Lernzentrum Quest in Chennai
Aluminiumlamellen und Faserzement-Paneele mit Bambusschalung
Madras, so hieß lange Zeit die Hauptstadt des südlichsten indischen Bundesstaates Tamil Nadu. Hier, in der 1996 in Chennai umbenannten Millionenstadt, hat das ortsansässige Büro KSM Architecture ein kleines Lernzentrum realisiert. Quest – auf Deutsch „die Suche“ – lautet sein Name und wer dabei an Computerspiele denkt, mag vielleicht gar nicht so falsch liegen. Auf den 800 Quadratmetern folgt man keinem festen Lehrplan, sondern dem sogenannten „Unschooling“-Ansatz, der interessenbasierte Aktivitäten, Neugier und selbstgesteuertes Lernen in den Mittelpunkt stellt. Die Kinder werden zum Teil auch noch zu Hause unterrichtet – was kaum überrascht, denn das Zentrum liegt in Besant Nagar, einem exklusiven Küstenviertel am Golf von Bengalen mit wohlhabender Bevölkerung und mehreren Privatschulen.
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Das Gebäude steht an einer T-Kreuzung von zwei kleinen Wohnstraßen, rund 300 Meter westlich vom Strand entfernt. Mit bis zu fünf Geschossen überragt der kubische, abgestufte Baukörper die umliegenden Häuser und Bäume. Die rund 10 Meter langen Schmalseiten in Nord-Süd-Richtung zeigen stehende Lamellen, hingegen sind die nach Ost und West ausgerichteten, 20 Meter messenden Längsseiten weitgehend geschlossen.
Gestapelte Lernräume
Südseitig befindet sich ein durch Erdaufschüttung höher gelegener, kleiner Vorgarten, der für die Kinder auch über eine Rutsche aus der Bibliothek erreichbar ist. Der Haupteingang und ein schmaler, vorgelagerter Schulhof mit Freitreppe und Rampe liegen an der Westseite. Dahinter liegt ein Foyer mit einer breiten Sitztreppe, die für Veranstaltungen genutzt werden kann und zur offenen Bibliothek im ersten Obergeschoss führt. An der Südseite, wo das Erdgeschoss vom aufgeschütteten Erdreich umgeben ist, wurde das Schulbüro angeordnet.
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Im ersten Obergeschoss wechselt das Erschließungssystem. Ab hier sind die Räume um ein quer eingebautes Treppenhaus gruppiert, mit einer Stahltreppe, die geschossweise die Farbe wechselt, von gelb über blau zu rot. Südseitig, über der Bibliothek, sind zwei größere Mehrzweckräume übereinandergestapelt, die auch als Unterrichtsräume genutzt werden, nördlich drei kleinere Klassen- sowie die notwendigen Nebenräume. Im vierten Obergeschoss befindet die über eine außenliegende Wendeltreppe erreichbare Cafeteria mit Betonfertigteil-Kappendecke und südseitiger Dachterrasse.
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Fassade: Graue Haut und bunte Pixel
Unter Berücksichtigung der klimatischen Besonderheiten wurden die beiden Längsfassaden als 300 Millimeter starke, isolierte Hohlwände mit minimierten Fensteröffnungen und einer 50 Millimeter starken Hohlwanddämmung aus extrudiertem Polystyrol (XPS) ausgeführt. Die äußere Schicht besteht aus Faserzement-Fassadenpaneelen mit 25 Millimeter starken Hohlräumen. Durch die verwendete Bambus-Schalung erhielten die Platten eine vertikal gerillte Struktur, die selbstverschattend wirkt. Die Kombination aus Dämmung und Verschattung soll die gesamte Wärme abhalten, die auf die Wände trifft.
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Da die Hauptwindrichtung Süden ist, wurden Nord- und Südseite komplett verglast. Große, bodentiefe Schiebefenster gewährleisten die Durchlüftung. Auch die treppenhausseitigen Klassenraumwände sind verglast und mit Schiebefenstern ausgestattet. Als außenliegender Sonnenschutz wurden vor die Glaswände vertikale Aluminiumlamellen mit elliptischem Profil gehängt. Sie füllen die Schmalseiten zwischen den seitlich vorgezogenen Längswänden und sind geschossweise leicht versetzt und gedreht.
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Wie Farbpixel wurden an beiden Längsseiten jeweils 23 quadratische Fenster in die grauen Faserzementflächen eingestreut, die durch ihre Betonfertigteil-Laibungen in sattem Gelb, Blau, Rot, Grün- und Violett herausstechen. An der Ostseite sind sie in zwei unterschiedlichen Größen und vergleichsweise regelmäßiger Anordnung zu sehen, an der Westseite in drei Größen und unregelmäßiger verteilt. Dominiert wird die Westfassade aber von einer skulpturalen, roten Stahlspindeltreppe mit hochgeschlossener, lediglich fein perforierter Wange, die sich zwischen zwei Betonauskragungen vom dritten ins vierte Obergeschoss, zur Cafeteria, hochschraubt.
Bautafel
Architektur: KSM Architecture, Chennai (inkl. Freiraumplanung)
Projektbeteiligte: Sriram Ganapathi, Siddarth Money, Akshaya J., Sathish V., Seran S., Mohanraj K., Ragini P. (Designteam Architekturbüro), PRC India (Statik), Shirdi Sai Electricals Ltd. (SSE), Chennai u.a. (Elektroplanung), Balika Architecture and Planning, Chennai (Lichtplanung), Associated Engineering Concerns (AEC), Chennai (Ausführung), Kowshik Interiors, Chennai (Innenausbau)
Bauherr*in: Srikanth Chandrashekar
Fertigstellung: 2021
Standort: 31B, Rukmani Rd, Extn, Kalakshetra Colony, Besant Nagar, Chennai, Tamil Nadu 600090, Indien
Bildnachweis: Sreenag BRS, Chennai (Fotos); KSM Architecture, Chennai (Pläne)
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