Musée d´ethnographie MEG in Genf
Gefaltete Fassaden- und Dachfläche aus eloxierten Aluminiumblechen
Hoch und theatralisch spitz ragt es auf, mit einer geometrisierten metallenen Dachhaut wie ein geflochtener Überwurf und einem weit auskragenden Vordach – und doch handelt es sich fast nur um das Eingangsgebäude des Musée d´ethnographie MEG. Mit dieser Geste allerdings verschafft sich das Völkerkundemuseum eine starke Präsenz im Kontext des galerienreichen Genfer Quartier des Bains. Große Ausstellungsflächen hingegen für die wachsende Sammlung des Museums, bietet die unterirdische Erweiterung, platziert unter dem Pausenhof eines ehemaligen Schulgebäudes aus dem 19. Jahrhundert.
Gallerie
Weil der Platz im zuletzt vom MEG genutzten Schulgebäude nicht mehr ausreichte, lobte die Stadt 2008 einen Wettbewerb zur Erweiterung aus. Neben zusätzlichen 2.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche benötigte das Museum auch ein Auditorium, Konferenzräume und eine Mediathek. Der Entwurf, der mit dem 1. Preis gewürdigt und in der Folge realisiert wurde, stammt von den Architekten Marco Graber und Thomas Pulver aus Zürich. Mit ihrer entschiedenen Setzung, die Hauptfunktionen in zwei unterirdischen Geschossen unterzubringen, schafften sie es, die beherrschende lange Front des historischen Schulhauses, das mit seinen 25 Fensterachsen den Rücken des Grundstücks bildet, frei zu halten und den alten Pausenhof zu einem öffentlichen, städtischen Platz zu machen. Begrenzt wird er jetzt an seiner kurzen Seite durch die hohe markante Figur des neuen Eingangsgebäudes, das das repräsentative Gesicht des Museums ist und vor allem der Erschließung dient. Dem Neubau gegenüber steht nach wie vor der schmucke Bau der jetzigen Primarschule, deren Schüler sich den Pausenhof nun mit den Museumsbesuchern teilen müssen. Eine wuchtige Pergola mit den Fluchtausgängen und Lüftungsein- und auslässen der unterirdischen Museumsbereiche bildet hier eine Grenze.
Während der lang gestreckte Altbau saniert wurde und jetzt museumsinternen Zwecken dient, nutzen die Besucher fortan nur noch den Neubau. Vom leicht erhöhten Platz kommend empfängt sie mit großer Geste das auf ganzer Gebäudelänge weit auskragende Vordach. Hinter einer durchlaufenden Glasfassade liegen das Foyer und die Cafeteria, darüber Büros und oben unter dem spitzen Dach die Mediathek. Gegenüber der Eingangseite führt in einem haushohen Luftraum eine Treppe hinunter ins erste Untergeschoss. Zunächst mündet sie in ein Foyer vor dem Mehrzwecksaal, hinter dem zahlreiche Konferenz-, Lager- und Nebenräume in einer etwas unübersichtlichen Anordnung versammelt sind. Die Besucher werden aber ohnehin – so sie ihn denn auf Anhieb finden – den Weg weiter zu der langen einläufigen Treppe nehmen, die hinunter führt in das zweite Untergeschoss und seinem großen Ausstellungssaal. In dieser rund 2.000 Quadratmeter großen stützenfreien Black Box werden in wechselnden Ausstellungskonzepten die Exponate von mehr als 1.500 Kulturen aus allen Teilen der Welt gezeigt.
Fassade
Über das hoch und spitz aufragende Volumen des Eingangsgebäudes mit
geschlossenen Giebelwänden aus Sichtbeton legt sich die
Metallverkleidung aus eloxierten Aluminiumblechen wie ein
scharfkantig gefalteter Teppich. Die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) setzt
sich aus einer 300 mm starken Stahlbetonwand (oder Dachfläche), 270
mm Glaswolle, einer Luftschicht und der durch die Aluminiumbleche
gebildeten Wetterhaut zusammen. Mit einem maximalen Abstand von 300
mm zur Dämmebene liegen die diagonal geometrisierten Bleche nie
parallel, sondern immer leicht schräg zur Wand. Die Fassade beginnt
vertikal an der Rue des Bains, verknickt dann zunächst zu einem
einwärts geneigten Flachdach und dann in die andere Richtung zu
einem steilen Satteldach (siehe Schnitt Abb. 18). Dessen Firstkante
erscheint durch die Schnittlinie der Metallflächen leicht gezackt.
