Wohnhaus in Bat Trang
Dreischichtiges Kühlungssystem ohne Technik
Am Ostufer vom Roten Fluss und rund 15 Kilometer südöstlich vom
Zentrum Hanois liegt Bat Trang. Eine über tausendjährige Geschichte
hat das einstige Dorf, das sich inzwischen im Hanoier Bezirk Gia
Lam befindet. In dem Ort werden seit Jahrhunderten Porzellan- und
Keramikwaren hergestellt; bis heute wird das traditionelle
Keramikhandwerk hier praktiziert. In diesem kulturellen Kontext
haben VTN Architects ein Wohnhaus für einen Keramikspezialisten
entworfen. Natürlich durfte dabei das lokale Handwerk nicht fehlen
und es galt, das subtropischen Klima zu berücksichtigen.
Gallerie
Ein Ziegelhaus im Keramikdorf
Der Neubau, genannt
Bat Trang House, bietet auf fünf Geschossen Platz für die
siebenköpfige Familie sowie für Zusammenkünfte der Verwandten.
Darüber hinaus befindet sich im Erdgeschoss des Hauses ein
Ladengeschäft für die in Handarbeit erzeugten Porzellan- und
Keramikprodukte. Das Gebäude mit unregelmäßigem fünfeckigem
Grundriss befindet sich auf einem Eckgrundstück und ist an drei
Seiten von schmalen Straßen umgeben, die Rückseite grenzt direkt
ans Nachbargebäude an.
Schon auf den ersten Blick fasziniert die rauhe Oberfläche der drei straßenseitigen Fassaden, die aus individuell angefertigten Ziegeln bestehen. Das Mauerwerk ist so arrangiert, dass ein Spiel von offenen und geschlossenen Flächen entsteht. Die handwerkliche Herstellung ist an den unterschiedlichen Farben der Steine und den nicht exakt geraden Fugen abzulesen. In größeren quadratischen Fensteröffnungen wachsen reich beblätterte Äste und üppige Pflanzen heraus, während kleine Öffnungen, gebildet durch jeweils vier Steine, eine Luftzirkulation in der Hülle zulassen.
Dreischichtiges Kühlungssystem
Die keramische Hülle
ist nicht nur optisch reizvoll, sondern auch ein wichtiges
Funktionselement zur Kühlung des Hauses. Die Architekturschaffenden
haben ein dreischichtiges Ventilationssystem entworfen: Im Innern
des Gebäudes befinden sich bewohnte Quader gleichsam einem Kern.
Die Volumen sind in fünf horizontalen Ebenen so gestapelt, dass
Terrassen ausgebildet werden, auf denen Pflanzen wachsen. Die Wände
der teils geschossübergreifenden Räume lehnen sich dabei mit einem
warmen Rotton zwar farblich an die Ziegelfassade an, differenzieren
sich jedoch durch ihre glatten Oberflächen und Verglasungen vom
traditionellen Äußeren des Hauses. So ist dem Planungsteam der
gestalterische Spagat zwischen Modernität und Tradition sowie der
Verortung des Neubaus im historischen Kontext gelungen. Die
modernen Wohnquader lassen sich mit großflächig verglasten
Schiebefenstern und Fenstertüren, die die erste Ebene der drei
Schichten bilden, öffnen.
Als zweite Schicht fungieren die Bäume und Sträucher, die im nach oben offenen Zwischenraum zwischen den gestapelten Quadern und der äußersten Hülle aus Mauerwerk wachsen. Die Pflanzen filtern das Licht und kühlen die Luft durch Evapotranspiration. Die dritte Schicht wird durch das mit Öffnungen durchsetzte Mauerwerk gebildet. Die perforierte Fassade lässt die Luft zirkulieren und verschattet zugleich die Innenräume. Durch den dreischichten Aufbaus kann sogar im subtropischen Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit und einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von rund 25 Grad auf eine technische Kühlung des Hauses verzichtet werden. Dank dieses ausgeklügelten Lüftungssystems konnten die Architekten auch großflächig Glas verwenden, ohne Überhitzung zu befürchten.
Während es in Hanoi im Sommer viel Niederschlag gibt, ist es im
Winter recht trocken. So planten VTN Architects auch Regen und
Sonnenenergie mit ein: Mit Regenwasserkollektoren und Solarpaneelen
werden diese natürlichen Ressourcen für den Gebäudebetrieb
genutzt.
Nützliche Begrünung
Diese geschickte Lösung zur
Kühlung des Hauses, die ohne zusätzliche Technik auskommt, bringt
weitere Qualitäten mit sich. Die üppige Bepflanzung bietet den
Bewohnern eine fortwährend wechselnde Aussicht und eine Verbindung
zur Natur. Das Blätterwerk filtert das Licht auf natürliche Weise
und bietet nicht nur zusätzliche Beschattung, sondern auch ein
stimmungsvolles Ambiente für die täglichen Aktivitäten.
-sh
Bautafel
Architektur: VTN Architects, Ho Chi Minh City
Projektbeteiligte: Vo Trong Nghia (leitender Architekt); Ngo Thuy Duong, Nguyen Van An, Do Huu Tam, Pham Phuong Thao (Designteam)
Bauherr/in: privat
Fertigstellung: 2020
Standort: Bat Trang, Hanoi, Vietnam
Bildnachweis: Hiroyuki Oki, Ho Chi Minh City
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