Fakultät für Kunst, Musik und Design in Bergen
Reliefartige Aluminium-Glas-Elementfassade
Die Hafenstadt Bergen hat nicht nur eine pittoreske Kulisse vor sieben Hügeln zu bieten, sondern ist mit der Fakultät für Kunst, Musik und Design (KMD) kürzlich auch um ein prägnantes Architekturobjekt reicher geworden. Der von dem Büro Snøhetta entworfene Neubau bildet den Auftakt, um drei vormals über die ganze Stadt verteilte Institute der Universität an einem Standort zu vereinen. Mit 14.800 Quadratmetern gilt er nach der Grieghalle, dem Konzerthaus des Philharmonischen Orchesters, nun als zweitgrößter Kulturbau der Stadt und bietet Platz für 350 Kunst- und Designstudenten. Für das Institut für Musik – derzeit noch neben der Grieghalle untergebracht – ist auf dem Nachbargrundstück ein eigener Bau vorgesehen.
Gallerie
Der Stadtteil Møllendal am Ende eines Fjordarms, gut zwei
Kilometer südöstlich vom Bahnhof gelegen, ist im Wandel begriffen.
Industrie und Gewerbe am Wasser weichen zunehmend anderen
Funktionen. Der Fakultätsneubau der KMD, auf dessen Areal sich
einst eine Kranfabrik befand, reagiert selbstbewusst auf das
heterogene Umfeld und die markante Topografie. Ein kantig
metallischer Baukörper mit leicht geneigtem Pultdach erhebt sich
über vier Geschosse auf dem trapezförmigen Grundriss. Das
Grundstück fällt zur Bucht Store Lungegårdsvannet leicht ab,
während sich in Richtung Südosten ein Hang erstreckt. Zur
Wasserfläche nach Nordosten öffnet sich die Fassade mit
einer großflächigen, zweigeschossig gerahmten Glasfläche. Darunter
geht es durch einen verglasten, ebenfalls querrechteckigen Eingang
in das Gebäude hinein.
Im Inneren bestimmt die zentrale, öffentlich zugängliche und bis zu 23 Meter hohe Halle den Bau. Im Erdgeschoss bildet sie das Foyer, im ersten Obergeschoss einen üppigen multifunktionalen Arbeits-, Präsentations- und Begegnungsraum. Alle Räume – darunter 32 Werkstätten für Holz, Keramik, Metall, Textil, Papier, 3-D-Modellierung und Fotografie – nehmen Bezug auf die große Halle. Im Erdgeschoss befinden sich das Auditorium, Arbeitsräume, Werkstätten und Technikräume, im ersten Obergeschoss eine Cafeteria und eine Bibliothek, Projekt- und Arbeitsräume, im zweiten Obergeschoss die Verwaltung sowie hier und im obersten Geschoss weitere Werkstätten, Arbeitsräume und Studios. Das Gebäude ist nach Passivhausstandard gebaut.
Ökologische und soziale Aspekte waren auch bei der Gestaltung
der begrünten, öffentlich zugänglichen Außenanlagen, ebenfalls von
Snøhetta geplant, relevant. Dem Eingang ist ein weitläufiger,
abschüssiger Platz vorgelagert. Er wird seitlich von zwei
Grünflächen eingerahmt, die vom Dach- und Oberflächenwasser
gespeist werden und mit Feuchtgebietvegetation aus der norwegischen
Flora bepflanzt sind. Im Südwesten befindet sich eine dem Café
gehörige Terrasse, die über eine Treppe rechts neben dem
Haupteingang erschlossen wird. Unter der Terrasse ist ein Tank
untergebracht, der mit einer Kapazität von bis zu 90 Litern Wasser
pro Sekunde das überschüssige Regenwasser von Dach aufnimmt. Dieses
wird in ein 500 Kubikmeter großes Infiltrationsbecken unter dem
Vorplatz weitergeleitet, das die Pflanzen wässert und
Überschwemmungen verhindert.
Fassade
Beständigkeit und Robustheit in Bezug auf das raue Klima der
norwegischen Westküste mit hohen Niederschlagsmengen
(durchschnittlich etwa 250 Regentage im Jahr) sowie auch bezüglich
der intensiven Nutzungsbeanspruchung soll der Bau nicht nur
faktisch gewährleisten, sondern auch durch seine Fassade visuell
vermitteln. Die Anzahl der Geschosse abzulesen ist nicht einfach,
da der Bau trotz hoher Geschosse insgesamt gelagert wirkt und die
Formate der Aluminiumelemente und Glasflächen in der Fassade nach
einem zufällig anmutenden, abwechslungsreichen Prinzip
variieren.
Die Außenhülle ist aus 900 salzwasserbeständigen
Rohaluminiumpaneelen mit eingestanztem Rautenmuster
zusammengesetzt. Während die Breite dieser Elemente mit 2,40 Metern
konstant bleibt, variiert deren Höhe. Mit nur drei
unterschiedlichen Formaten – einem Quadrat, einem flacheren
und einem etwas höheren, liegenden Rechteck – wird eine
erstaunliche Lebendigkeit der Fassade erzeugt. Verstärkt wird der
Effekt dadurch, dass die Elemente scheinbar nach dem Zufallsprinzip
wenige Zentimeter vor- und zurückspringen. Somit verbinden sich in
der Schrägansicht einzelne Quadrate und Rechtecke zu tetrisartigen
Geometrien. Im Laufe der Zeit werden diese Elemente unterschiedlich
korrodieren. Die Geschosslinien laufen weitgehend durch, doch man
muss sie im Wechselspiel der drei Formate, denen auch die
Fensterflächen konsequent folgen, regelrecht suchen. Die Fenster
sind in verschiedenen Höhen angeordnet, um optimale
Tageslichtverhältnisse zu ermöglichen. Darüber hinaus lässt ein
Glasdach Licht einfallen.
Aluminium- und Glasflächen sind Teile von vorgefertigten,
raumhohen, mit Mineralwolle gedämmten Kassettenelementen. Nur
liegende Fenster sind als Öffnungsflügel mit schlanken
Metallrahmenprofilen ausgebildet. In die Fassade wurden braune
Außenrollos integriert, die vollständig hinter den
Aluminiumelementen verschwinden. Klare Akzente bilden die insgesamt
zehn ausgestellten Glasboxen, in denen sich kleine Pausenräume und
Begegnungszonen befinden. Jeweils raumhohe Verglasungen erhielten
auch die Cafeteria und die Bibliothek im ersten Obergeschoss an der
Südwestfassade, und zwar zum Teil über Eck und durch die seitlich
am Bau geführte Treppe und Terrasse auch direkt von außen
zugänglich und einsehbar.
Bautafel
Architekten: Snøhetta, Oslo / New York (Architektur und Freiraum)
Projektbeteiligte: Astrid Renata Van Veen (Projektarchitektin Snøhetta); Statsbygg, Oslo (Entwicklung); Rambøll, Bergen (beratende Ingenieure); Bolseth Glass, Sandane (Elementfassade und Dach); Schüco, Bielefeld (Außenfenster)
Bauherr: Ministerium für Bildung und Forschung (Kunnskapsdepartementet), Oslo
Fertigstellung: 2017
Standort: Møllendalsveien 61, 5009 Bergen / Norwegen
Bildnachweis: Tomasz Majewski, Oslo und Trond Isaksen / Statsbygg, Oslo
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