Sanierung eines Eindachhofes in Kirchzarten
Fortbestand einer Typologie
Im Schwarzwald prägen die großen weit herabgezogenen Walmdächer der Eindachhöfe die Landschaft. Sie wurden im 17. Und 18. Jahrhundert errichtet und stehen zumeist exponiert mitten in der Landschaft. Heute sind nur wenige dieser Anwesen übriggeblieben und viele davon sind ungenutzt. Der 1754 errichtete Fusenhof gilt als einer der ältesten erhaltenen Eindachhöfe im Schwarzwald und ist denkmalgeschützt. Die Dreisamtäler Typologie vereint Wohn- und Wirtschaftsräume unter einem Vollwalmdach. Rolf Hoffmann hat 2014 den Fusenhof gekauft, um ihn zu denkmalgerecht zu sanieren und als Ferienhaus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Gallerie
Bauhistorische Analyse als Grundlage
Bevor die
Sanierung angegangen werden konnte, musste eine umfassende
bauhistorische Dokumentation erarbeitet werden. Das Haus ist
erstaunlich gut erhalten, weil es stets in der vorbestimmten Weise
bewohnt und bewirtschaftet wurde. In den 1980er-Jahren wurden
einige Modernisierungen vorgenommen, wobei die Ausstattung wie
Innentüren, Täfer, Einbauschränke und das Rauchgewölbe verloren
gingen. Dennoch blieb die Grundgliederung des klassischen
Dreisamtäler Hofes erhalten. Der Fusenhof ist ein reiner Holzbau
aus Ständern, welche über beide Geschosse gehen und hölzernen
Wandfüllungen aus Bohlen, Brettern und Kanthölzern. Diese sind in
die Nuten der Ständer eingeschoben. Die Bauweise des Fusenhofs
ergibt eine vielfältige Fassade mit Vor- und Rücksprüngen und
Details wie Zapfenschlössern und Fenstererkern, die ein lebendiges
Licht- und Schattenspiel bewirken.
Klassische Typologie erhalten
Die Dreisamtaler
Typologie zeigt einen Wohnteil mit Versprung an der vorderen
Schmalseite und einen Wirtschaftsteil dahinter. Im Obergeschoss
befinden sich mehrere Kammern, einige davon liegen direkt über dem
ehemaligen Stall. Diese waren ursprünglich für das Gesinde bestimmt
und nur über den außen liegenden Laubengang, genannt Trippel,
erreichbar. Die Küche war mit einem doppelgeschossigen Rauchgewölbe
ausgestattet. Hier wurden Speck oder Würste geräuchert. Besonders
eindrücklich ist der Dachraum mit den hohen, bis zum First
hinaufreichenden Ständern, der als Heulager genutzt wurde. Als
Hoffmann den Hof übernahm waren die Schwellen abgefault, Schädlinge
hatten die Dachsparren befallen und das Dach war undicht.
Anlehnung an historische Vorbilder
In Zusammenarbeit
mit der Denkmalpflege hat Architekt Stefan Blum ein Konzept für die
Sanierung ausgearbeitet. Wichtig dabei war, dass neues Holz als
solches sichtbar bleibt und die Sanierung somit auch später noch zu
erkennen ist. Gleichzeitig hat der Architekt beim Innenausbau die
Einbauten aus den 1980er-Jahren entfernt und durch
denkmalverträglichere Alternativen ersetzt. Insgesamt hatte die
Bauherrschaft nicht das Ziel, Altes zu kopieren, sondern reduzierte
Ausführungen zu entwerfen, die an das historische Vorbild erinnern.
So haben die Denkmalpflegerin, der Bauherr und der Architekt in
Absprache einen eigenen Fenstertypus ohne Glasleisten und ohne
sichtbare Scharniere gefertigt, welcher Bezug nimmt auf die
Schwarzwälder Schiebefenster. Für die gesamte Renovierung kam das
traditionelle Weißtannenholz zum Einsatz. Aus diesem Holz wurden
auch die neuen Türen gebaut, welche sich ebenfalls an das
historische Vorbild anlehnen. Der ehemalige Steinboden wurde durch
einen geglätteten Estrich ersetzt und die Decken wiederum aus Holz
und mit Bohlen ausgeführt.
Von Holzschindeln zu Aluminium
Den Recherchen zufolge
war das Dach ursprünglich mit Stroh und Holzschindeln eingedeckt.
Zwischenzeitlich hatte man die Naturmaterialien mit asbesthaltigen
Eternitschindeln ausgewechselt. Für Hoffmann kam ein Holzdach aus
versicherungstechnischen und finanziellen Gründen nicht in Frage.
Gleichzeitig aber würde die Statik stark verändert bei einem
schwereren Dach aus Ziegeln. Als leichtes Material kam deshalb
Aluminium in Frage, denn dadurch musste der Dachboden innerstatisch
nicht verändert werden. Der Architekt ließ die Asbestrauten
entfernen und die Sparren als Radialsparren erneuern, die mit
Aluminiumrauten von 44 x 44 cm eingedeckt wurden.
Zusätzlich wurde das Haus mit Zellulose gedämmt und die technischen Installationen auf den neusten Stand gebracht. Als primäre Wärmequelle dient die Pelletsheizung. In der Stube findet sich zusätzlich ein Holzofen. Mit der Sanierung und der eingebauten Dämmung erreicht das Haus nun einen Energiestandard, welcher den Neubaustandard sogar leicht übersteigt. Trotzdem sind alle Bestandteile wie Stall, Heuboden, Tenne, Wohnteil und Knechtskammern erhalten und ablesbar geblieben. Der Fusenhof kann als Feriendomizil direkt vom Bauherrn angemietet werden (siehe Surftipps). -sh
Bautafel
Architekten: Stefan Blum, Büro für Architektur und Bauforschung, St. Peter
Projektbeteiligte: Thomas Waldvogel, St. Märgen (Holz- und Dacharbeiten); Prefa, Wasungen (Aluminiumdach, Produkte: Prefa Dachraute 44x44)
Bauherrschaft: Rolf Hoffmann, Freiburg
Fertigstellung: 2018
Standort: Dietenbach 24, 79199 Kirchzarten
Bildnachweis: Michael Bamberger, Freiburg; Rolf Hoffmann, Freiburg
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