im Erdgeschoss durchbrochen, wodurch er sich in die sogenannten Medienhäuser Nord und Süd gliedert. Über der Straße schwebt hier eine viergeschossige Brücke aus Glas, die wiederum die interne sowie optische Verbindung zwischen den beiden Gebäudeteilen bildet. Während der Baukörper straßenseitig streng gradlinig verläuft, spreizen sich nach Osten in Richtung der angrenzenden Wohnbebauung drei weitere Flügel wie Finger ab.
Ensemble mit besonderem Farbkonzept und Boulevard
Die
Sockelzone des riegelförmigen Körpers ist offen und hell gestaltet
und weist charakteristische weiße V-Stützen auf. Diese sind
umlaufend positioniert, auf ihnen lagern die weiteren Geschosse
auf. So kann das Erdgeschoss des insgesamt 300 Meter langen Riegels
in Teilen als überdachter Außenraum genutzt werden. Hier haben die
Landschaftsarchitekten von Club L94 aus Köln
den Funke-Boulevard umgesetzt, der als Verbindung
zwischen Innenstadt und dem Quartier Grüne Mitte dient.
Das eingesetzte Farbkonzept spielt mit Gegensätzen: Der helle
Sockel mit den weißen Stützen kontrastiert stark zum schwarz
glänzenden Oberbau und dem silbern schimmernden Medienturm. Dabei
ließen sich die Architekten nach eigener Aussage von Elementen im
Druckprozess inspirieren: Schwarze Tinte, weißes Papier und
silberne Stempel.
Nutzungsmix mit öffentlichen und privaten
Einrichtungen
Neben seiner Hauptnutzung als Verlagshaus mit
Büro- und Besprechungsräumlichkeiten beinhaltet die neue Zentrale
öffentliche Bereiche wie Foyers, Restaurants, Konferenzräume, ein
Café, Veranstaltungs- und Schulungsräume, ein Fitnessstudio sowie
eine Kindertagesstätte. Dabei wurden die meisten Innenräume dieser
Sonderbereiche vom Berliner Büro Kinzo gestaltet.
Im Erdgeschoss des Medienturms ist ein öffentlich zugänglicher Info-Kiosk zu finden, der die im Verlag produzierten Nachrichten präsentiert. In den Geschossen darüber befinden sich weitere Büroräumlichkeiten. Die umlaufende, weithin sichtbare Medienfasse bekrönt die sieben Turmgeschosse. Das öffentliche Erdgeschoss des Turms weist eine Pfosten-Riegel-Konstruktion auf, für die die besonders lichtdurchlässige dreifach-Isolierverglasungen mit spezieller Sonnenschutzbeschichtung eingesetzt wurden, mit der eine hohe Selektivität größer 2 und Ug-Werten von bis zu 0,5 W/m²K erreicht wird. Für die Obergeschosse wurde die Elementfassade beim Metallbauer werksseitig vorgefertigt und mit der gleichen Isolierverglasung bestückt, die zusätzlich mit einer farbneutralen Wärmeschutzbeschichtung die Innenräume energetisch schützt. Vorgelagertes, hochreflektierendes Sonnenschutzglas sorgt zusätzlich für die glänzende Fassade des Turms.
Klarer Durchblick trotz durchgefärbter Gläser
Für den
Riegelbau samt Fingern kamen dreifach-Isolierverglasungen mit den
gleichen technischen Eigenschaften zum Einsatz. Um den dunklen
Farbton zu erreichen, wurde jedoch grau durchgefärbtes Floatglas in
Kombination mit einem besonders lichtdurchlässigen, klaren
Floatglas gewählt. So konnten die Architekten ihr gestalterisches
Konzept umsetzen, ohne dass Einbußen bei Tageslichteinfall und
Ausblick hinzunehmen sind. Oberhalb der Fenster verlaufen
zusätzliche Glasstreifen aus schwarz emailliertem
Einscheiben-Sicherheitsglas.
Die Fassade der gläsernen Verbindungsbrücke besteht ebenfalls
aus Isoliergläsern, die neben Sonnenschutz- und
Wärmedämmbeschichtungen eine weitere Besonderheit aufweisen: Als
Sonderlösung wurden steuerbare Alu-Jalousien im Scheibenzwischenraum der Isolierverglasungen
eingepasst, mit denen das Tageslicht optimal gelenkt und blendfrei
werden kann. -si
Bautafel
Architektur: AllesWirdGut Architektur, Wien
Projektbeteiligte: FCP Fritsch, Chiari & Partner, Wien (Tragwerksplanung); Kino, Berlin (Innenarchitektur); Club L94, Köln (Freiraumplanung); ZFG-Projekt, Baden (HKLS-Planung); Kubik Project, Gießhübel (Elektroplanung); Röhrer Bauphysik, Wien; knp.bauphysik, Köln (Bauphysik); Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Energiekonsultent); Pfeiler, Graz; Rache Engineering, Aachen (Fassadenplanung); BSCON Brandschutzconsult, Essen (Brandschutzplanung); Pokorny Lichtarchitektur, Wien (Lichtplanung); Saint-Gobain Glass, Stolberg (dreifach-isoliergläser SGG Climatop; Sonnenschutzbeschichtung Cool Lite Xtreme 68/28 II; Wärmeschutzbeschichtung Planitherm XN; hochreflektierendes Sonnenschutzglas SGG Antelio Silber; grau durchgefärbtes Floatglas Parsol; emailliertes ESG Emalit)
Bauherrschaft: Funke Mediengruppe, Essen; Kölbl Kruse, Essen
Standort: Jakob-Funke-Platz 1, 45127 Essen
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: tschinkersten fotografie, Wien
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