Besucherzentrum Schloss Heidelberg
Sichtmauerwerk aus gespaltenen Sandsteinblöcken
Das Heidelberger Schloss zählt zu den bekanntesten Bauwerken in Deutschland. Erbaut in der Renaissancezeit, wurde es seit dem Dreißigjährigen Krieg mehrfach teilweise zerstört, bis es im 18. Jahrhundert vollständig aufgegeben wurde. Heute besichtigen über eine Million Besucher jährlich die aufwendig konservierte Ruine oberhalb der Stadt.
Gallerie
Mit dem Besucherzentrum von Max Dudler entstand erstmals
seit 400 Jahren ein Neubau auf dem Schlossgelände. Das monolithisch
wirkende Gebäude befindet sich außerhalb des alten Wehrrings am
Eingangsportal zwischen dem kleinen Gartenhaus und der unter
Friedrich V. errichteten Sattelkammer. Es ist mit dem
gleichen Sandstein verkleidet, der sich überall auf dem
Schlossgelände sowie in der Umgebung findet. Sein trapezförmiger
Grundriss vermittelt zwischen den unterschiedlichen Gebäudetiefen
der beiden angrenzenden Bauten. Zudem verspringt die Attika des
ein- bis zweigeschossigen Flachdachbaus mehrmals und nimmt dabei
die Traufhöhen der Nachbargebäude auf.
Die über zwei Meter tiefen Laibungen der Fenster wiederholen die
Formensprache der angrenzenden Sattelkammer mit den ebenfalls tief
eingeschnittenen, großformatigen Öffnungen. Gegenüberliegende
Fenster in der Nord- und Südfassade des Besucherzentrums erlauben
den Blick durch das Gebäude hindurch auf die historische Sützmauer.
Die Außenwände sind jedoch nicht ganz so massiv wie sie erscheinen,
denn sie nehmen in ihrem Inneren Nebenräume und Treppen auf.
Dadurch bleibt der Raum dazwischen frei für Wartebereich und Shop
mit Kasse. Einbuchtungen in den Wänden bieten Platz für Vitrinen,
Regale und Sitzgelegenheiten u.a. für die Gruppen, die auf eine
Führung warten. Daneben beherbergt das Gebäude einen Konferenzraum,
Sozialräume und die unverzichtbaren Toiletten.
Eine besondere Herausforderung stellte die Steuerung des Besucherandrangs dar. Durch die Organisation der Raumfolge schufen die Architekten eine Art räumliches Leitsystem. Es führt von der Eingangshalle über die innenliegende Treppe hinauf zum museumsdidaktischen Raum im ersten Obergeschoss. Von dort gelangen die Besucher auf die Dachterrasse mit Blick auf das Schloss. Über eine Außentreppe auf der Rückseite führt der Weg zurück nach unten.
Im Gegensatz zur rauen Außenhaut wirkt das Innere des Gebäudes glatt und ebenmäßig. In die weißen Wände und Decken sind die schmalen Fensterrahmen, die Türzarten und Holztäfelungen sowie die schlichten Leuchtenfelder bündig eingesetzt. Der Bodenbelag besteht aus einem hellblauen, geschliffenen Terrazzo. Die Sockelleisten aus dem gleichen Material schließen ebenfalls bündig mit der Wand ab. Alle festen Einbauten in den Einbuchtungen, aber auch die Türen und sonstige Ausstattungsgegenstände sind aus Kirschholz gefertigt.
Mauerwerk
Für die Fassade wählte der Architekt den für Heidelberg typischen
Neckartäler Sandstein. Dieser wurde maschinell gespalten und zu
einem aus verschieden hohen Schichten aufgebauten Verband
verarbeitet, der als zeitgenössische Interpretation des von Hand
behauenen Bruchsteinmauerwerks der historischen Stützmauer zu
verstehen ist. Die Außenwandkonstruktion ist 51 cm dick und
zweischalig ausgebildet. Vor der tragenden, 24 cm starken
Stahlbetonwand sorgt eine 12 cm dicke Dämmschicht für den
notwendigen Wärmeschutz. Eine Luftschicht von 4 cm hinterlüftet das
9 cm starke Sichtmauerwerk.
Die rauen Sandsteine sind mit Natursteinmörtel zu einem
Mauerwerk verarbeitet, dessen Fugen auf ein Mindestmaß reduziert
wurden, um ein möglichst homogenes Erscheinungsbild zu erzielen.
Die einzelnen Steinschichten variieren in der Höhe zwischen 10, 15,
20 und 25 cm. Bei der Länge der Sandsteinblöcke wurde darauf
geachtet, dass sie mindestens das 1,5-fache der Höhe
betragen.
Bautafel
Architekt: Max Dudler, Zürich
Projektbeteiligte: Simone Boldrin, Max Dudler (Projektleitung); Plan-Art, Kaiserslautern (Bauleitung); Ingenieurbüro Schenck, Neustadt/W. (Tragwerksplanung); IFG Ingenieurgesellschaft für Gebäudetechnik, Frankenthal (Haustechnik); ITA Ingenieurgesellschaft für technische Akustik, Wiesbaden-Delkenheim (Bauphysik/Akustik); Thomanek Duquesnoy Boemans Landschaftsarchitektur, Berlin (Außenanlagen); Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser, Bamberg (Sandsteine)
Bauherr: Land Baden-Württemberg vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Mannheim
Nutzer: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
Fertigstellung: 2011
Standort: Heidelberger Schloss, Schlosshof 1, 69117 Heidelberg
Bildnachweis: Max Dudler, Zürich; Fotos: Stefan Müller, Berlin
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