Wohnhaus Shack in the Rocks bei Melbourne
Kleiner Wohnraum, große Geste
Inmitten sanft hügeliger Wiesen des australischen Bundesstaates Victoria und umgeben von einigen verstreuten Findlingen zeigt das Wohnhaus Shack in the Rocks von Sean Godsell Architects, wie trotz begrenzter Mittel ein großer Entwurf gelingt. Zwar liegt das Grundstück dieser „Hütte in den Felsen“ eine Autostunde westlich der Stadt Melbourne in einem der fruchtbarsten Gebiete Australiens. Dennoch brennt die Sonne auch hier in den Sommermonaten überaus stark. Abhilfe leistet ein ausladendes Sonnendach, das, um das knappe Budget einzuhalten, aus umfunktionierten Industrieprodukten besteht.
Gallerie
Zwei Pavillons, ein Pultdach
Nur 32 Quadratmeter Wohnfläche bietet das Wohnhaus, jedoch großzügige Außenbereiche und ein riesiges, knapp 130 Hektar großes Grundstück. Seinen Namen erhielt das kleine Gebäude durch die Topografie: Findlinge und einige zerklüftete Gesteinsformationen geben der Umgebung einen besonderen Reiz. Die Wohnfläche verteilt sich auf zwei quaderförmige Pavillons in mit Glas und Polycarbonatpaneelen ausgefachter Stahlrahmenbauweise. Im südlichen Pavillon befindet sich die Küche mit Essbereich, der andere nimmt das Schlafzimmer sowie ein Bad auf.
Die Pavillons sind leicht versetzt zueinander auf der nördlichen Hälfte einer 102 Quadratmeter großen Bodenplatte aus Beton angeordnet. Die freigelassene Hälfte im Süden dient als großzügige Außenterrasse und offener Wohnraum. Geschickt ist die monolithische Bodenplatte mit Abstufungen und integrierter Sitzbank so geformt, dass einige der Findlinge reizvoll in das Gesamtgefüge integriert wurden. Überfangen werden Pavillons und Außenbereich von einem groß dimensionierten Pultdach.
Ausgelagerte Technik
Schon seit geraumer Zeit lagen Pläne für ein größeres Wohnhaus vor, das jedoch aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden konnte. Sean Godsell Architects waren jedoch so angetan von dem Bauland, dass sie die Pläne erneut in die Hand nahmen, um dem Bauherrenpaar dennoch einen Plan für ein Wohnhaus vorzulegen – dieses Mal mit weitaus engerem Budgetrahmen und entsprechend kleinerem baulichen Umfang.
Von Vorteil für dieses Vorhaben erwies sich, dass das Paar vom ersten, verworfenen Projekt bereits einen Technikraum realisiert hatte. Dieser bestehende „Maschinenschuppen“ bot einen großen Dacheinzugsbereich für die Regenwassernutzung und die Montage von Photovoltaikmodulen sowie Raum für eine Tesla-Batterie. Das Nebengebäude ist strategisch vorteilhaft am höchstgelegenen Punkt des Grundstücks platziert. Das Wohnhaus liegt außer Sichtweite und tiefer, sodass ausreichend Wasserdruck durch Schwerkraft gegeben ist.
Die ausgelagerte Technik ermöglichte Gestaltungsfreiheit für das Wohnhaus. Außerdem konnte die Wohnfläche klein gehalten werden, was Kosten sparte. Ebenso zurückhaltend präsentiert sich der Innenraum. Der Wohn- und Küchenblock ist geprägt von hölzernen Einbauten: Gegenüber der Küchenzeile sind Sitzbänke mit Stauraum angeordnet, dazu gesellen sich Tisch und Stühle.
Sonnenschutz: Sonnendach aus transluzentem Polycarbonat und
Gitterrosten
Maßgeblich bei Planung und Bau war beim Shack
in the Rocks der Aspekt der Kosteneinsparung. Nicht nur in der
Begrenzung des Wohnraums schlug sich dies nieder, sondern auch in
der Wahl der Baustoffe. So handelt es sich bei dem Tragwerk aus
Stahlrahmen um eine Struktur, die normalerweise für den Bau von
Heuschuppen verwendet wird. Die nicht voll transparenten Teile der
Gebäudehülle bestehen aus weißem Polycarbonat, einem Baustoff aus
dem Industriebau. Das Kunststoffmaterial ist transluzent: Tageslicht
wird dadurch gefiltert und verteilt sich diffus im Raum. Durch die
Bauweise mit eingeschlossenen Luftkammern wirken die Paneele zudem
dämmend.
Auch für den Aufbau des Sonnendaches bedienten sich die Planerinnen und Planer industrieller Bauteile und widmeten sie geschickt als Sonnenschutz um: Oberhalb einer 10 mm starken Lage aus transluzenten Polycarbonat-Doppelstegplatten sind Gitterroste aus feuerverzinktem Stahl angeordnet, die für gewöhnlich als äußerst robuster, auch konstruktiv verwendbarer Bodenbelag, etwa auf Baustellen und Baugerüsten, aber auch für außenliegende Treppen und Verbindungsstege verwendet werden. Durch den Prozess der Feuerverzinkung wird die Oberfläche des Stahls veredelt und witterungsbeständig. Der Stahl kann nicht mehr oxidieren, Rost ist dauerhaft vorgebeugt.
Als feststehender außen liegender Sonnenschutz eignen sich die Gitter, da die einige Zentimeter tiefen Roste wirken wie kleine Sonnenschutzlamellen: Durch die leichte Neigung des Pultdaches sind auch die Stege der Stahlgitter leicht geneigt und erzeugen auch dann Schatten, wenn die Mittagssonne steil einfällt.
Ihre Vorliebe für die Konstellation aus Wohnpavillons und
überfangendem Sonnendach stellten Sean Godsell Architects bereits
mit dem „House in the Hills” unter Beweis (siehe Objekte zum
Thema). Als Inspiration zu diesem sinnvollen Aufbau gibt Sean
Godsell ein Werk des japanischen Architekten Riken Yamamoto an:
„Beim Yamakawa Cottage (1976) ist das konventionelle Raumprogramm
(zerlegt und dann) geordnet und logisch über eine Holzplattform
verteilt. Diese hochpoetische Zerstreuung der Räume wird durch ein
großes flaches Satteldach kontrolliert, das nicht nur die Räume,
sondern auch den Außen- oder ‚anderen‘ Raum im Gebäude schützt.
Dieser ‚andere‘ Raum fasziniert mich und ich hatte sicherlich das
Yamakawa Cottage im Sinn, als ich diese Hütte in den Felsen
entwarf.“ -sr
Bautafel
Architektur: Sean Godsell Architects, Melbourne
Projektbeteiligte: Sean Godsell, Hayley Franklin (Projektteam); OPS Engineers, Richmond (Tragwerksplanung); R+B Kahle, Highton (Bauleitung); Architectural Steel (Metallbau); City To Surf Concreting, Leopold (Beton); Webforge, Dandenong (Gitterrost-Sonnenschutz); Laserlite Building Products, Oakdale (Polycarbonat-Doppelstegplatten)
Bauherr/in: Earl Carter und Wanda Tucker
Fertigstellung: 2021
Standort: Victoria, Australien
Bildnachweis: Earl Carter
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