Brise Soleil Haus in Port Moresby
Lokal inspirierter Sonnenschutz mit organischem Wellenschlag
Lagatoi sind traditionelle Frachtkanus aus Papua-Neuguinea, mit
denen sich große Ladungsmengen transportieren lassen. Dank ihrer
verknüpften Bauart und ihren charakteristischen Krebsscherensegeln
konnten damit beachtliche Strecken im Südpazifik überwunden werden,
lange bevor die Region durch Europäer kolonisiert wurde. Gemeinsam
mit Flachwasser-Pfahlbauten bilden sie das historische Fundament
für die Holzverarbeitungstradition der Gegend um die
Landeshauptstadt Port Moresby. Beides – Boote und Pfahlbauten
– dienten dem australischen Architekturbüro Studio Workshop als
Inspiration für das Brise Soleil House in der Hafenstadt.
Bei dem Wohnhaus für eine Familie ist der Name erwartungsgemäß
Programm: Der in einem Steilhang oberhalb des Containerterminals
gelegene Bau verfügt über einen hölzernen Sonnenschutz, dessen
organisch geformter Wellenschlag lokale Bautradition mit moderner
CAD-Entwurfstechnologie vereint.
Gallerie
Das in Ortbeton ausgeführte Gebäude bietet auf 173 Quadratmetern
zwei Schlafzimmer, eine offene Küche mit Wohn- und Esszimmer im
Ober- sowie einen weiteren Aufenthaltsraum mit angegliedertem
Außenpool im Erdgeschoss. Der feststehende Sonnenschutz aus
vertikal angeordneten Kiefernholzlatten umgibt das
Hauptschlafzimmer im Obergeschoss zu drei Seiten. Er dient in
erster Linie als Blendschutz vor seitlich einfallendem Sonnenlicht
aus westlicher Richtung. Der großen Fensteröffnung vor dem
Wohnzimmer im Obergeschoss ist er ebenfalls vorgeblendet,
allerdings nicht feststehend, sondern als überdimensionierte
Faltschiebeläden. Das System gewährleistet stetige Frischluftzufuhr
bei ausgeprägter Privatsphäre. Zugleich sind Ausblicke auf das nahe
Korallenmeer möglich. Zwei der Seiten des Brise Soleil sind
wellenartig ausgeformt, zur Rückseite hin flacht die Konstruktion
ab. Die Wellenbildung kommt zustande, indem jeweils vier bis fünf
Holzlatten variierender Längen pro Vertikalreihe aneinander
dedübelt und verklebt wurden. Indem die Längen der Latten pro Reihe
dabei die Höhe des Fensters übertreffen, kragt die Holzkonstruktion
aus – und Dreidimensionalität entsteht.
Mit der hölzernen Hülle verbeugen sich die Planer hinsichtlich
des Designs vor den lokalen Holzverarbeitungstraditionen der Region
um Port Moresby. Dies jedoch, so die Architekten, geschehe
gefiltert durch ein „digitales Objektiv": Traditionelle
Gestaltungsaspekte, wie das System aus zahlreichen, komplizierten
Gelenken und Verbindungen oder die ausgeprägte
Oberflächenartikulation, werden mithilfe der Fähigkeiten moderner
Software aktualisiert. Die Gestaltung gewann dadurch an
Komplexität, da trotz individueller Formen der einzelnen Leisten
deren wirtschaftliche Produktion möglich war. Den Planern ist zudem
daran gelegen, mit dem Gebäude für den Einsatz von Brise Soleil zu
werben, da sie das Raumklima gegenüber Klimaanlagen auf natürliche,
ressourcenschonende Weise verbessern. Nicht von Ungefähr sind sie
tief in der Tradition der äquatorialen Architektur verwurzelt.
Architekten wie Vladimir Ossipoff, der die hawaiianische
Nachkriegsmoderne prägte, geben die Planer diesbezüglich als
Vorbild an.
Die Brise Soleils und die Türen bestehen aus 50 x 50 mm großen
sägerauen Kiefernholzleisten, die über CNC-gefräste
Überlappungsverbindungen miteinander verklebt und verdübelt sind.
Auf einer Gesamtfläche von mehr als 80 Quadratmetern sind über
2.200 Leisten im Außenbereich verbaut. Um das Holz vor Pilz-
und Insektenbefall zu schützen, wurde es acetyliert, das heißt, im
Verfahren der chemischen Holzmodifikation mit Essigsäureanhydrid
behandelt.
Bautafel
Architekten: Studio Workshop, Mermaid Waters; Team: Rory Spence, Jonathan Nelson, Chris Knapp, Joel Hutchines
Projektbeteiligte: Cyril Duffy (Bauunternehmer); Stocks and Partners, Port Moresby (Tragwerksplanung); Conform Civil (Beton); Balance Enviro Solutions (Umweltberatung/Dachbegrünung); LNA Joinery (Schreiner)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2017
Standort: Port Moresby / Papua-Neuguinea
Bildnachweis: Peter Bennets, Melbourne
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