Leietheater in Deinze
Reliefartige Fassade aus glasierten und unbehandelten weißen Mauerziegeln
Das Fehlen eines Theatersaals im belgischen Deinze südwestlich
von Gent wurde von den Bürgerinnen und Bürgern als großes Manko
empfunden. Die Stadt lobte daher 2011 einen Wettbewerb für den
Bau eines neuen Kulturzentrums aus, den das junge Architekturbüro
V+ & Trans für sich entscheiden konnte. Neun Jahre später wurde das
Leietheater in direkter Nachbarschaft zum Kunstmuseum Mudel,
zwischen dem Fluss Leie im Osten und einem großen Park im Westen
fertiggestellt.
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Flache Quader und hohe Türme
Der Theaterneubau setzt sich aus einem flachen, zweigeschossigen
Sockel mit quadratischer Grundfläche und mehreren unterschiedlich
hohen, quaderförmigen Aufbauten zusammen. Durch seine Höhe ist Der
Bühnenturm weithin sichtbar. Das Erdgeschoss ist überwiegend
verglast und in Teilen mit Aluminiumtafeln verkleidet, in denen
sich die Umgebung matt spiegelt. Die oberen Volumina sind
– bis auf wenige Öffnungen – mit geschlossenen
Mauerwerksfassaden gestaltet, die je nach Wetter- und Lichtstimmung
in Weiß- und Beigetönen schimmern.
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Das Raumprogramm ist um ein zentrales Foyer arrangiert, das über
ein monumentales ovales Oberlicht mit Tageslicht versorgt wird. Ein
Café im Erdgeschoss bespielt den öffentlichen Raum und bietet
seinen Gästen einen schönen Blick in den Park. Eine Treppe aus grob
geschaltem Sichtbeton führt von hier ins erste Obergeschoss. Der
Theatersaal mit 450 festen Sitzplätzen liegt als eingeschobener
Würfel neben dem Foyer, wobei die Bühne eine deutlich höhere
Raumhöhe einnimmt als alle anderen Räume.
A Whiter Shade of Pale
Durch die Höhenversprünge im Baukörper erhält der Theaterbau
seine charakteristische Silhouette, die durch die lichte, grafisch
wirkende Mauerwerksfassade wie ein abstraktes Gemälde im Stadtraum
erscheint. Das je nach Lichteinfall unterschiedlich wirkende
Fassadenbild sei eine Hommage an den belgischen Impressionisten
Emiel Claus, schreiben die Architekt*innen.
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Die Innenwände des Theaters sind teils in Sichtbeton und teils
mit einem grobkörnigen weißen Putz ausgeführt. Die Tür- und
Fensterelemente aus Holz ergänzen den Sichtbeton um eine warme,
organische Komponente. An einzelnen Stellen setzten die
Verantwortlichen farbige Akzente, so zum Beispiel durch eine
fuchsiarote Wendeltreppe aus Stahl in den Nebenräumen. Der
Zuschauerraum ist mit Wandpaneelen aus hellem Holz
verkleidet.
Unterschiedliche Mauerwerksverbände und Reliefs
Für das Verblendmauerwerk des Theaters wurden zwei
Steintypen mit den Maßen 210 x 100 x 50 mm verwendet: ein
glasierter, glänzender weißer Ziegel und ein weißer, unglasierter Ziegel
der eher beige als weiß erscheint und somit etwas dunkler wirkt.
Jedem Gebäudevolumen wurde ein anderes Fassadenbild gegeben: Das im
mittleren Läuferverband erstellte Mauerwerk des Sockels
erhält durch die leicht aus der Flucht gedrehten Ziegel jeder
zweiten Steinreihe eine reliefartige Wirkung, glänzende und matte
Steine wechseln sich ab.
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Das Mauerwerk der darüberliegenden Volumina erhielt einen Zierverband, der sich an den Flämischen Verband anlehnt. Auf eine Reihe Läufer, folgt eine Steinreihe, in denen sich Binder und Läufer abwechseln. Die Fassade verändert sich außerdem auch farblich mit zunehmender Gebäudehöhe: Während der Sockel durch das regelmäßige Changieren der zwei Steinarten beige-weiß schimmert, wird das Mauerwerk Richtung Traufe immer heller, da immer mehr der weiß glasierten Ziegel zum Einsatz kommen. An der Fassade des Bühnenturms treten einzelne Binder um wenige Zentimeter hervor, sodass auch hier Dreidimensionalität entsteht.
Die Außenwände des Theaterbaus setzen sich von innen nach außen wie folgt zusammen: tragende Betonstruktur (Dicke variiert und erreicht bis zu 400 mm), 200 mm Mineralwolle-Dämmung, 30 mm Luftschicht, 100 mm Verblendmauerwerk. -lw
Bautafel
Architektur: V+ trans, Gent
Projektbeteiligte: Ney & partners (Statik), Brüssel; studiebureau Boydens (Technik), Gent; Daidalos Peutz (Akustik), Leuven; Theateradvies (Theaterausstattung), Westzaan
Bauherr/in: Stadt Deinze
Fertigstellung: 2020
Standort: Brielstraat 8, 9800 Deinze, Belgien
Bildnachweis: Stijn Bollaert, Brüssel; V+ trans, Gent
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