Auf der dem Platz zugewandten Seite faltet sich die Dachfläche noch
einmal in das weniger steile Vordach und verläuft dann entlang
seiner Unterseite ins Haus hinein. Das Vordach selbst ragt sechs
Meter stützenfrei aus, seine Lasten werden auf die geschlossenen
Flanken übertragen, die Entwässerung ist verdeckt integriert. Seine
Konstruktion aus dreiecksförmigen Trägern mit Fachwerk wurde mit
Stellgewinden für jede Kraftwirkung in alle Richtungen exakt
eingestellt und nach dem Setzungsvorgang unter voller Belastung
nochmals nachjustiert. So liegen die dann angeschraubten Ausleger
der Metallverkleidung an der spitzen Kante vorn exakt auf einer
Höhe. Die weit im Schatten liegende Eingangsfassade ist
geschosshoch als Dreifachverglasung ohne statisch wirksame
Elemente ausgebildet.
Die aus der Geometrie der Aluminiumbleche resultierenden rhombenförmigen Oberlichter und Fensteröffnungen sind teilweise fest verglast und andernorts mit beweglichen Flügelrahmen für die Rauch- und Wärmeabzugsanlagen ausgestattet. In diesen Fällen bewegen jeweils vier synchronisierte Linearmotoren die etwa 300 Kilogramm schweren Flügel. Die Dreiecksfenster entlang der Vordachkante, die die nach Südosten weisenden Büros belichten, wurden mit einem in den Glaszwischenraum integrierten Sonnenschutzgewebe versehen. Die Durchlüftung erfolgt definiert, für die Reinigung und Wartung können die inneren Flügel auch geöffnet werden. Die horizontalen Lichtöffnungen in der Vordachfläche sind einfach verglast und so dimensioniert, dass sie für Unterhaltsarbeiten begehbar sind.
Während die die sichtbaren Aluminiumbleche durch Eloxieren vor
Korrosion geschützt sind, wurden stärker
belastete verdeckte Teile der Fassade wie das Entwässerungssystem
pulverbeschichtet. Mit einem Glasanteil von weniger als 20% hat die
hinterlüftete Fassade insgesamt einen hohen Anteil an aktiver
Speichermasse durch die Rohbaukonstruktion, was zu einem guten
Raumklima mit geringen Temperaturschwankungen beiträgt. Alle
Verglasungen sind mit dreifachem Isolierglas ausgeführt, ihr
Wärmedurchgangskoeffizient liegt bei 0,6 W/m²K.
Der gemittelte U-Wert der Gebäudehülle liegt bei 0,24 W/m²K und
führt insgesamt zu einem geringen Heizbedarf.
Bautafel
Architekten: Graber Pulver Architekten, Zürich
Planungsbeteiligte: Weber + Brönnimann, Bern (Tragwerksplanung); Mebatech Ingenieurbüro für Metallbautechnik, Baden (Fassadenplanung); Sottas Metall- und Stahlbau, Bulle (Fassadenbauer); Hager Partner, Zürich (Landschaftsplanung); Tecnoservice Engineering, Marin (Heizung und Lüftung); Pplus, Neuchâtel (Bauphysik); Grolimund & Partner, Bern (Akustik);
Bauherr: Stadt Genf, Département de construction et de l'aménagement
Fertigstellung: 2014
Standort: Boulevard Carl-Vogt 65-67, 1205 Genf, Schweiz
Bildnachweis: Nicole Zermatten, Genf; B. Glauser/MEG, Genf; Sottas Metall- und Stahlbau, Bulle
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