Green House in London
Ein Gewächshaus für den Alltag
Im Green House vereinen die Architekt*innen von Hayhurst & Co die Ortsgeschichte mit einem naturnahen Wohnkonzept. Wo einst Obstgärten und Gewächshäuser standen, lebt heute eine vierköpfige Familie. Eingebettet in die Clyde Circus Conservation Area im Stadtteil Tottenham greift das Gebäude die Geschichte der einstigen Arbeitersiedlung auf.
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Kunststoff zwischen Ziegeln
Auf der gegenüberliegenden Seite der unbefestigten, einspurigen Straße erinnern ein kleiner aufgeforsteter Wald und ein viktorianisches Kutschenhaus an die ursprüngliche Nutzung des Areals. Heute liegt das Grundstück zwischen zweistöckigen Ziegelhäusern mit Steildächern aus den 2000er Jahren. Um den ursprünglichen Charme der einstigen Mischung aus Gewerbe- und Wohnstraße zu bewahren, wurde die Südfassade mit Bambus bepflanzt und mit verschiebbaren Polycarbonat-Flächen gestaltet – eine Hommage an die früheren Gewächshäuser auf dem Grundstück.
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Tottenham im Grünen
Ein Budget von etwa 3.500 EUR pro Quadratmeter und der Wunsch der Bauherr*innen nach großzügigen Räumen sowie ressourcenschonenden Materialien führten zu einer einfachen Bauform. Ein zentral gelegenes Atrium mit großem Oberlicht, angelehnt an den Stil eines marokkanischen Riads, verbindet die Wohnbereiche auf beiden Ebenen und bringt Tageslicht ins Zentrum des Hauses. Da seitliche Fenster aufgrund der Nachbarbebauung nicht möglich waren, übernimmt das Atrium die Funktion der Belüftung und sorgt an heißen Tagen durch einen Kamineffekt für Kühlung. Alle Räume bieten Ausblicke ins Grüne oder auf den Himmel. Längssichtachsen zu den vorderen und hinteren Gärten sowie zur umliegenden Natur schaffen ein Gefühl von Offenheit und verbinden den Innen- und Außenraum. Vorhänge umrahmen das Atrium, ermöglichen die Abtrennung des zentralen Essbereichs als doppelgeschossige Speisehalle und tragen gleichzeitig zur akustischen Dämpfung bei.
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Eine gute Bilanz
Neben der einfachen Bauform, lag der Fokus auf einer hochgedämmten Gebäudehülle, hierzu wurde die innen sichtbar bleibende Tragstruktur aus Massivholz außenseitig gedämmt und witterungsbeständig verkleidet. Bei der Versorgung des Gebäudes wurde auf fossile Brennstoffe verzichtet, stattdessen wird mit einer Luftwärmepumpe beheizt; Solarpaneele unterstützen bei der Deckung des Strombedarfs. Zusätzlich sammelt ein Regenwassertank das Wasser von der Dachfläche und stellt diese für die Bewässerung bereit. Pflanzen und Polycarbonat-Flächen filtern das Tageslicht, bieten Sonnenschutz an heißen Tagen und sorgen für Privatsphäre.
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Oberflächenkonzept
Bei der Primärstruktur des Hauses handelt es sich um eine Massivholzkonstruktion aus Cross-Laminated Timber (CLT)-Platten. Das Endkorn wurde freigelegt, um die Wachstumsringe sichtbar zu machen und die Herkunft des Materials zu betonen. Auch die Innenwände und -türen sind aus CLT gefertigt und raumseitig bündig in den Rahmen eingelassen, wodurch die Architekt*innen auf Türrahmen und Zierleisten verzichten konnten. Die sichtbare Holzstruktur im Innenraum machte den Einsatz von zusätzlichen, kohlenstoffintensiven Gipskartonplatten oder Verkleidungen überflüssig. Gleichzeitig finden sich im Haus zahlreiche wiederverwendete Materialien: Der Bodenbelag im Obergeschoss besteht aus recyceltem Kork-Gummi, und das Außenpflaster wurde aus aufbereiteten Beton-Hohlblocksteinen gefertigt.
Das Green House soll als Prototyp für andere begrenzte Grundstücke dienen – als komfortables, flexibles und grünes Familienhaus. -pe
Bautafel
Architektur: Hayhurst & Co, London
Projektbeteiligte: Rebuild London, London (Konstruktion); Mesh Energy, Farnham (Energieberatung); Eurban, London (Holzarbeiten); Iain Wright Associates, Birmingham (Statik); Surrey Steel Trading Ltd, Surrey (Stahlbauarbeiten); Ollie Allum (Gartenbau)
Bauherr*in: Privat
Standort: Clyde Circus Conservation Area, Tottenham, London
Fertigstellung: 2021
Bildnachweis: Kilian O’Sullivan