Stadtmuseum Tonofenfabrik in Lahr
Fugenlose Fassade in Rot
Als letztes Industriegebäude der Gründerzeit im historischen Stadtkern von Lahr steht die einstige Tonofenfabrik unter Denkmalschutz. Seit die Produktion von Kachelöfen Mitte des 20. Jahrhunderts eingestellt worden war, verfiel das Gebäude zusehends. Nun wurde der Ziegelbau nach einem Entwurf des Architekturbüros Heneghan Peng zu einem Museum für Stadtgeschichte umgebaut.
Gallerie
Die Architekten ergänzten den ursprünglich L-förmigen Grundriss
um einen Treppenturm, der an zwei Seiten mit dem Bestand
verschmilzt. Der Anbau nimmt nicht nur das Haupt- und das
Fluchttreppenhaus auf, sondern vervollständigt auch den Rundgang
durch die Ausstellung in den einzelnen Geschossen. Die bandartigen
Öffnungen, die sich spiralartig nach oben schrauben, machen die
verbindende Funktion des Anbaus von außen ablesbar. In ihrer
Farbgebung und Oberflächenstruktur nimmt die Erweiterung Bezug auf
den Altbau, ohne sich diesem anzubiedern.
Der Bestand blieb in seiner Erscheinung weitgehend erhalten. Das hölzerne Fabriktor ersetzten die Planer durch eine transparente Fläche, in die der neue Haupteingang integriert ist. Mit zwei neuen Öffnungen auf der Nordseite des Erdgeschosses erlaubt der Bau weitere Einblicke von außen. Hinter dem Haupteingang erwartet die Besucher ein frei zugängliches Café und auch die im Erdgeschoss gelegenen Teile der Dauerausstellung und der Museumsshop sind ohne Ticket zu erreichen. Die Räume des Bestands wurden behutsam instand gesetzt, um möglichst viel Substanz und vor allem den Charakter des Industriedenkmals zu bewahren. Im Kontrast zu den gründerzeitlich geprägten Bereichen reduzierten die Planer die Gestaltung des neuen Treppenhauses auf wenige Materialien und Farben. Man betritt den neuen Gebäudeteil von den dicht mit Exponaten belegten Ausstellungsräumen aus, sodass die zeitgenössische Schlichtheit des Treppenturms umso stärker wirkt.
Beton
Die Erweiterung umhüllt eine zweischalige Betonkonstruktion mit
Kerndämmung. Außen handelt es sich um strukturierte
Stahlbetonfertigteile, innen besteht sie aus Ortbeton.
Verwendet wurde ein Normalbeton der Festigkeitsklasse C25/30 und der
Expositionsklasse XC1 mit einem Größtkorn von 16 mm. Im
Untergeschoss wurde er als WU-Beton ausgeführt. Seine am roten
Sandstein der Erdgeschossfassaden orientierte Farbe erhielt er
durch Zugabe von Eisenoxidpigmenten, die auch dem Beton für die
Fassadenfertigteile und -treppen sowie dem Estrich
beigemischt wurden.
Die 10 cm starken Betonfertigteilelemente der äußeren Schale wurden fugenlos hergestellt und reichen von Ecke zu Ecke, von Öffnung zu Öffnung. Sie haben deshalb Abmessungen von bis zu 8 x 3 m, mit denen sie gerade noch auf Tiefladern transportiert werden konnten. Die Oberflächenstruktur aus horizontalen Rillen, die mit den Fugen des kleinteiligen Ziegelmauerwerks des Altbaus korrespondieren soll, wurden mittels handelsüblicher Strukturmatrizen mit unterschiedlich breiten Rillen in gleichmäßiger Anordnung erzielt. Der Hersteller sieht deren Verwendung eigentlich um 90 Grad gedreht vor – also mit vertikalen Rillen. Bis auf eine Hydrophobierung und einen Anti-Graffiti-Schutz blieb der Beton nach dem Ausschalen unbehandelt.
Für die innere Ortbetonschicht kam eine Stahlrahmenschalung der
Schalhautklasse SHK 2 (von drei möglichen) zum Einsatz. Die Vorgabe
der Sichtbetonklasse SB2 erforderte darüber hinaus
keine besonderen Maßnahmen. -chi
Bautafel
Architekten: Heneghan Peng Architects, Berlin; Team: Shih-Fu Peng, Andreas Dopfer (Projektleitung), Kathrin Klaus, Johanna Dreier, Seyhan Özgen
Projektbeteiligte: Justies Rünzi Architekten, Freiburg (Bauleitung); Museo Consult, Stuttgart & Studio Kernland, Maastricht (Ausstellungsgestaltung); Göppert Bauingenieure, Lahr (Tragwerksplanung); VerTec, Ettenheim (TGA Planung); Ingenieurbüro Bartel, Seelbach (Brandschutz); AG Freiraum, Freiburg (Freiraumplanung)
Bauherr: Stadt Lahr (Schwarzwald)
Standort: Kreuzstraße 6, 77933 Lahr
Fertigstellung: 2017
Bildnachweis: Thomas Bruns, Berlin
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