Drei Sozialwohnungsbauten in Pantin
In Backstein gehülltes Ensemble auf ehemaligem Industrieareal
Weltweit sind Architekten und Städteplaner damit beschäftigt, ehemaligen Industriegebieten ein neues Gesicht zu geben. Eines dieser Umnutzungsprojekte befindet sich im Großraum Paris, in der Banlieue Pantin. Den Auftakt machte kurz nach der Jahrtausendwende die Umwandlung der historischen Getreidemühlen, die die Bewohner der Hauptstadt seit dem 19. Jahrhundert mit Mehl versorgt hatten, zu einem Bürokomplex. 2014 wurde dann das Gebiet rund um die Grands Moulins de Pantin zur Zone für konzentrierte Stadtentwicklung erklärt (ZAC) – ein raumplanerisches Mittel, das für Planungsverfahren von großmaßstäblichen Entwicklungen angewendet wird. Auf sieben Parzellen sind in den Folgejahren neben Büros insgesamt 400 Wohnungen, davon 144 Sozialwohnungen, realisiert worden. Das jüngste Projekt sind drei nach Plänen des Büros Avenier Cornejo Architectes errichtete Sozialwohnungsbauten an der Rue Danton, direkt am Canal de l’Ourcq. Sie beherbergen insgesamt 88 Wohneinheiten und eine Gewerbeeinheit.
Gallerie
Trio aus Individualisten
Die Architekten hüllten alle drei Mehrfamilienhäuser in Backstein, ein
Material, das auch für Industriebauten oft verwendet wurde. Im Plan
folgen die Baukörper der Form der Parzellen und bilden gemeinsam
mit zwei Bestandsbauten im Westen einen zum Wasser hin offenen
Platz aus. Die Gebäude alternieren in Geschosshöhe – drei bis vier
Obergeschosse mit jeweils zwei Attikageschossen – und in ihrer
Grundrissfigur. Dennoch geben sie sich aufgrund ihre Backsteinhülle
und der gleichen Fassadenstruktur als Ensemble zu erkennen. Die
unterschiedlichen Farben des Verblendmauerwerks, Hellgrau,
Anthrazitgrau und Rot, verleihen jedoch jedem Haus einen eigenen
Charakter.
Backstein: verspielt oder streng?
Die Fassaden sind durch eine rasterartige Struktur gegliedert.
Das Vormauerwerk legt sich im mittleren Läuferverband um die tragende Betonkonstruktion.
Dieses Schema wird durch zurückgesetzte Fassadenelemente
aufgelockert, in denen die Läufer mit Lücken vermauert
sind. Diese Zonen alternieren in Anordnung und Breite, liegen
jedoch immer neben Fenstern oder Balkonen und verleihen den sonst
eher strengen Fassaden Dynamik. Von allen Wohnungen aus haben die
Bewohner Zugang zu Außenräumen in Form von Loggien und Balkonen.
Die Wohnungen orientieren sich jeweils Richtung Garten, Kanal oder
Platz. Fenster und Balustraden und die sichtbaren Unterseiten der
Balkone sind in Aluminium verschiedener Metalltöne
ausgebildet.
Die Wohnungen verfügen größtenteils über offene Wohnküchen. Fliesen- und Parkettböden sowie weiß verputzte Wände erwecken einen zeitgemäßen Eindruck.
Die fünfte Fassade
Um dem Wärmeinseleffekt entgegenzuwirken – in urbanen
Ballungsräumen kommt es im Vergleich zu ländlichen Umgebungen zu
höheren Lufttemperaturen – wurden die Dächer begrünt und als
sogenannte fünfte Fassade behandelt. Die Erdschicht schützt das
Dach im Winter gegen Wärmeverluste und im Sommer vor Überhitzung.
Nicht zuletzt ist das begrünte Dach ein Refugium für Insekten und
Vögel. In Kooperation mit dem Landschaftsarchitekturbüro Bassinet
Turquin Paysage haben die Architekten entomophile Pflanzen, die
durch Insekten bestäubt werden, statt etwa durch Wind, für die
Dachbepflanzung ausgewählt. Diese sind somit auch
Nahrungsquelle für die Kerbtiere, deren Artenvielfalt stark bedroht
ist. -lw
Bautafel
Architekt: Avenier Cornejo Architectes, Paris
Projektbeteiligte: Hervé, Mantes-la-Jolie (Bauunternehmer); EVP Ingénierie, Paris / B52, Mouans-Sartoux (Beratende Ingenieure); Bassinet Turquin Paysage, Paris (Landschaftsarchitektur)
Bauherrschaft: Emerige, Paris u. a.; Semip, Pantin
Fertigstellung: 2019
Standort: 5/7/10/12 rue Danton, 93500 Pantin, Frankreich
Bildnachweis: Renou Schnepp, Berlin/ Paris; Avenier Cornejo Architectes, Paris
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