Video-Sammlung: Nachkriegsmoderne in der Praxis
Dokumentation der Fachtagung zu Denkmalschutz und Sanierung
„Sind Denkmalschutz und Sanierung vereinbar?“ Diese Frage
stellten die Mitarbeitenden der Unteren Denkmalschutzbehörde
Wolfsburg. In Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesamt für
Denkmalpflege luden sie im September 2022 zur Tagung
Nachkriegsmoderne in der Praxis nach Wolfsburg.
Interessierte aus Planungspraxis, Lehre, Forschung, Verwaltung und
Architekturvermittlung fanden sich zur Konferenz im Vortragssaal
des Alvar-Aalto-Kulturhauses ein. Alle Vorträge wurden
aufgezeichnet und sind nun kostenlos auf der Webseite des Projekts
Ressource Kulturerbe verfügbar.
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Drei Sektionen mit je zwei Vorträgen warfen Schlaglichter auf den Umgang mit Gebäuden der 1950er- und 1960er-Jahre, die einerseits denkmalgeschützt sind, andererseits aktuellen Energieeffizienz-Standards angepasst werden sollten. Jede Sektion schloss mit einer Diskussionsrunde ab, in der auch das Publikum Fragen stellte. Unter dem Brennglas konkreter Sanierungsprojekte sprachen die Vortragenden grundlegende Themen der denkmalpflegerischen Praxis an. Die Suche nach Ursachen für Probleme bei Wärmeschutz und Lüftung glich manchmal einer Detektivgeschichte, in denen Material- und Bauforschung Hand in Hand gingen.
Substanzdenkmalpflege oder Bilddenkmalpflege? Georg Skalecki, Landeskonservator im Landesamt für Denkmalpflege Bremen fragte nach dem Sinn von gebäudeerhaltenden Maßnahmen und verwies dabei auch auf frühere Auffassungen zu dieser Frage. Im 19 Jahrhundert etwa habe Denkmalpflege auch bedeutet, das Vorhandene weiterzubauen im Sinne von „schöner machen als je zuvor“. Was bedeutet das für die oft schwierig zu pflegenden oder gar schadstoffhaltigen Materialien, die bei Gebäuden der Nachkriegsjahrzehnte zum Einsatz kamen? Verlieren sie ihre Denkmalwürdigkeit und Authentizität im Zuge der Erhaltung?
Der Erhalt der ästhetischen Qualität gegenüber dem Original-Baustoff war das Anliegen von Nurdan Gülbas für die energetische Sanierung des Alvar-Aalto-Hochhauses im Bremer Stadtteil Neue Vahr. Die Architektin und Projektleiterin der städtischen Wohnungsgesellschaft GEWOBA berichtete von den umfangreichen Fassadenarbeiten. Dabei wurden asbesthaltige Eternitplatten ersetzt und die vormalige Unterkonstruktion aus Holzlatten in Hinblick auf den Brandschutz durch Aluminiumprofile ausgetauscht. Dass sich die Erscheinung des bekannten Wohnturms und vor allem seiner weißen subtil geschuppten Haut auch bei genauem Hinsehen kaum veränderte, lag zum Beispiel daran, dass die neuen und dickeren Fassadenplatten im Bereich der Überlappung ausgefräst wurden.
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Sollte mit den Gebäuden der Nachkriegszeit auch das bauzeitliche gebäudeklimatische Konzept erhalten werden? Diese Frage beschäftigte gleich zwei Vortragende. Rainer Vallentin nahm das Berliner Hansaviertel in den Blick. Klimaschutzstandards ließen sich in dem Stadtteil mit hohem Denkmalbestand nur schwer anwenden, erklärte er. Auch die bauzeitliche Heiztechnik müsse einbezogen werden, wenn es um den Erhalt des Ensembles gehe. Diese seien darauf ausgelegt, Fernwärme aus dem Heizkraftwerk Mitte zu beziehen.
Felix Wellnitz wiederum zeigte anhand der Transformation eines 1955 fertiggestellten Sep-Ruf-Baus, dem sogenannten Dienstgebäude für den Bevollmächtigten des Landes Bayerns in Bonn, wie Eingriffe in den Bestand das bauzeitliche Lüftungskonzept konterkarieren können. Im Lauf der verschiedenen Nutzungsphasen des Gebäudes wurden die Schwingflügelfenster durch Drehflügelfenster ersetzt, was dazu führte, dass sich die Luftströmungen im Raum nicht mehr zur Ventilation nutzen ließen.
Diese und weitere Vorträge sind über die Webseite des Projekts Ressource Kulturerbe aufrufbar (siehe Surftipps). Die Wissens- und Vermittlungsplattform wurde vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Institut für Bauklimatik und Energie der Architektur an der Technischen Universität Braunschweig initiiert. Die Video-Sammlung wächst kontinuierlich um weitere aufgezeichnete Vorträge und Diskussionsrunden, die im Rahmen des Projekts stattfinden.
Video
Georg Skalecki und Nurdan Gülbas zur Fassadenerneuerung des Alvar-Aalto-Hochhauses in Bremen
Quelle: Youtube / Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
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