Wohngebäude in Madrid-Carabanchel/E
Geschosshohe Klappläden aus Bambusmatten
Im Großraum Madrid leben rund 6,5 Mio. Einwohner, 250.000 davon in Carabanchel, einem Bezirk im Südwesten der Stadt. Schätzungsweise 20 bis 25% von ihnen sind – wie überall in der spanischen Hauptstadt – auf staatliche Unterstützung angewiesen. Als Mitte der 1990er Jahre der Bau einer Wohnsiedlung und eines Park beschlossen wurde, machte die Stadt klare Vorgaben hinsichtlich des Wohnungsmixes aus größeren und kleineren Einheiten sowie der Anzahl preiswerter, geförderter Wohnungen (Low Cost Housing).
Gallerie
Die Planung eines der Geschosswohnbauten stammt vom Büro Foreign Office Architects. Sie entwickelten einen fünfgeschossigen Riegel mit einer Bruttogeschossfläche von etwa 11.000 m² bei einem Budget von 5,2 Mio. EUR. Er beherbergt 93 Wohnungen, die als jeweils 13,40 m lange Röhren durch das kompakte Volumen des Hauses durchgesteckt sind. Die beidseitige Orientierung nach Osten und Westen schafft nicht nur eine optimale Querlüftung, sondern auch aus mehreren Zimmern Ausblicke auf den Park und private Gärten – ein Prinzip, dass bereits Le Corbusier für die Unités d'habitation verwendete. Zusätzlich setzten die Architekten von FOA 1,50 m tiefe Loggien vor die beidseitig vollständig verglaste Fassade. Diese schützen die Bewohner vor dem heißen Klima im Sommer und bilden eine bewohnbare Zwischenzone zwischen Gebäudeinnerem und Außenraum.
Sonnenschutz
Das gesamte Gebäude inklusive der Loggien und der Erdgeschosszonen
sind von Bambusmatten „umwickelt“. Diese bestehen aus relativ
dünnen Bambusstäben, die auf Metallrahmen aufgebördelt sind. Die
Metallrahmen sind als vertikale Klappläden vor den Loggiengeländern
konzipiert und lassen sich bei Bedarf beiseite schieben. Die
Architekten wählten Bambus nicht nur, weil es ein schnell
nachwachsendes Baumaterial ist, sondern auch eine besonders
preisgünstige Variante für den Sonnenschutz. Die Matten filtern das
in den Sommermonaten grelle Sonnenlicht, lassen dabei aber
gleichzeitig die Luft zirkulieren. So bieten sie einen guten
Sichtschutz für die Bewohner. Aufgrund seiner Hohlräume ist Bambus
außerdem extrem leicht und elastisch. Zusätzlich können die
Hohlkammern den Schallschutz verbessern – in einer dicht
besiedelten Wohngegend ein echter Pluspunkt.
Die Architekten erläutern ihr Konzept der gleichförmigen Fassadenhaut wie folgt: „In den letzten Jahren gab es eine Menge Diskussionen darüber, im Geschosswohnungsbau die äußere Erscheinung der einzelnen Wohnungen zu differenzieren. So sollten die Bewohner die Gelegenheit erhalten, sich mit ihrer Wohnung in irgendeiner Form zu identifizieren. Aber auch wenn der Anspruch nachvollziehbar und an sich interessant ist, haben die bisherigen Ergebnisse nicht überzeugt. Es kamen eher willkürliche Anordnungen heraus, die sich auf Farbe und Oberflächenkosmetik beschränkten, die zudem wesentliche Budgetmittel verschlingen.
Bei diesem Low-Cost-Wohnprojekt haben wir versucht, den
Wohnungen das Maximum an Raum, an Flexibilität und Lebensqualität
zu verschaffen. Wir radierten die Erkennbarkeit der Wohneinheiten
einschließlich ihrer Unterschiede zugunsten eines einzigen Volumens
mit homogener Haut aus. Die verschiedenen Stufen der
Differenzierung sind nicht an unseren Entwurf gebunden, sondern
gehen von den Bedürfnissen der Bewohner aus.“
Bautafel
Architekten: Foreign Office Architects (FOA), London/GB und Barcelona/E
Projektbeteiligte: Farshid Moussavi, Alejandro Zaera Polo mit David Casino, Leo Gallegos, Joaquim Rigau, Caroline Markus, Nerea Calvillo (Architekternteam); Acciona, Madrid/E (Bauunternehmer), JHS Madrid/E (Statik); Faseven Madrid/E (Elektrotechnik); Asetecnic, Madrid/E (Gebäudetechnik)
Bauherr: Empresa municipal de la vivienda y suelo/E
Fertigstellung: 2007
Standort: Carabanchel, Calle de los clarinetes, Ecke Calle de las tubas, Madrid/E
Bildnachweis: Hugh Pearman; Sergio Padura
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