Umbau und Sanierung des Düsseldorfer Schauspielhauses
Aluminiumpaneele und Klarglas
Am Gustav-Gründgens-Platz in Düsseldorf treffen drei Bauten aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Im Westen steht das 94 Meter hohe Dreischeibenhaus, das zwischen 1957 und 1960 nach Plänen des Büros Hentrich und Petschnigg errichtet wurde. Im Norden breitet sich das flache, organisch geschwungene Schauspielhaus von Bernhard Pfau aus, das zehn Jahre später fertiggestellt wurde. Und im Süden die mit tausenden Hecken bepflanzten Fassaden des erst wenige Jahre alten Kö-Bogen II von Ingenhoven Architects. Das Büro war auch zuständig für Sanierung und Umbau des zwischen 1965 und 1970 entstandenen Schauspielhauses sowie für die Umgestaltung des Platzes.
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Theaterskulptur zwischen steinernem Platz und grünem Hofgarten
Mit seinem Schauspielhaus-Entwurf hatte Bernhard Pfau den maximalen Kontrast zum Dreischeibenhaus gesucht. Den stehenden Rechteckscheiben mit gerasterten Vorhangfassaden hatte er weiße, amöbenhaft gekurvte Wände entgegengesetzt – einen mehransichtigen, organisch wirkenden Baukörper, der an Theatervorhänge oder Wolken erinnert. Das umlaufend verglaste Erdgeschoss bildet eine Fuge, die den darüberliegenden, überwiegend geschlossenen Gebäudeteil vom Platz abhebt. Die bandartigen Fassadenflächen sind an wenigen Stellen durch Reihen kleinformatiger Quadratfenster weiter gegliedert. In konvex-konkaven Kurven legen sich die Rundungen schichtweise um den großen Saal mit Bühnenturm im Westen und den im Südosten, zum Platz hin gelegenen, kleinen Saal.
Bernhard Pfau hatte das Schauspielhaus zunächst mehr in Richtung Platzmitte positionieren wollen. Auf Intervention von Friedrich Tamms – seinerzeit Baudezernent und Pfaus Hauptgegner im sogenannten Düsseldorfer Architektenstreit um verschiedene NS-Verstrickungen – wurde der Schauspielhaus-Entwurf zugunsten des Dreischeibenhauses um die Nord-Süd-Achse gespiegelt und der Bau weiter nach Norden in Richtung Hofgarten geschoben. Die nachträglichen Umplanungen hatten auch dazu geführt, dass der ursprünglich nordseitig geplante Haupteingang nun an die Südseite verlegt und von einem trapezförmig auf den Platz herausgezogenen Kassenbereich markiert wurde, während das Foyer mit seiner eindrücklichen Betonrippenstruktur unter den aufsteigenden Reihen des großen Saals nach Norden zum Hofgarten ausgerichtet blieb.
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Theater und Platz in Dialog gebracht
Die Öffnung des Hauses zum Gustav-Gründgens-Platz war nun bei den Umbauplanungen ein wesentliches Anliegen von Ingenhoven Associates – ein folgerichtiger Abschluss der langjährigen Mühen des Büroinhabers um eine städtebauliche Neufassung des Quartiers, zu der die große Grünfassade des Kö-Bogen II und die Verlegung einer Hochstraße in einen Tunnel gehört.
Am Haupteingang des Theaters wurde das Kassenhäuschen – mit seinen stumpfen Ecken ein formaler Bruch zum organischen Baukörper – durch einen doppelt verglasten Windfang ersetzt, der den Blick auf eine große Videowand freigibt. Ein neuer, gläserner Rundpavillon zwischen Schauspielhaus und dem zweiteiligen Kö-Bogen II – dem „Ingenhoven-Tal“ – beherbergt die Hauptkasse, ein Eiscafé und die Aufzüge zu den Tiefgaragen. Der Platz, eine helle Gussasphalt-Fläche, erhielt neben punktuellen Begrünungen auch einen beleuchteten Brunnen, der bereits von Pfau geplant war.
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Saniert und ergänzt
Die Maßnahmen am und im Gebäude wurden in enger Abstimmung mit den Mitarbeitenden der Denkmalschutzbehörde durchgeführt. Zwischen 2017 und 2022 wurden Dach und Fassade saniert, einschließlich extensiver Dachbegrünung, sowie zahlreiche neue Einbauten in den publikumsrelevanten Bereichen ergänzt, unter anderem bei Garderoben und Toiletten. Nach umfangreichen Recherchen zum Originalzustand wurde ein Farbkonzept entwickelt, bei dem sich Anthrazit als unterscheidbare, neue Schicht zum Weiß hinzugesellte. Von den Maßnahmen unberührt blieben die beiden Theatersäle, nachdem das Große Haus mit Zuschauerraum und Foyer bereits 2009 bis 2011 nach Plänen des Hamburger Büros Jörg Friedrich erneuert worden war.
