Mikroapartments in Hannover
Reduzierte Wohnfläche ohne Komforteinbußen
Kleinstwohnungen boomen. Einerseits erfüllen sie bestens die Bedürfnisse von Pendlern, Studierenden oder Singles – andererseits können sie auch als Reaktion auf den überteuerten Wohnungsmarkt und den Trend zum privaten „Downsizing“, also dem Reduzieren des persönlichen Bedarfs bzw. Verbrauchs von Platz, Rohstoffen und Konsumgütern verstanden werden. Auch das Wohnungsunternehmen Hanova Wohnen der niedersächsischen Landeshauptstadt setzt auf Mikroapartments: Im lebendigen Stadtteil Hannover Nordstadt hat es nach Plänen des ortsansässigen Büros ASP Architekten Schneider Meyer Partnerschaft auf einer ehemaligen Industriebrache einen neuen Wohnungsbau realisiert. Mit dem sechsgeschossigen Mauerwerksbau entstanden insgesamt 117 Wohnungen, darunter 111 Mikroapartments.
Gallerie
Zwei Gesichter
Das L-förmige Volumen des Neubaus setzt die bestehende Blockrandbebauung fort und bildet zur großen Straßenkreuzung im Osten eine Ecksituation aus, die von den Architekten durch einen zweigeschossigen Einschnitt markant ausformuliert wurde. Hier liegt der überdachte Eingangsbereich, der zudem durch messingfarbene Alu-Paneele besonders akzentuiert ist.
Zum Innenhof ist das Volumen abgestuft und reagiert so auf die Höhe der Nachbarhäuser. Die Differenzierung von Straßen- und Hofseite des Gebäudes wird auch durch die Fassadengestaltung unterstrichen: Die straßenseitige Fassade wurde mit einem Verblendmauerwerk aus Klinkern ausgeführt, wohingegen die hofseitige Fassade über dem backsteinverkleideten Sockelgeschoss hell verputzt wurde.
Barrierefreie Mikroapartments
Die effiziente Gliederung des Gebäudes erinnert an Wohnungsbauten der Moderne: Jeweils zur Hof- und Straßenseite liegen Standardapartments, die von einem mittig liegenden Korridor erschlossen werden. Auch das Programm des Projekts klingt wie eine zeitgenössische Variante moderner Architekturideale: Das Gebäude bietet einen gemeinsamen Waschsalon, Fahrradstellplätze und eine gemeinschaftliche Dachterrasse. Das Gebäude wurde als KfW-Energiehaus 55 umgesetzt und mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ausgestattet. Nicht zuletzt sind alle Wohneinheiten barrierefrei und 13 Wohnungen rollstuhlgerecht gestaltet.
Im Erdgeschoss befindet sich ein Trauma-Zentrum mit einem kleinen Garten zur Hofseite. Um die Therapiebereiche zu schützen, ist deren Erschließung von dem restlichen Gebäude abgekoppelt. In den Obergeschossen befinden sich die im rechten Winkel zur Fassade ausgerichtete Mikroapartments mit einer Wohnfläche von 24 bis 33 Quadratmetern. Die Einheiten wurden mit hellem Parkettboden und einer modernen Pantry-Küche ausgestattet. Sollten sich die Nutzerbedüfnisse ändern, können zwei oder mehr Apartments recht einfach zu einer größeren Wohnung umgebaut werden. Der standadisierte Aufbau der Miniwohnungen ermöglichte zudem eine kurze Bauzeit.
Die größeren Wohnungen sind zur Hofseite ausgerichtet. Weitere sechs Wohnungen mit einer Größe von 35 beziehungsweise 65 Quadratmetern für rollstuhlgerechtes Wohnen mit besonderem Platzbedarf liegen am Erschließungskern. Jede Wohnung ist mit großen, bodentiefen Fenstern ausgestattet.
Klinker und Kalksandstein
Das Tragwerk des Neubaus basiert auf einem System von Mauerwerks-Querschotten zwischen jedem zweiten Apartment. Diese effiziente Lastabtragung ermöglichte eine kostengünstige Konstruktion. Die massiven, zweischaligen Außenwände haben eine Stärke von 60 cm. Um die Bewohner des Hauses vor dem Lärm der vielbefahrenen Kopernikusstraße und des Weidendamms zu schützen, wurden sie aus 24 cm starken Kalksandstein-Plansteinen in Kombination mit Stahlbeton errichtet. Aufgrund der hohen Rohdichte der Kalksandsteine wird so ein ausgesprochen guter Schallschutz gewährleistet. Zugleich verkürzt das Bausystem die Arbeitszeiten auf der Baustelle und konnte somit Kosten einsparen.
Die Vormauerschale besteht aus unterschiedlich changierenden, rotbraunen Klinkern im Dünnformat mit den Maßen 240 x 115 x 51 mm im Wilden Verband. Der Gebäudeeinschnitt, der den Eingang markiert, und die zurückspringende Sockelzone an der Südostfassade sind durch vorspringende Steinschichten akzentuiert. Das Gegenstück dazu bilden Zierfenster aus zurückgesetzten Steinschichten an der straßenseitigen Nordostfassade vom dritten bis sechste Obergeschoss oberhalb des Eingangs, die in ihren Abmessungen die tatsächlich vorhandenen Fenster als Reihung optisch fortführen. -lw
Bautafel
Architektur: ASP Architekten Schneider Meyer Partnerschaft, Hannover
Projektbeteiligte: Drewes + Spethm Hannover (Tragwerksplanung); H2A – v. Heeren Habibi Architekt und Ingenieur, Hannover (Bauphysik, Energieberatung); Ingenieurbüro Nina Keil, Burgdorf (Brandschutz); Wittmunder Klinker, Wittmund (Vormauerziegel); KS-Original, Hannover (Kalksandstein; verwendetes Produkt: Planelemente KS-XL PE 200-498, Bausystem KS-PLUS)
Bauherrschaft: Hanova Wohnen, Hannover
Fertigstellung: 2018
Standort: Kopernikusstraße 7a - 7b, 30159 Hannover
Bildnachweis: Olaf Mahlstedt, Hannover
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