Solarwaben in Herford
Serielle Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip
2019 erklärte die Stadt Herford den Klimanotstand. Zwei Jahre später beschloss die Wohn- und Wirtschafts-Service Herford (WWS) eine serielle Sanierung ihres Gebäudebestands, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Das Prinzip Energiesprong wurde zuerst auf vier Gebäude in der Ulmenstraße angewandt.
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Aus Klimaschutzgründen, aber auch damit die Energiekosten langfristig bezahlbar bleiben, muss ein Großteil der Gebäude bis 2045 energieeffizienter werden. Ab 2030 sollen schrittweise Mindestenergiestandards eingeführt werden. Das sind große Herausforderungen für Wohnungsunternehmen wie die WWS. Dämmmaßnahmen und der Austausch alter Fenster, Außentüren und Gebäudetechnik sind oft langwierig, teuer und komplex und Fachkräfte schwer zu bekommen.
Eine serielle Sanierung nach dem niederländischen Energiesprong-Prinzip kann den Transformationsprozess auf wenige Wochen begrenzen, wodurch auch die Bewohner*innen weniger belastet werden. Am Ende erreichen die Gebäude idealerweise einen NetZero-Standard. Das bedeutet, dass sie im Jahresmittel so viel erneuerbare Energie erzeugen, wie für Heizung, Warmwasser und Strom benötigt wird. Ein wichtiges Energiesprong-Element ist die Beratung durch Expert*innen, die interdisziplinäres Fachwissen und Erfahrungen in die Projekte einbringen und über Finanzierungskonzepte und Fördermittel informieren.
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Nachkriegsbauten im Fokus
Im Herbst 2021 wurde in der Ulmenstraße in Herford ein beispielhaftes Energiesprong-Projekt in die Tat umgesetzt. Dabei handelte es sich um vier Mehrfamilienhäuser mit jeweils drei Vollgeschossen und insgesamt 24 Wohnungen. Die 1957 errichteten Gebäude haben eine wechselvolle Geschichte: mal von den britischen Alliierten genutzt, dann als Studierendenwohnheim und als Unterkunft für Geflüchtete. Die Nachkriegsbauten empfahlen sich für das Pilotprojekt, weil sie einen besonders hohen Energieverbrauch und CO2-Ausstoß aufwiesen. Mit einem Primärenergieverbrauch von 379 kWh/(m2a) gehörten sie der schlechtesten Energieeffizienzklasse H an.
Die WWS Herford beauftragte die österreichische GAP Solution mit der seriellen Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip. Zuerst wurde auf der Bestandsfassade eine Unterkonstruktion aus Holz aufgebracht und mit Dämmung. Davor wurden dann Glaspaneele mit einer roten oder weißen Wabendämmung montiert. Auf beiden Dachseiten und bei der obersten Geschossdecke kamen gedämmte Dachelemente mit Photovoltaikmodulen zum Einsatz. Diese liefern den benötigten Strom, während für die Erwärmung von Raumluft und Wasser Infrarot-Heizungen und Durchlauferhitzer installiert wurden. Hinzu kommt eine fensterintegrierte Wohnraumbelüftung mit Wärmerückgewinnung.
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Dämmen mit Solarwaben
Eine Besonderheit stellt die Solarwaben-Dämmung dar. Sie sorgt dafür, dass der Energiebedarf allein über die Gebäudehülle um bis zu 90 Prozent reduziert werden kann. Hinter den Glasplatten integrierte Zellulosewaben verhindern die Wärmeverluste nach einem simplen physikalischen Prinzip: In der kalten Jahreszeit dringt das Sonnenlicht durch den niedrigen Sonnenstand bis tief in die Wabe ein. Die Solarwaben erzeugen ein warmes Luftpolster, das das Gebäude wie eine Dämmschicht umhüllt. Dieser Effekt reduziert den Wärmeverlust auf nahezu Null und schaltet Wärmebrücken aus. Der gegenteilige Effekt tritt im Sommer ein. Bei hohem Sonnenstand reflektieren die Solarwaben einen Teil der Strahlung und sie verschatten sich aufgrund ihrer Geometrie selbst. Auf diese Weise herrschen im Inneren auch ohne strombetriebene Klimatechnik angenehme Temperaturen.
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Fazit: Enorme Einsparungen
Welche positiven Auswirkungen die Sanierung auf die Umwelt hat, zeigt das aktuelle Energie- und CO2-Monitoring: Der Primärenergiebedarf von rund 386 kWh/m2a konnte auf einen Endenergieverbrauch von 49 kWh/m2a reduziert werden. Zusätzlich wird durch die neuen PV-Module pro Jahr rund 75 kWh/m2a Strom erzeugt. Dies führt zu einem Überschuss von 26 kWh/m2a. So wurden die Nachkriegsbauten zum Plusenergiehaus, das CO2-Emissionen pro Jahr um rund 170 Tonnen gesenkt. Im zweiten Jahr nach der Sanierung bestätigten sich diese Werte.
Auch eine Verbesserung des Wohnkomforts für die Bewohner*innen feststellen, für die es durch die schnelle Montage der Module nur zu minimalen Störungen kam. Darüber hinaus profitierte die WWS von innovativen Finanzierungsinstrumente und Förderprogrammen. In den nächsten Jahren sollen weitere 191 Wohneinheiten sowie 10.817 Quadratmeter Nichtwohngebäude energetisch modernisiert werden.
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