Les Pépinières in Lausanne
Filigranes Fassadengitter aus Ultra-Hochleistungsbeton
Obwohl im Herzen von Lausanne gelegen, führte das Quartier du Flon lange Zeit ein Schattendasein. Anfang des 19. Jahrhundert auf einer künstlichen Plattform über dem kanalisierten Wasserlauf des Flusses Flon erbaut, war es einst der zentrale Warenumschlagplatz der Schweizer Stadt. Ab den 1950er-Jahren verlor der Standort an Bedeutung, die Lagerhäuser verfielen zusehends. Schließlich bemächtigten sich alternative Nutzer aus den Bereichen Kunst, Kultur und Gewerbe der alten Industriebauten. Dennoch mieden noch immer viele das Gebiet, wo insbesondere nachts die Sicherheit zu wünschen übrig ließ. Das änderte sich erst, als die Stadt veranlasste, einen Quartiersplan zu erarbeiten, der vorsah, erhaltenswerte Gebäude zu sanieren, die Zwischennutzer zu legalisieren und die Baulücken zu schließen. Seitdem sind rund 15 Jahre vergangen. Heute ist das Viertel ein bei Tag und Nacht lebendiger Ort mit einer gelungenen Mischnutzung. Dazu tragen die drei Gebäude (A, B und C) des Ensembles Les Pépinières ganz gewiss bei. Sie entstanden auf den letzten freien Parzellen nach Plänen des Architekturbüros Burckhardt aus Lausanne.
Gallerie
Wie Perlen auf einer Schnur reihen sich die Neubauten an der Südseite des zentralen Platzes, der Esplanade du Flon aneinander. Jeweils drei Geschosse hoch, passen sie sich der Maßstäblichkeit der Umgebung an, besitzen aber ganz unterschiedliche Fassaden, die der kleinteilig strukturierten Bebauung im Quartier entspricht. Gebäude A grenzt mit seiner Westseite direkt an die Ecole de Jazz et de Musique Actuelle de Lausanne (EJMA) und beherbergt ebenfalls eine Musikschule – die Haute Ecole de Musique (HEMU). Im Erdgeschoss befindet sich ein Konzertsaal für 300 Personen, eine Galerie mit Foyernutzung bietet Platz für Garderobe und Bar. In den beiden oberen Geschossen liegen variabel teilbare Unterrichtsräume und Büros. Weitere Räume der Schule sind in den oberen Geschossen von Gebäude B angeordnet, dem kleinsten der drei Häuser. Im Erdgeschoss beherbergt es ein Restaurant, im Untergeschoss eine Bowlingbahn. Gastronomiebetriebe gibt es auch in Haus C, daneben Geschäfte, einen Club und auf dem Dach den öffentlich zugänglichen Skygarden.
Von außen unterscheiden sich die drei Gebäude deutlich voneinander: Haus A besitzt eine schwarz verputzte Lochfassade, Haus B eine mit Glas ausgefachte Pfosten-Riegel-Fassade in Weiß. Das hinsichtlich Lage, Gestaltung und Größe bedeutendste Gebäude ist Haus C. An prominenter Stelle des Platzes gelegen, hebt es sich mit seiner ornamental gestalteten Gitterfassade deutlich von seinen Nachbarn ab. Diese umschließt aber nur die oberen Etagen, das etwas zurückspringende Erdgeschoss ist großflächig verglast und mit einem leichten Knick nach innen ausgeführt. Entlang der westlichen Gitterschale führt eine breite, nach oben offene Treppe bis auf den Dachgarten hinauf.
Beton
Die netzartige Fassadenbekleidung von Gebäude C umhüllt es wie eine
zweite Haut. Nach Entwürfen der Architekten gefertigt, ähnelt sie
den feinen Verästelungen eines Blattes. Insgesamt setzt sich die
Fassade aus rund 400 fünfeckigen Betonelementen zusammen, die
wiederum aus kleinen Dreiecken und Trapezen gebildet werden.
Gegossen wurden sie aus Ultra-Hochleistungsbeton (UHPC), der die
Herstellung sehr schlanker und zugleich überaus belastbarer
Bauteile erlaubt. Im Vergleich zu herkömmlichem Beton weist er eine
bis zu fünf Mal höhere Festigkeit auf und ist außerdem deutlich
korrosionsbeständiger. Montiert sind die 150 Kilogramm schweren und
dennoch filigranen Betonelemente auf einer schwarzen, wabenförmigen
Stahlprofilkonstruktion. In die Betonelemente integrierte LEDs
sorgen ab der Dämmerung für ein Farbenspiel in der Fassade von
Gebäude C.
Exkurs UHPC
Die hohe Druckfestigkeit des Betons basiert u.a. auf der Zugabe von
silikatischen Feinststäuben, auch Silicastaub, Mikrosilica oder
Nanosilica genannt. Sie steigern die Dichtheit des Gefüges und
verbessern den Verbund zwischen Zementstein
und Gesteinskörnung. Alternativ oder ergänzend können
auch andere Mikrofüller verwendet werden, z.B. Steinmehle,
Carbonstaub oder Feinstzement, gemahlene Flugasche oder Hüttensand.
Prinzipiell steigt die Wirksamkeit, je feiner der Füller
ist.
Bautafel
Architektur: Burckhard, Lausanne
Projektbeteiligte: Implenia Suisse, Renens (Bauüberwachung); Karakas & Français, Lausanne (Geotechnik); Gartenmann Engineering, Lausanne (Akustik); Félix Constructions, Denges (Fensterbau); Creabeton Materiaux, Einigen (Hochleistungsbeton)
Bauherr: LO Immeubles SA für die Mobimo Gruppe, Lausanne
Standort: Rue des Côtes-de-Montbenon, CH–1003 Lausanne
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: Mobimo Management SA, Lausanne
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