The Brickyard Retreat in Beigou
Glasierte Fliesen und rote Ziegel
Einst eine unabhängige Fliesenbrennerei am Fuße der Chinesischen
Mauer im Dorf Beigou im Pekinger Bezirk Huairou verwandelten
Einheimische mit Liebe zu Architektur und chinesischer Kultur den
stillgelegten Backsteinkomplex 2010 in ein Hotel mit dem Namen
The Brickyard Retreat. Es war eines der ersten Bauten des
ländlichen Erbes Chinas, das zum Hotel umgenutzt wurde und zog
insbesondere kulturell interessierte Touristen an. Nun wurde es im
Auftrag der neuen Inhaber nach Plänen des Büros Architekturbüro
llLab. vergrößert und erneut umgebaut. Der Ausbau eines schonenden
Tourismus unter Bewahrung von Kultur und historischer Stätten hat
bereits eine Vielzahl neuer Arbeitsmöglichkeiten für die
Einheimischen generiert. Der Kulturtourismus ist somit eine
vielversprechende Strategie für die ländliche Revitalisierung der
Region.
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Ton, Scherben, Feuer
Der Entwurf orientiert sich an drei Hauptelementen der historischen Architektur: den glasierten Fliesen als Erzeugnis der Brennerei, dem Brennofen und den roten Mauerziegeln, aus denen der gesamte Komplex errichtet wurde. Die Architekten ordneten das Raumprogramm rund um das Hauptgebäude an der Südseite des Innenhofs an. An dieser Stelle steht auch der originale Fliesenbrennofen. Im Hauptgebäude befinden sich die Rezeption sowie Räume für kleinere Events. Der nördliche Innenhof ist der Ruhe gewidmet und bietet einen Ort für Pause und Kreativität. Die roten Ziegelmauern haben Öffnungen, durch die man Ausblick auf die nahe Chinesische Mauer hat.
Der ehemalige Brennofen ist der wichtigste Teil der historischen
Fliesenwerkstatt. Um seine einzigartige Qualität hervorzuheben,
haben die Architekturschaffenden die Textur im Inneren erhalten und
nur eine zusätzliche Wand eingezogen. Die Gäste können den Raum aus
allen Winkeln erleben und zudem die mehrschichtigen
Materialablagerungen – Relikte der früheren Nutzung – besichtigen.
Den gewölbten Vorbau haben die Architekten zum Haupteingang
vergrößert, der die Bedeutung des Ofens deutlich macht.
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Alle Böden der Innen- und Außenräume wurden mit bunt glasierten
Fliesenbruchstücken belegt, die ein Mosaik formen und die
Geschichte mit einem zeitgenössischen Design und der neuen Nutzung
verbinden. Je nach Bereich variieren sie etwas in Größe und
Farbgebung und bringen so eine einzigartige Atmosphäre in jeden
Raum. Sie sprechen die Sinne der Besucher an und besitzen nicht nur
eine taktile Qualität, sondern sorgen auch für eine spezielle
Akustik. Die Dächer wurden mit glänzend grün glasierten Tonziegeln
neu gedeckt. Die grüne Farbe spiegelt einerseits die umgebende
Natur wider und ist andererseits – basierend auf der Hierarchie der
Dachfarben in der traditionellen chinesischen Architektur –
Ausdruck der Bedeutsamkeit des Gebäudes.
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Organische Ergänzung aus Mauerwerk
Die horizontale Geradlinigkeit des Bestands ergänzte llLab.
durch organisch geschwungene Mauern, die intime Bereiche schaffen.
So wie etwa der Außenpool, der von den Seiten nicht einsehbar ist.
Sie verwendeten dafür die gleichen dünnen Ziegel, die sich
auch in den Bestandmauern finden. Während sich in diesen allerdings
Läufer- und Binderschichten abwechseln, wurden die neuen Mauern im
mittigen Läuferverband erstellt. Diese klare und sehr
regelmäßige Strukturierung der Wandflächen steht im Kontrast zur
geschwungenen Form. Auch die Gestaltung der Außenbereiche mit
geschwungenen Wegen und Rasenflächen folgt diesem Motiv.
Der Entwurf von llLab. lebt von der authentischen Qualität der natürlichen Materialien und der Handwerkskunst. Zugleich aber macht der teils ungewöhnliche Einsatz der Materialien auch auf die Weiterentwicklung der Gesellschaft und deren Erzeugnisse aufmerksam. Während beispielsweise die roten Ziegel ganz klar im lokalen ländlichen Erbe verankert sind, nutzen die Verantwortlichen sie mit großer Autonomie, um einen neuen Ausdruck zu finden. Das Umdenken von Materialien und Konstruktion steht im Zeichen des Dialogs zwischen dem urbanen und ländlichen Lebensstil. -sh
Bautafel
Architektur: llLab., Schanghai
Projektbeteiligte: Luis Ricardo, Hanxiao Liu (Projektpartner); Lingling Liu, Yujun Yan, Fei Chen, Yihui Zhao, Henry D’Ath, Matt Eshleman, Lingkong Yin, Ziyu Wie, Camilo Espitia, Anqi Zhu, Jie Yu (Projektteam); LaLu Structural Consulting (Tragwerk); Wenjie Xu, Yi Wang and their team (Ausführung); Beijing Sheng He Li, Peking (Innenarchitektur)
Bauherr/in: 2049 Investment Group, Chaoyang District, Peking
Fertigstellung: 2021
Standort: CHJ2+C54, Beigou Village, Huairou District, Peking, China, 101405
Bildnachweis: Arch-Exist Photography, Chengdu
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Entenfangweg 15
30419 Hannover
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