Wohnheim für Mädchen in Leeuwarden
Außenrollos in kräftigem Orange und schlichtem Grau
Eine sichere Festung ist das dreigeschossige Gebäude im Südosten der niederländischen Stadt Leeuwarden. Und das liegt nicht an seiner früheren Nutzung als Polizeirevier, sondern an seiner heutigen als Wohnheim. Die Veilige Veste bietet rund 50 Mädchen aus aller Welt ein neues, sicheres Zuhause. Sie alle sind in ihrer Vergangenheit dem Menschenhandel, erzwungener Prostitution oder Misshandlung zum Opfer gefallen. In Leeuwarden sollen sie die Chance erhalten, ein neues Leben zu beginnen. Geplant wurden die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen des in den frühen 1970er Jahren errichteten Gebäudes vom Architekturbüro KAW aus Groningen.
Gallerie
Während das Tragwerk des dreigeschossigen Bauwerks mit nahezu quadratischem Grundriss erhalten blieb, ist die ehemals unscheinbare graue Fassade einer expressiven Gebäudehülle gewichen. Rundum holzverkleidet bildet das Erdgeschoss den Sockel des Wohnheimes aus. Hier sind auf rund 1.600 m² Büroräume, Besprechungs- und Behandlungszimmer untergebracht. Die mittig im Gebäudeinneren liegenden Räume werden über Oberlichter mit natürlichem Tageslicht versorgt. Darüber befindet sich an dieser Stelle ein geschlossener Innenhof. In den beiden oberen Geschossen leben die Bewohnerinnen in insgesamt sechs Wohngruppen. Gemeinschaftsküchen mit großen Aufenthaltsbereichen bilden den Mittelpunkt einer Wohngruppe aus. Jeder Bewohnerin steht ein Zimmer zur Verfügung, die sanitären Anlagen müssen sie sich teilen.
Bei der Gestaltung der markanten Fassade ließen sich die Architekten von dem Künstlerduo Christo und Jeanne-Claude inspirieren, die Bauwerke wie den Reichstag in Berlin komplett mit einem Gewebe verhüllten. Statt Stoff erhielt das ehemalige Polizeirevier in den oberen beiden Geschossen eine weiße Außenhaut aus metallenen Sandwichplatten. Diagonal abgewinkelte Quadrate mit einer Kantenlänge von 3,60 m wurden wechselseitig vor den Außenmauern der beiden Obergeschosse befestigt, sodass das gesamte Gebäude stark plastisch wirkt und laut Architekten, den Eindruck eines geschliffenen Diamanten erweckt. Einen warmen Kontrast zum kühlen Weiß bilden die Wände zum Innenhof, die mit Holz- und bronzefarbenen, anodisierten Aluminiumpaneelen verkleidet sind. Mit der neuen, wärmegedämmten Außenhülle erreicht das Gebäude den Passivhaus-Standard, an manchen Stellen ist die Fassade um bis 50 cm dicker als zuvor.
Sonnenschutz
Vor allen Fenstern des Wohnheimes sind
Außenrollos angebracht. An den weißen Gebäudefronten leuchten sie
in einem knalligen Orange, zum Innenhof hin und im Erdgeschoss
wählten die Planer ein schlichtes Grau. In heruntergefahrenem
Zustand sind sie zwar lichtdurchlässig, absorbieren aber bis zu 85%
der auftreffenden Sonnenstrahlen und wirken damit einer
sommerlichen Überhitzung entgegen. Zugleich schützen sie vor
unerwünschten Einblicken.
Die Außenrollos bestehen aus einem wind- und wetterfesten
Glasfasergewebe, das außerdem UV-resistent ist, was ein Ausbleichen
der Farben verhindert. Jedes Rollo ist stufenlos
arretierbar und lässt sich unabhängig voneinander elektrisch
steuern und damit den Gewohnheiten und Ansprüchen der Nutzer
anpassen. In hochgefahrenem Zustand sind die Rollos kaum zu
sehen, da sich alle konstruktiven Elemente in einem Kasten
befinden, der versteckt in der Fassadenebene untergebracht ist.
Farblich wurde der Rollokasten der jeweiligen Fassade angepasst –
nach außen ist er weiß, zum Innenhof grau.
Bautafel
Architekten: KAW Architecten en Adviseurs, Groningen
Projektbeteiligte: Technion, Heerenveen (Installationsplanung); Econ Struct, Leeuwarden (Tragwerksplanung); Polux, Medemblik (Fassade); De Haan Westerhoff, Drachten (Sonnenschutz)
Bauherr: Woon Friesland, Leeuwarden
Fertigstellung: 2012
Standort: Holstmeerweg 1, 8936 AS Leeuwarden
Bildnachweis: Gerard van Beek Fotografie, Drachten
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