Umbau eines Wohnhauses in Tokio/J
Himmelshof mit Pergola
Für deutsche Verhältnisse keine ungewöhnliche Aufgabe, für japanische schon – der Umbau bzw. die Erweiterung eines Gebäudes. In Japan wird eher abgerissen und neu gebaut, insbesondere im Stadtzentrum von Tokio, wo die „Lebenserwartung“ eines Hauses durchschnittlich 20 Jahre beträgt. Einer der Hauptgründe dafür ist die permanente Erdbebengefahr in dieser Region. Folglich sind die japanischen Baubehörden äußerst misstrauisch, sobald es um Eingriffe in die Tragstruktur eines Hauses geht. So auch bei der Aufstockung eines schmalen Einfamilienhauses in einer ruhigen Wohngegend von Tokio.
Gallerie
Die europäischen Bauherren wagten den Umbau inklusive eines Verhandlungsmarathons mit den Behörden trotzdem. Für sich und ihre beiden Kinder wünschten sie sich mehr Raum zum Wohnen, einen Freisitz, der Privatsphäre bieten sollte, und grundsätzlich mehr Licht, Luft und Sonne. Da sie schon vorher im Haus lebten, schätzten sie dessen Vorzüge, kannten aber auch die Nachteile – Erkenntnisse, die dem Entwurfsprozess zugute kamen.
Um alle Anforderungen zu erfüllen, erhöhte der Architekt Keiji Ashizawa das bislang zweigeschossige Gebäude um ein weiteres Geschoss und ergänzte es um eine Dachterrasse. Kern seines Entwurfs ist der sogenannte Himmelshof, ein vertikaler geschossübergreifender Luftraum, der im Inneren die Räume visuell miteinander verknüpft. Überdeckt wird er von einer offenen Stahlkonstruktion mit schlanken Holzleisten in Längsrichtung, die als Pergola der Verschattung dienen. Zusammen mit der Öffnung der vor dem Umbau geschlossenen Südfassade gelangt jetzt viel Licht ins Gebäudeinnere. Als logische Folge wurden die Funktionen Wohnen, Essen, Kochen und Schlafen nach der jeweiligen Menge an Tageslicht vertikal neu organisiert. Arbeits- und Gästezimmer wanderten sogar in den Keller – in Tokio, wo Grundfläche kostbare Mangelware ist, alltägliche Praxis.
Sonnenschutz
Während die Bestandswände lotrecht stehen, kippte der Architekt die
Tragstruktur des obersten Geschosses in Längsachse in die Schräge.
Die Konstruktion des seitlichen und oberen Abschlusses über dem
Luftraum besteht aus Stahl, der sich aufgrund seiner Elastizität
besonders für erdbebensicheres Bauen eignet. Auf bzw. zwischen den
Stahlprofilen, die gleichzeitig visuell die Konturen des Volumens
bestimmen, sind Vierkanthölzer durchlaufend in Längsrichtung
gesetzt. Die Hölzer sind im Abstand ihrer Profilbreite angeordnet –
das klassische Prinzip einer Pergola. Sie wirft einen linear
gestreiften Schatten, der sich je nach Sonnenstand verdichtet
oder auflöst. Im japanischen Wohnhaus verstärkt wird das
Schattenspiel durch Spiegelung in den raumhohen Verglasungen noch
verstärkt. Gleichzeitig ist beim Blick nach oben immer der Himmel
zu sehen.
Keiji Ashizawa erläutert: „Es war zwar keine einfache
Entscheidung, weder für die Bauherren noch für uns als Architekten,
ein großes Loch in das oberste Geschoss zu schneiden, denn es
reduziert dort natürlich die Nutzfläche. Aber diese Entscheidung
bringt einfach eine solche Menge Licht in dieses Haus.“ Sein
Fazit: "Es war äußerst wichtig, das vorhandene Haus genauestens
zu betrachten. Danach habe ich versucht so wenig wie möglich zu
machen, aber das Maximum herauszuholen.“ Im Prinzip simpel, wie
bei jedem gelungenem Entwurf, aber mit welcher Wirkung! Selbst bei
Nacht ist der Himmelhof mit der angrenzenden Dachterrasse
einladend, bietet sie doch einen eindrucksvollen Blick auf die
Skyline von Tokio.
Bautafel
Architekten: Keiji Ashizawa Design, Tokio/J
Projektbeteiligte: ASA Akira Suzuki, Tokio/J (Statik)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2010
Standort: Tokio/J
Bildnachweis: Takumi Ota über Keiji Ashizawa
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