Kunstgalerie Plato in Ostrava
Schlachthofkonversion mit drehbaren Wandteilen
Ostrava, Tschechiens drittgrößte Stadt, ist eines der Bergbauzentren des Landes. Ab dem 19. Jahrhundert wurde hier, in der Mährisch-Schlesischen Region, Steinkohle abgebaut und in den Eisenhütten verfeuert. In diese Zeit fällt auch der 1881 vollendete Bau des großen Schlachthofs. Rund 140 Jahre später hat ihn das Kattowitzer Architekturbüro KWK Promes zum PLATO, einer Galerie für zeitgenössische Kunst, umgeplant.
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Der gewachsene, ein- bis zweigeschossige Klinker-Komplex liegt gut zehn Minuten westlich der Altstadt und war vor seiner Reaktivierung in ruinösem Zustand: Wegen Gründungsproblemen musste der südseitige Kopfriegel abgebrochen werden. Die Holzdächer waren zum Teil eingestürzt und in die Längsfronten waren mehrere große Öffnungen mit breiten Unterzügen gebrochen worden. Das rußgeschwärzte Mauerwerk zeugt noch von der Phase der Hochindustrialisierung, als die Luft in Ostrava so schlecht war, dass das alte Planetarium wegen schlechter Sicht auf die Sterne geschlossen werden musste.
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Neue Mitte
Die Architekten haben mit dem vorgefundenen Zustand weitergearbeitet. Der nicht mehr erhaltungsfähige Riegel an der Südseite wurde durch einen T-förmigen Stahlbetonbaukörper ersetzt, der zugleich den früheren Innenhof ausfüllt. Hier befindet sich nun ein Foyer mit einer breiten Betontreppe und Galerie, um das sich drei unterschiedlich große Ausstellungsräume gruppieren, der größte davon im Südosten. Zwei weitere, etwas kleinere Ausstellungsflächen befinden sich im Norden. Dazwischen ist – westseitig erschlossen – ein Bereich mit Café, Ticketkasse, Infotheke und Nebenräumen platziert. Im Obergeschoss sind Büros, Gästezimmer, Seminarräume und Technik untergebracht.
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Die Ausstellungsräume präsentieren sich mit neutralen, weißen Kalkputzflächen auf einer Innendämmung aus rund 15 Zentimeter starken Mineraldämmplatten. Im Foyer stehen sich heute ehemalige Außenwände gegenüber und machen das Sichtmauerwerk auch im Innenbereich wirksam. Die alte, verschmutzte Klinkerfassade wurde überwiegend in ihrem Zustand belassen. Die bauzeitlichen Fensteröffnungen mit Rund- und Segmentbögen erhielten neue Verglasungen. Um das Licht in den Ausstellungsbereichen zu dämpfen, wurden die Scheiben mit einem keramischen Siebdruck versehen, wodurch sie dunkel und matt erscheinen. Wo nötig, wurden grün glasierte Sohlbankplatten eingesetzt.
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Schemenhafte Fassadenreparatur
Die beschädigten Ziegel tauschte man weitgehend gegen beim Abbruch des Südteils geborgene Steine. An anderen Stellen ergänzen graue Betonteile die beschädigte Hülle und markieren den Ort wirkungsvoll als reaktivierte Brache. Bei den Ergänzungen wurden Gesimse und Gewände in abstrahierter Form nachgebildet, sodass sie das ursprüngliche Fassadenbild vervollständigen. Zugleich sind ihre Oberflächen aber viel glatter als die des alten Mauerwerks und auch Farbe und Materialität kontrastieren mit dem Bestand. Der T-förmige, mit Blindfenstern gegliederte Neubau und auch die neuen, drehbaren Wandöffnungen zeigen Oberflächen aus hellem Mikrobeton. Dieser kam ebenso bei den kugelbekrönten Pyramiden zum Einsatz, die als oberer Abschluss der Wandlisenen an einem der Gebäudeteile exemplarisch wiederhergestellt wurden.
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Scheinbar Beton
Die insgesamt sechs großen Pivottüren haben aufgrund des beidseitig leicht abgeschrägten Wandanschlags einen trapezförmigen Querschnitt. Sie sind einschließlich der ins Mauerwerk eingelassenen Rahmen und der im Boden verborgenen Drehmechanismen als Stahlkonstruktionen ausgeführt. Darauf montiert sind gedämmte Blechtafeln als Trägerfläche für die Mikrozementschicht. Zwei dieser Drehwände dienen als Eingänge, die anderen vier zur Öffnung der Ausstellungsflächen in den Außenbereich. Statt die Freiflächen zu versiegeln, wurden ihre kontaminierten Böden saniert. Die Gestaltung der Grünflächen mit Blumenwiesen, essbaren Pflanzen und Regenrückhaltebecken nimmt Bezug auf die Lage der Gebäude des früheren Schlachthofs.
Bautafel
Architekten: KWK Promes, Katowice
Projektbeteiligte: Robert Konieczny, Michał Lisiński, Dorota Skóra mit Tadeáš Goryczka, Marek Golab-Sieling (Projektverantwortliche Architekturbüro), Agnieszka Wolny-Grabowska, Krzysztof Kobiela, Adrianna Wycisło, Mateusz Białek, Jakub Bilan, Wojciech Fudala, Katarzyna Kuzior, Karol Knap, Damian Kuna, Magdalena Orzeł-Rurańska, Elżbieta Siwiec, Anna Szewczyk, Jakub Pielecha, Kinga Wojtanowska (Designteam Architekturbüro), MS-Projekce, Ostrava (Statik und Gebäudetechnik), Denisa Tomášková, Sadská (Freiflächengestaltung), Zlínstav, Zlín (Generalunternehmer); Xella Polska, Warschau (Hersteller Multipor Mineraldämmplatten)
Bauherr: Stadt Ostrava
Fertigstellung: 2022
Standort: Porážková 3395/26, 702 00 Ostrava, Tschechische Republik
Bildnachweis: Juliusz Sokołowski, Jakub Certowicz, Viktoria Tymanova, Jan Antos (Fotos); KWK Promes, Katowice (Pläne)
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