Aufstockung eines Kontorhauses in Leipzig
Neues Geschoss in Ziegelbauweise
Wohnraum ist in vielen deutschen Großstädten knapp bemessen. Aufstockungen werden von vielen Akteuren aus Politik und Bauwesen als probates Mittel der verträglichen Nachverdichtung gesehen, für die nicht noch weitere Flächen versiegelt werden müssen. Dennoch werden sie immer noch nicht allzu oft umgesetzt – erfreulich, wenn es dann doch geschieht. Ein architektonisch gelungenes Beispiel findet sich in Leipzig. Dort wurde das gründerzeitliche, denkmalgeschützte Kontorhaus einer ehemaligen Zelluloidfabrik nach Entwürfen von Knoche Architekten, die das Gebäude bereits als Büro nutzten, saniert und um ein Geschoss erweitert. Dabei orientierten sich die Architekturschaffenden am Baumaterial des Altbaus und planten die Aufstockung in Ziegelbauweise. Visuell hebt sich das neue Volumen mit seiner grauen Putzfassade jedoch stark vom Bestand ab.
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Anpassen und abgrenzen
Das Kontorhaus ist ursprünglich Teil eines Ensembles gewesen. Während jedoch das gleich gestaltete Nachbargebäude an die Blockrandstruktur anschließt und mit seinen drei Geschossen die gleiche Traufhöhe wie jene erreicht, wurde das freistehende Eckgebäude nur zweigeschossig ausgeführt. Durch die Aufstockung erhält der Baukörper nun eine angemessene Präsenz im Straßenraum. Das neue Geschoss führt die bestehende Gebäudekontur fort, verzichtet allerdings auf die dezenten Vor-und Rücksprünge, welche die historische Fassade gliedern. Es übernimmt auch die Proportionen des Bestands wie die Geschosshöhe und die Dimensionierung (sowie großteils auch die Anordnung) der Fensteröffnungen – abgesehen von zwei Panoramafenstern. Den Abschluss der Aufstockung bildet ein Flachdach, dessen weiß abgesetzter Dachrand die horizontale Fassadengliederung der unteren Stockwerke mittels Gesimsen und farblicher Akzentuierung aufnimmt.
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Eindeutig als Ergänzung gibt sich das neue Geschoss jedoch durch die steingraue Kammputzfassade zu erkennen, die einen deutlichen Kontrast zum roten und gelben Backstein des Verblendmauerwerks der unteren Geschosse bildet. Die 15 mm tiefen, horizontalen Fugen des Putzes greifen ebenso wie der Dachrand die horizontale Gliederung der historischen Fassaden auf. Somit changiert die Aufstockung ästhetisch zwischen Anpassung und Abgrenzung.
Schöner wohnen
Im Inneren wurde das hölzerne Bestandstreppenhaus aus Brandschutzgründen durch eine skulpturale Stahlkonstruktion ersetzt, weiterhin wurde ein Personenaufzug zur barrierefreien Erschließung aller Geschosse eingebaut. Durch die Aufstockung sind 315 Quadratmeter neue Wohnfläche geschaffen worden, die auf zwei Einheiten – eine 3,5- und eine 5-Zimmerwohnung – verteilt sind. Letztere erhielt einen im Verhältnis zur Wohnfläche recht großen Patio, die kleinere Wohnung eine Loggia.
Die größere, von den Architekten selbst gemietete, Wohnung verläuft nahezu über die gesamte Gebäudelänge, was zu einem ungewöhnlichen Grundriss führte. Der lange schmale Flur, der von kompakt organisierten Nebenräumen gesäumt wird, entfaltet eine Sogwirkung in Richtung des offenen Wohn-Essbereichs, der sich um den Patio wickelt. Obwohl die Räume allesamt recht schmal ausfallen, wird durch den Bezug zum Außenraum zumindest im Gemeinschaftsbereich visuelle Großzügigkeit hergestellt. Die Wände wurden hellgrau verputzt, die Decke hingegen weiß. Einbauten aus hellem Holz und hölzerne Fensterrahmen prägen das Raumgefühl maßgeblich.
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Mauerwerk: Massiv ergänzen
Die Aufstockung wurde als Massivbau mit Mauerwerkswänden aus Hochlochziegeln und Ziegelmontagedecken ausgeführt, die sich durch ihren geringen Beton- und Stahlanteil auszeichnen. Die Außenwände sind einschalig ausgeführt und weisen eine Wandstärke von 36,5 cm auf. Das Mauerwerk besteht aus hochwärmedämmenden Hohllochziegeln mit integrierter Dämmung aus Mineralwolle in den Maßen 24,8 x 36,5 x 24,9 cm. Dank der hohen Dämmfähigkeit der Ziegel konnte auf ein Wärmedämmverbundsystem verzichtet werden. Die Lastenkalkulation aus der vormaligen Nutzung ergab, dass für das zusätzliche Geschoss keine größeren Eingriffe in das Tragwerk nötig waren. Die Lasten der Ziegelmontagedecke zwischen erstem und zweitem Stockwerk werden über Stahlträger in schlanke, runde Stahlstützen sowie in die tragenden Innen- und Außenwände abgeleitet. Die Lasten der obersten Decke werden vom Mauerwerk des neuen Stockwerks aufgenommen. -lw
Bautafel
Architektur: Knoche Architekten BDA, Leipzig
Projektbeteiligte: Mathes Beratende Ingenieure, Leipzig (Tragwerksplanung); Dietze Hochbau, Wurzen (Rohbau und Fassadenputz); Tischlerei Barth, Waltersdorf (Fenster und Fenstertüren); Thomas Diedrich, Leipzig (Innenausbau/ Tischlereimeister); Wienerberger, Hannover (Außenwände/Fassade: Poroton S9-36,5-MiWo, Putzfassade mit Kammputzstruktur; Ziegeldecke: Poroton Ziegeldecke V-TEC und Ziegeldecke Filigran; Wohnungs-/Haustrennwände: Poroton-Plan-T9 36,5; HLZ Plan-T 17,5-1,4; Poroton-Plan-T 24,0-0,9; Poroton-Plan-T14 30,0; Poroton-Plan-T18 17,5; Anschlussdetails Systemzubehör: Anschlagschalen (P-AS), Deckenrandschalen (DRS), U-Schalen, Zwischenwandplatten (ZWP) und weitere Systemergänzungen)
Bauherr/in: Privat
Fertigstellung: 2017
Standort: 04229 Leipzig
Bildnachweis: Knoche Architekten BDA, Leipzig / Roland Halbe, Stuttgart
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