Zwillingshäuser in Rodenbach
Kalksand-, Bimsstein und Stahlbeton
„Willkommen in Ramstein Air Base, dem Tor nach Europa” - so begrüßt die US Air Force auf ihrer Website die Neuankömmlinge, die hier für durchschnittlich vier Jahre stationiert sein werden. Rund um den Stützpunkt haben sich über die Jahre Siedlungen entwickelt, die geprägt sind durch die vermeintlichen Vorlieben der Amerikaner: Einfamilien- und Doppelhäuser mit Säuleneingängen, Erkern, Wintergärten und Gauben, pompösen Zufahrten und Vorgärten. Eine Architektur, die - anderen deutschen Vororte ähnlich - gerade dort ins Banale kippt, wo sie das „Besondere“ sucht.
Gallerie
Zwei schöne Ausnahmen finden sich in Rodenbach, einem Vorort von Kaiserslautern, wo die Architekten Andrea Uhrig und Dirk Bayer im Auftrag zweier Bauherren Zwillingshäuser schufen, die nicht durch raumgreifende Wintergärten und Erkern, sondern durch das Wegnehmen geprägt sind: durch Einschnitte und Aussparungen.
Dieses Konzept ergab sich aus der strikten Befolgung des Bebauungsplans und der Notwendigkeit, für unbekannte, häufig wechselnde Mieter zu planen. In Ermangelung konkreter Nutzer und deren familiärer Bedürfnisse suchten die Architekten Inspiration im Zitat amerikanischer Architekturklischees, wie etwa Veranda, Form des hölzernen Präriehauses oder auch der unvermeidlichen Vorfahrt. Die Kompetenz des Entwurfes liegt darin, dass er diese Stilelemente nicht wortwörtlich zitiert, sondern sie vielmehr auf ein adäquates Maß herunter bricht.
Die Zwillingshäuser liegen nicht direkt neben einander, sondern markieren - lediglich horizontal gespiegelt - die Straßenecken eines Karrees. Berg- und Hangseite der Häuser unterscheiden sich nicht nur durch die unterschiedlichen Neigungswinkel der Satteldächer, sondern auch durch die Größe der Fensteröffnungen: Während die im Norden, zum Berg hin orientierten Nebenräume nur kleine Fensteröffnungen benötigen, öffnen sich die nach Süden weisenden Wohnräume mit großzügigen Fensterreihen.
Eine in den Hang eingeschnittene Garage bildet den Sockel für eine über die gesamte Südseite führende Veranda. Diese erweitert in den warmen Monaten den durchgehenden, großzügigen Wohn- und Essraum des Erdgeschosses um ein Zimmer im Freien und kann mit hellen Markisen zur Straße geschlossen werden. Im Obergeschoss finden sich drei gleich große Räume, deren Nutzung variabel ist. Anstatt das Haus mit Anbauten und Überständen zu versehen, haben die Architekten sowohl die Veranda, als auch den Zugangsbereich in das Gebäudevolumen hinein genommen.
Mauerwerk
Sowohl in der Konstruktion als auch in ihrer Materialität fügen
sich die Häuser durchaus in die lokalen Bautraditionen. Bedingt
durch die spezifischen statischen Erfordernisse kamen
unterschiedliche Materialien zum Einsatz. Die tragenden Wände des
Kellergeschosses bestehen aus Stahlbeton, die nichtragenden
Innenwände aus Bimssteinmauerwerk. Im Erdgeschoss wurden die Außen-
und Innenwände durchgängig mit Bimsstein und Kalksandstein gemauert. Da die Außenwände durch
das auskragende Obergeschoss einer höheren Druckbelastung
ausgesetzt sind, erhielten diese eine Stärke von 36,5 cm. Die
seitliche Wandscheibe wurde aus Stahlbeton errichtet. Im
Obergeschoss weist die Außenwand im Bereich der Auskragung über dem
Eingangsbereich einen Stahlbetonüberzug auf, die weiteren
Außenwände und auch die Innenwände hingegen bestehen wieder aus
Bimssteinmauerwerk.
Um den Anforderungen der zur Fertigstellung gültigen EnEV 2007 zu genügen, sind alle Außenwände mit einem Wärmedämmverbundsystem und anschließend mit einem hellgrauen Putz versehen worden. An den Wand- und Deckenflächen der Gebäudeeinschnitte wurde der Putz im Kontrast zu den Flächen heller abgetönt.
Bautafel
Architekten: Bayer | Uhrig Architekten BDA, Kaiserslautern
Projektbeteiligte: Moritz Alken (Mitarbeiter im Architekturbüro); Ingenieurbüro für Baustatik Wolfgang Berndt, Kusel (Statik)
Bauherren: Heinz J. Fuchs und Dr. Marcus Fuchs
Fertigstellung: 2007
Standort: Rodenbach bei Kaiserslautern
Bildnachweis: Michael Heinrich, München
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