Arquipélago – Zentrum für zeitgenössische Kunst in Ribeira Grande
Vulkanstein trifft Beton
Vielen Orten hat der industrielle Strukturwandel Kultureinrichtungen beschert, die in nicht mehr genutzten Fabriken untergekommen sind. Davon profitiert auch die kleine Gemeinde Ribera Grande auf São Miguel, der Hauptinsel des zu Portugal gehörenden Azoren-Archipels im Atlantik. Hier haben die Architekten Menos é Mais aus Porto und João Mendes Ribeiro aus Coimbra eine ehemalige Tabak- und Spirituosenfabrik in ein Kunst- und Kulturzentrum umgewandelt, nachdem sie den 2007 ausgelobten Wettbewerb gewonnen hatten.
Gallerie
Statt die teils ruinösen, graffitibesprühten Bestandsbauten abzureißen, integrierten die Architekten sie in ihr Gesamtkonzept. Die alten Gemäuer aus Vulkangestein blieben erhalten und wurden umfassend saniert. Ergänzend kamen zwei sehr komplexe Betonbaukörper hinzu, die denen der eine eingeschossig ausgebildet ist, der andere zweigeschossig. Auf über 9.000 Quadratmetern bietet das Arquipélago – Zentrum für zeitgenössische Kunst nun Ausstellungsflächen und einen Mehrzwecksaal, eine Bibliothek, Werkstätten und Ateliers, außerdem Büros, eine Cafeteria und einen Shop sowie Lagerflächen. Der zweigeschossige Neubau im Westen ist unterkellert und nimmt das Auditorium sowie die Werkstätten auf, der ihm östlich gegenüberliegende den Eingang samt Foyer, die Büros und Technikräume. Im größten Altbau befinden sich die bis zu 4,50 Meter hohen Ausstellungssäle, in den kleineren Industriebauten mit ihren prägnanten Satteldächern insgesamt 24 Arbeitsräume.
Die neuen Betonbauten sind so platziert, dass sich mit dem Gebäudebestand zwei verbundene Innenhöfe ergeben, wo sich laut Architekten „die Grenzen zwischen öffentlich und privat, Kunst und Leben verwischen – wo sich Kunst nahbar und selbstverständlich anfühlt.“ Während der zweigeschossige Bestands-Ausstellungsbau außen und innen in Weiß gehalten und mit hellen Holzböden und -treppen ausgestattet ist, zeigen sich die Neubauten komplett in Schwarz. Ihre überwiegend geschlossen ausgebildeten Fassaden bestehen aus dunkel eingefärbtem Sichtbeton, ihe Höhe und die geneigte Dachform sind dem Bestand angepasst; Tageslicht fällt lediglich durch ebenerdige Glasbänder herein. Der Eingang befindet sich in dem der Straße zugewandten Neubau: Er ist als schmaler Schlitz in die schräge Wand des hier zurückspringenden Erdgeschosses eingeschnitten.
Beton
Der Neubauten wurden aus Ortbeton mit horizontal angeordneten Schaltafeln
hergestellt, deren Abmessungen und Ankerlöcher an den Fassaden
ablesbar sind. Für den annähernd schwarzen Farbton sind
Gesteinskörnungen aus ortstypischem Basalt und Eisenoxidpigmente
verantwortlich. Die Pigmente wurden dem Sichtbeton im Werk als
Flüssigfarbe zugegeben und im Mischfahrzeug auf die Baustelle
transportiert. Der farbintensivierende Basaltanteil sorgt außerdem
für einen besonders druckfesten, verschleiß- und
witterungsbeständigen Beton.
Nach dem Betonieren wurde die oberste Schicht des Zementleims an
den sichtbaren Außenflächen ausgewaschen, um eine strukturierte,
ungleichmäßige Oberfläche zu erzielen, die den industriellen,
monolithischen Charakter der Gebäude hervorhebt. Auch
Farbänderungen, die sich unter Bewitterung ergeben werden, sind
durchaus erwünscht. Mit der Zeit soll sich der Beton optisch dem
Vulkangestein der Bestandsbauten annähern. Als Kontrast zu den
vielen dunklen Flächen setzten die Architekten ein paar goldene
Farbakzente, die u.a. in Form eines Geländers oder einer tiefen
Fensterlaibung für Auflockerung sorgen.
Bautafel
Architekten: Menos é Mais, Porto und João Mendes Ribeiro Arquitectos, Coimbra
Projektbeteiligte: Sopsec, Gaia (Tragwerksplanung, Akustik, TGA), Raul Serafim & Associados, Porto (Elektro und Brandschutz); Ana Barroco und Rui Figueiredo (Landschaftsarchitekten)
Bauherr: Regional Directorate of Culture (DRaC) der autonomen Regionalregierung der Azoren, Angra do Heroísmo, Terceira, Azoren
Standort: Rua Adolfo Coutinho de Medeiros, 9600-516 Ribeira Grande, São Miguel, Azoren, Portugal
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: José Campos, Porto
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