Passivhaus in Bessancourt
Haut aus Bambus
Rund 28 Kilometer nordwestlich von Paris liegt die kleine Stadt Bessancourt in einer eher ländlich geprägten Gegend. Hier ist eines der ersten zertifizierten Passivhäuser Frankreichs entstanden, das sich zudem an den deutschen Standards des Passivhaus-Instituts orientiert. Geplant wurde es von Milena Karanesheva und Mischa Witzmann, die unter dem Namen Karawitz Architecture ein gemeinsames Büro in Paris betreiben.
Gallerie
Ausgehend von den Kubaturen der traditionellen Wohnhäuser und Scheunen in diesem Teil der Ile-de-France entwarfen die Architekten ein einfaches rechteckiges Volumen mit einem klassischen Satteldach, das mit seiner kompakten Form den bauphysikalischen und energetischen Bedingungen entgegenkommt. In Konstruktion und Verwendung überwiegend natürlicher Materialien dagegen zeigt sich das Gebäude alles andere als traditionell. Seine Wände bestehen aus großformatigen Massivholztafeln, darüber liegt eine zweite Haut aus Bambusstäben. Damit erreicht das Haus U-Werte von 0,14 W/(m²K) für die Außenwände, 0,12 W/(m²K) für das Dach und 0,17 W(m²K) für den Bodenaufbau.
Die Wohnfläche von insgesamt 161 m² ist auf zwei Geschosse verteilt. Nach Süden ausgerichtet befinden sich im Erdgeschoss der Wohnraum mit Essplatz und offener Küche, darüber drei Schlafzimmer und ein Aufenthaltsraum. Auf der fast geschlossenen Nordseite liegen der Eingang und eine einläufige Treppe. An deren Enden sind die Sanitärräume sowie ein Vorratsraum angeordnet. Viel Licht, weiße Trennwände und Einbauschränke sowie das helle Holz der Wände und des Daches bestimmen die Innenräume.
Sonnenschutz
Bis auf ein Feld von Photovoltaik-Paneelen auf dem Dach ist das
gesamte Gebäude mit einer filigranen Haut aus Bambusstäben
überzogen. Auf der raumhoch verglasten Südseite zum Garten ist
diese Haut in 32 Faltläden aufgeteilt. Im Erdgeschoss entsteht so
eine Luftschicht als schmaler Gang, im Obergeschoss ein länglicher
Balkon. Der energetisch wirksame Sonnenschutz besteht aus
unbehandelten Bambusstäben. Waagerecht aneinandergereiht sind sie
an den Enden mit Metalldraht und dünnen Röhrchen als Abstandshalter
„aufgeschnürt“ und zu flächigen Bambuspakete zusammengefasst. Diese
sind auf mobilen Rahmen aus Holz und Metall aufgebracht und vor die
großen Fenster montiert. Im Laufe der Zeit wird der jetzt noch
goldgelbe Bambus hellgrau ausbleichen und das einfallende
Sonnenlicht dann eher silbrig schimmernd filtern.
Hinsichtlich der Nachhaltigkeit gilt Bambus als
Vorzeigematerial. Es kombiniert extrem schnelles Wachstum mit hoher
Druck- und Zugfestigkeit bei enormer Elastizität. Außerdem ist es
sehr leicht, weil die Stäbe innen hohl sind, gleichzeitig an der
Oberfläche besonders hart, zudem schwerentflammbar. Die
Wachstumsknoten tragen zusätzlich zu einer Aussteifung der an sich
sehr dünnen Stäbe bei. Auch mythologisch ist Bambus bemerkenswert,
so gilt er in China als ein Symbol für langes Leben – ein
Wunsch, dem wir uns für das Bambushaus nur anschließen
können.
Bautafel
Architekten: Cabinet d'architecture Karawitz Architecture, Paris
Projektbeteiligte: Perspecive Bois, Saint-Malo (Statik)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2009
Standort: Bessancourt, Île-de-France
Bildnachweis: Hervé Abbadie und Mischa Witzmann über Karawitz Architecture
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