Landsitz Valkenberg in Twente
Sandstein und Eichenholz als lokal verfügbares Baumaterial
Eine harmonische Einbindung in die Natur war dem Bauherrn besonders wichtig, als er den Architekten Ard de Vries mit der Planung seines Wohnhauses in der Region Twente im Südosten der Niederlande beauftragte. Seine Familie hatte auf dem Grundstück nahe Ootmarsum über Jahrzehnte Landwirtschaft betrieben. Die von Wiesen und Feldern, Waldstücken und Bachläufen geprägte Gegend im Grenzgebiet zu Deutschland ist eher dünn besiedelt. So erhebt sich der Hybridbau Landsitz Valkenberg – abgerückt von den Nachbarn und durch Baumreihen abgeschirmt – gleichsam allein auf weiter Flur.
Gallerie
Die Erschließung des in der Höhe gestaffelten, zweigeschossigen Flachbaus erfolgt über eine lange Zufahrt im Nordwesten, südöstlich bildet ein Bach die Grundstücksgrenze. Der Weg ist beidseitig gefasst durch Bruchsteinmauern aus Sandstein, die etwa in Sitzhöhe beginnen und im Verlauf ansteigen, weil das Gelände abschüssig ist. Die Gäste und Bewohner nähern sich also zwischen urtümlich-massiven Mauern der unteren Eingangsebene. Das Mauerwerk setzt sich im Gebäude teilweise fort; rechterhand des Eingangs verbergen sich geschickt dahinter die Garage und einige Lagerräume.
Die Eingangstür aus massivem, unbehandelten Eichenholz führt in
eine neun Meter hohe Empfangshalle. Sechs Meter hoch erstreckt sich
eine Sandsteinwand vom Erd- ins Obergeschoss; ihr vorgelagert ist
der Treppenaufgang. Richtung Westen schließt das Esszimmer mit
offener Küche an, das sich mit raumhohen Verglasungen dreiseitig
zur Landschaft öffnet. Es ist das Herz des Hauses, wo die Familie
abends und morgens zusammenkommt. Abgetrennt ist ein Wohnraum mit
Kamin und großem Fenster, das den Ausblick nach Süden freigibt. Auf
einer Galerie im Obergeschoss, die bis in den Dachraum blicken
lässt, befindet sich eine Bibliothek. Auch hier gibt es einen
Kamin. Die Schlaf- und Kinderzimmer orientieren sich nach Westen,
dazwischen bilden ein Arbeitsraum, ein geräumiges Bad und ein
begehbarer Schrank die mittlere Zone. Ein riegelförmiger Dachaufbau
mit großen Fensterflächen im Norden lenkt reichlich Tageslicht ins
Gebäude und sorgt für spannende Außenbezüge.
Nachhaltig Bauen
Den Bentheimer Sandstein hatte der Bauherr bereits im Vorfeld aus
dem Abbruch eines Altbaus in der Umgebung erworben. Er sollte als
Grundlage des neuen Hauses dienen. Dessen Erdgeschoss ist als
Massivbau auf einer Betonplatte errichtet – mit Mauern aus
wiederverwendetem Sandstein oder Beton. An manchen Stellen reichen
sie ins Obergeschoss; andere Teile sind in Holzriegelbauweise
erstellt. Die Holzkonstruktion montierte der Zimmerer binnen zwei
Tagen – sämtliche Stützen und Riegel haben eine
Schwalbenschwanzverbindung. Zum Einsatz kam unbehandeltes
Eichenholz von Bäumen, die auf dem Grundstück wuchsen, von der
Familie gefällt und auf dem Gelände getrocknet wurden. In der
Region sind Eichen sehr verbreitet, ihr Holz wurde vielfach im
Scheunenbau verwendet. Die Transportwege waren also kurz, der
Energieaufwand gering. Auch die Schränke, die Treppe,
Innenausbauten und Böden im Obergeschoss bestehen aus unbehandelter
geschliffener Eiche. Weil das Holz temperatur- und
feuchteausgleichend wirkt, sorgt es für ein angenehmes
Raumklima.
Die von Tageslicht durchflutete, offene Raumstruktur mit wechselnden Blickbeziehungen und eine klare Gestaltung mit wenigen Materialien zeichnen den Flachbau aus. Große Fensterflächen gen Westen ermöglichen passive solare Gewinne. Die Südseite ist eher geschlossen ausgebildet, um einer sommerlichen Überhitzung vorzubeugen – die Sandsteinmauern wirken hier als Wärmespeicher. Für zusätzliches Tageslicht sorgen die großen, nach Norden gerichteten Fensterflächen im Obergeschoss. Das Haus ist mit einer eigenen Klärgrube ausgestattet; seine Beheizung erfolgt über Holzöfen und ein Wärmespeichersystem.
Der gesamte Landsitz unterliegt den Vorgaben des
niederländischen Projektes „Ecologische Hoofdstructuur (EHS)“,
dessen Ziel es ist, kleinteilige Naturschutzgebiete und
Nationalparks miteinander zu verknüpfen. Der Anbau und die
Beweidung, das Mähen und der Gehölzschnitt erfolgen in Abstimmung
mit dem Programm und mit einem reduzierten Einsatz von Pestiziden.
Auf dem Anwesen lebt eine Rotwildherde, die zum Trinken regelmäßig
in die Nähe des Hauses kommt.
Bautafel
Architekten: Ard de Vries, Amsterdam
Projekbeteiligte: Saterslo bouw, Saasveld (Bauunternehmer); Breed Integrated Design, Den Haag (Tragwerksplanung)
Bauherr: Privat
Fertigstellung: 2016
Standort: Twente, Niederlande
Bildnachweis: Kim Zwarts, Maastricht
Fachwissen zum Thema
Wienerberger | Kontakt 0511 / 610 70-0 | www.wienerberger.de