Humanwissenschaftliche Fakultät der Karls-Universität in Prag
Mensa-Umbau mit punktgehaltener Glasfassade
Die Karls-Universität, die 1348 noch vor den Hochschulen in Heidelberg und Köln gegründet, ist nicht nur die älteste Universität Mitteleuropas, sondern mit knapp 50.000 Studierenden auch die größte Tschechiens. Die Humanwissenschaften sind dabei ihre jüngste Fakultät. 2020 erhielt sie ihren Sitz in einem ehemaligen, nie vollumfänglich genutzten Mensa-Gebäude, das vom Büro Kuba & Pilař Architekti umgeplant wurde.
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Der 1979 geplante und in den 1980er-Jahren realisierte Ursprungsbau entstand nach Plänen von Karel Prager und sollte Teil eines bis heute unvollendeten Campus am Nordufer der Moldau sein. Der bekannte Architekt hat mit Bauten wie dem aufgeständerten Parlamentsgebäude beim Wenzelsplatz, der Nova scéna des Nationaltheaters und der Komerční banka das Bild von der sozialistischen Moderne der Tschechoslowakei maßgeblich mitgeprägt.
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Atrium statt Küche
Der im Hubdeckenverfahren (englisch: Lift slab construction) auf einem Quadratgrundriss von 55 x 55 Metern errichtete Stahlbeton-Skelettbau verfügt über drei Geschosse und eine Tiefgarage. Die ursprüngliche Mensa steht in baulichem Zusammenhang mit zwei Wohnheim-Hochhäusern, mit denen sie sich einen gemeinsamen Sockel teilt. Im Zuge der Umnutzung blieben die bauzeitliche Kubatur und weitestgehend auch die Tragstruktur mit ihrem Raster von 7,20 x 7,20 Metern erhalten. Die maßgebliche Intervention bestand darin, den bisherigen Kern mit Küchen, Sanitärräumen und Treppen zu beseitigen und stattdessen ein zentrales, dreigeschossiges Atrium zu schaffen.
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Um dieses großzügige, von oben belichtete Foyer mit umlaufenden Galerien gruppieren sich die verschiedenen Fakultätsräume: Im Erdgeschoss gehören dazu Hörsäle, Bibliothek und Dekanat. Im ersten Obergeschoss – das wegen des Sockelplateaus auch das Eingangsgeschoss ist – sind Seminar- und Büroräume und die Cafeteria zu finden. Weitere Büros und Seminarräume gibt es im zweiten Obergeschoss. So ist genügend Platz für die 240 Mitarbeitenden und rund 2.500 Studierenden der Fakultät. Im Innenraum sind Sichtbeton mit schwarzem Estrich, Metalldecken und weißen Holzelementen kombiniert. Skulpturale Sitzmöbel markieren das Zentrum des Atriums.
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Fassade: Lärm- und Sonnenschutz
Das Gebäude hat mit der Umnutzung eine zusätzliche, zweite Haut erhalten. Dabei handelt es sich um eine punktgehaltene Glasfassade mit Vierarmspinnen, vertikalen Zugstäben und Rückverankerung über horizontale Stahlschwerter. Die innere Haut bildet eine gewöhnliche Pfosten-Riegel-Fassade mit Isolierglas.
In erster Linie soll die neue Hülle als Schallschutz den Lärm einer angrenzenden, sechsspurigen Umgehungsstraße abhalten, zugleich schützt sie aber auch die dahinterliegenden Raffstore vor Verwitterung und Verschmutzung. Die Zweite-Haut-Fassade ermöglicht neben dem regulierbaren Sonnenschutz auch eine natürliche Belüftung. Mit den abgerundeten Glasecken wurde ein wesentliches Gestaltungselement der Ursprungsarchitektur im typischen Softline Style der späten 1970er-Jahre aufgegriffen.
Bautafel
Architekten: Kuba & Pilař architekti, Brno
Projektbeteiligte: Ladislav Kuba, Tomáš Pilař, Martin Klimecký (Projektteam Architekten), AED project, Prag (Tragwerksplanung, TGA-Planung), WICONA, Ulm u.a. (Glasfassade)
Bauherr: Karls-Universität Prag, Fakultät für Humanwissenschaften
Fertigstellung: 2020
Standort: Pátkova 5, 182 00 Prag 8 - Libeň, Tschechien
Bildnachweis: David Korsa (Fotos); Kuba & Pilař architekti (Pläne)
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