Umbau Wohnblock in Madrid
Sonnengelber Ordungshüter
Eine Aluminiumkonstruktion mit knallgelben Aussteller-Rollläden als Ausfachungen ist das neue Erkennungszeichen eines Wohnblocks aus den 1960er-Jahren in Madrid. Das Gebäude mit zehn Wohneinheiten steht in Manoteras im Norden der Stadt in einer der sogenannten Poblados Dirigidos – Planstädte, die ab 1950 im Umkreis von Madrid schnell und technisch einfach errichtet wurden, um dem Zuzug von Landarbeitern zu begegnen. Ihr Ausbau erfolgte teilweise durch die neuen Bewohner selbst. Die Siedlung ist eine von insgesamt sieben, und ihr sanierungsbedürftiger Zustand spiegelt die Situation der Mieter wieder, die teilweise mit dem sozialen Abstieg kämpfen.
Gallerie
Der Entwurf von Estudio Bher ging siegreich aus einem Architekturwettbewerb hervor, mit dem nach einer Strategie zur Aufwertung der vernachlässigten Quartiere gesucht wurde. Das fünfgeschossige Gebäude in der Calle de San Pedro de Cardeña dient als Pilotprojekt für zukünftige Transformationen. Neben der Fassadensanierung schloss der Umbau auch Maßnahmen ein, die eine barrierefreie Erschließung ermöglichen. So verlängerten die Architekten das Treppenhaus in den Straßenraum, um unter anderem für einen Aufzug Platz zu schaffen. Zum Eingang führt eine Rampe.
Respektvoller Umgang
Über die Jahre haben die Bewohner individuelle Änderungen an ihren
Wohnungen vorgenommen, die sich auch an der Fassade
abzeichneten. Fenstergrößen wurden verändert, Loggien
verschlossen und der Fassade allerlei Elemente zugefügt. Die
ursprüngliche Architektursprache wurde überformt, sodass die
Nachkriegsbauten heute älter wirken als sie sind. Fast erinnern sie
an Slums.
Die Architekten ließen die bestehende Mauerwerksfassade zunächst verputzen und weiß streichen. Im Bereich der Fenster und Balkone wurde dem Wohnblock die zweite Gebäudehülle mit den Sonnenschutzelementen vorgehängt, hinter der die uneinheitlichen Fenstergrößen und individuellen Ausbauten verschwinden. Dadurch, dass diese Elemente beim Umbau unverändert blieben, zeigen die Planer auch Respekt vor den Bewohnern – immerhin haben diese viel Geld und Zeit in die Anpassungen investiert, die ihren individuellen Wünschen entsprachen.
Sonnenschutz: Bewährte Mittel, modern interpretiert
Sonnenschutzsysteme in grellem Gelb fachen die Aluminiumkonstruktion der neuen Vorhangfassade aus. Überwiegend kommen ortstypische Aussteller-Rollläden zum Einsatz. Ergänzt werden sie durch feststehende, halb geöffnete Horizontallamellen, die als Balkonbrüstungen dienen. Beide Systeme bestehen aus pulverbeschichtetem Aluminium.
Die Sonnenschutzanlagen haben das Erscheinungsbild der Fassaden vereinheitlicht und tragen beträchtlich zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs bei. Die Rollläden erlauben eine partielle Verschattung oder komplette Verdunkelung. Durch die Ausstellmöglichkeit ist eine permanente Versorgung mit Frischluft gewährleistet.
Noch nachhaltiger aber ist sicherlich der aufwertende Effekt auf
den Stadtraum: Die neue Fassade ist eine moderne Interpretation des
Altbewährten. Die Sonnenschutzanlagen sind konventionell und
zugleich eine auffällige Intervention in der Tristesse der
Vorstadt. Ihr grelles Gelb zieht die Blicke auf sich, verleiht der
Fassade aber auch eine Ordnung, die sich jener der ursprünglichen
Komposition annähert. -sr
Bautafel
Architekten: Estudio Bher, Madrid
Projektbeteiligte: Francisco Daniel Melchor Gallego (Bauleitung); José María Guitían Diaz (Energiekonzept); Fernandez Molina Obras Y Servicios, Madrid (Bauausführung)
Bauherr: Comunidad de Propietarios de San Pedro de Cardaña 50
Fertigstellung: 2018
Standort: Calle de San Pedro de Cardeña 50, 28033 Madrid, Spanien
Bildnachweis: Javier Bravo / Ana Patricia Rodríguez, Madrid; Zeichnungen: Estudio Bher Arquitectos, Madrid
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