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Fassade: Klarglas und Metallpaneele
Bernhard Pfau hatte die Objekthaftigkeit des Gebäudes durch eine umlaufend bronzierte Verglasung der zurückgesetzten Erdgeschosszone unterstrichen. Mit doppelt bronzierten Gläsern – den dunkelsten damals lieferbaren – hatte er ein tagsüber kaum einsehbares Haus geschaffen, das abends zum Leben erwachte. Von diesem Ansatz distanzieren sich Ingenhoven Associates. Sie öffneten das Erdgeschoss, indem sie die bronzierte Verglasung durch Klarglasflächen ersetzten, während die bestehenden Stahlrahmen saniert wurden.
In den oberen Geschossen ersetzen neue Quadratfenster mit Stahlrahmen die 250 zum Teil nachträglich eingebauten, weißen Kunststofffenster. Anschließend wurde der provisorische Witterungsschutz entfernt, sodass die neue Dämmschicht sowie die Unterkonstruktion der Fassade montiert werden konnte. Die vielen unterschiedlichen Untergründe am Baukörper – Beton, Mauerwerk mit Ziegeln und Bims und ein spezieller Schalungsstein – erschwerten das Anbringen der Konsolen und Träger. Die Konstruktion musste die Unebenheiten ausgleichen für eine dichte, fugenlose und glatte Fassadenhaut.
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Die geschlossenen, mattweißen Wandbereiche bestanden ursprünglich aus bis zu 17 Meter langen Stahlblech-Paneelen, die ohne Stoßfugen und ohne außen sichtbare Befestigungen auf eine Unterkonstruktion geklemmt waren. Sie wurden gegen leichtere, rund 30 Zentimeter breite und 4 bis 16 Meter hohe Elemente aus Aluminium getauscht. Das geringere Gewicht der neuen Bleche ist statisch vorteilhaft und erleichtert die Montage. Außerdem wird erwartet, dass die Aluminum-Elemente nicht so korrodieren wie ihre Vorgänger.
Rund 5.700 Quadratmeter Blech wurden einschließlich Unterkonstruktion und der dahinterliegenden Putz- und Dämmschicht erneuert. Dabei ist die optische Erscheinung eines großen, weißen Bühnenvorhangs erhalten geblieben, der im sanften Schwung das scharfkantige Dreischeibenhaus kontrastiert.
Bautafel
Architekten und Generalplaner: ingenhoven associates, Düsseldorf (inkl. Interior und Bauleitung)
Projektbeteiligte: Christoph Ingenhoven, Oliver Ingenhoven, Max Grams, Peter Jan van Ouwerkerk, Veronika Przybyla, Vincent Jeanson, Anette Büsing, Dariusz Szczygielski, Ursula Koeker, Ulrich Hochgürtel (Projektteam ingenhoven associates); studio grüngrau, Düsseldorf (Freianlagen Gustaf-Gründgens-Platz, mit ingenhoven associates); Werner Sobek, Stuttgart (Tragwerksplanung, mit VDS Statik und konstruktiver Ingenieurbau, Düsseldorf / Fassadenplanung / Bauphysik, mit ISRW Dr.-Ing. Klapdor, Düsseldorf); HTW Hetzel, Tor-Westen + Partner Ingenieurgesellschaft, Düsseldorf (Technische Gebäudeausrüstung); IfBW Ingenieurbüro für Brandschutz Wuppertal GmbH, Wuppertal (Brandschutz); Tropp Lighting Design, Weilheim (Lichtplanung); Inside Outside, Petra Blaisse, Amsterdam (Vorhänge); Farb-Bau Prof. Friedrich Schmuck, Dinslaken (Farbberatung); solonero, Prof. Lutz Büsing, Neuss (Signage); pm.a | hahlhege Gesellschaft für Projektsteuerung & Controlling, Düsseldorf (Projektsteuerung)
Bauherr: Landeshauptstadt Düsseldorf und Neue Schauspiel, Düsseldorf
Fertigstellung: 2022
Standort: Gustaf-Gründgens-Platz 1, 40211 Düsseldorf
Bildnachweis: Hans Georg Esch, Hennef; Michael Gstettenbauer, Düsseldorf (Fotos); ingenhoven associates, Düsseldorf (Pläne)
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