Krematorium auf dem Skogskyrkogården in Stockholm
Handgefertigter flacher Ziegel für Fassade, Dach und Boden
Der Skogskyrkogården im Süden von Stockholm ist einer der beeindruckendsten Friedhöfe der Welt und in seiner harmonischen Verbindung von Landschaft und nordisch moderner Architektur zu Recht als Unesco-Weltkulturerbe gewürdigt. Der 108 Hektar große Waldfriedhof mit seinen eingestreuten Kapellen, Hallen und Grabfeldern ist das Werk der Architekten Gunnar Asplund und Sigurd Lewerentz, die zum Wettbewerbsgewinn 1915 gerade 30 Jahre alt waren. Erst 1940 wurde als letztes Gebäude das Krematorium nach Asplunds Plänen fertig gestellt. Im selben Jahr verstarb der Architekt; sein Grab befindet sich in Skogskyrkogården.
Gallerie
Inzwischen ist ein neues Krematorium erforderlich geworden. Den 2009 ausgeschriebenen Wettbewerb für diese in mehrfacher Hinsicht nicht einfache Aufgabe gewann das Büro des schwedischen Architekten Johan Celsing mit einem Entwurf, der das Raumprogramm in einem kompakten und flachen Baukörper aus Backstein unterbringt. Etwa 150 Meter östlich der großen Kolonnadenvorhalle des alten Krematoriums liegt nun der Neubau weit weniger monumental zwischen hundert Jahre alten hohen Kiefern. Alle seine Außenflächen – die Fassaden und die unterschiedlich stark geneigten Dachflächen – sind aus rot-braunen Ziegelsteinen gemauert. Und wo sich aus der großen zusammenhängenden Dachfläche ein Vordach heraus löst und am Ende eines Weges aus Granitplatten den Eingang für die Trauergäste markiert, ist auch die Bodenfläche mit rotem Ziegel ausgelegt.
Der im Verhältnis zu den notwendigen technischen Räumen kleine öffentliche, bzw. halböffentliche Bereich umschließt ein zentrales Atrium, das den Mitarbeitern, die hier ihre Büros und Nebenräume haben, als Pausenhof dient. Den Besuchern ist hier neben einer Wartehalle vor allem der kleine, von einer Tonnendecke überwölbte Zeremoniensaal vorbehalten, der dem Gedenken und Abschiednehmen am Sarg oder an der Urne dient. Der archaische lichte Raum ist fensterlos und erhält durch eine Öffnung oberhalb der rückwärtigen Wand Tageslicht. Die aus weiß glasierten Hochlochsteinen gemauerten Stirnwände reflektieren das wechselnde Sonnenlicht und sorgen gleichzeitig für eine gute Akustik im Raum. In sämtlichen Innenräumen wurde auf dem Boden ein schwedischer grau-grün melierter Brännlycke-Granit verlegt.
An der Nordostseite und damit vom fußläufigen Zugang abgewandt liegt die überdachte Einfahrt für die Leichenwagen. Von hier aus werden die Särge in den Annahmeraum gebracht und in einem der beiden Kühlräume bis zu ihrem Einäscherungstermin zwischengelagert. Quer zu den Kühlräumen liegt der große Ofenraum mit vier modernen Verbrennungsöfen. Die Kühlungs- und Lüftungsanlagen und die Akkumulatoren sind an der Südostseite des Baukörpers angeordnet.
Mauerwerk
Der Architekt Johan Celsing bezeichnet seinen Entwurf als einen
Stein im Wald und beschreibt damit die Grundidee von einem
Monolithen. Das Bekleidungsmaterial aller Außenflächen ist Ziegel,
im Gebäudeinneren dominiert weißer Sichtbeton neben den
weiß-glasierten Hochlochziegeln. Der durchgängig verwendete
Ziegelstein für außen ist der sogenannte Kolumba-Ziegel, der
bereits 2000 für das Kolumba Museum in Köln entwickelt wurde. Sein
betont langes und flaches Format mit Abmessungen von 528 x 108 x 37
mm (Länge x Breite x Höhe) unterstreicht die geduckte Flachheit des
Baukörpers und sein Farbton, hier in Rotbraun, fügt sich zu den
Farben der langen Stämme der umstehenden Nadelbäume und des
Waldbodens.
Die Tragstruktur des Krematoriums ist in Stahlbeton vor Ort erstellt und anschließend mit den Ziegeln im wilden Verband mit nicht bündigen Lagerfugen als Vorsatzschale verkleidet worden. Zugunsten einer monolithischen Erscheinung wurde das flach geneigte Dach ohne Überstände ausgebildet. Die Südostfassade ist zur Belüftung der dahinter liegenden Technikräumen als halb offene Konstruktion mit regelmäßigem Lochmuster gemauert worden.
Im überdachten Eingangsbereich an der Südwestecke, wo sich die
Angehörigen versammeln und sammeln können und der an die Vorhalle
von Asplunds erster Waldkapelle erinnert, sind sämtliche Flächen
mit Ziegeln bekleidet – auch die Dachuntersicht und der Boden,
der sich in dieser Form noch in die innen liegende Wartehalle
erstreckt. Einzig eine Rundstütze ist hier aus grauem Granit
gefertigt.
Bautafel
Architekten: Johan Celsing Arkitektkontor, Stockholm
Projektbeteiligte: Tyréns, Stockholm (Tragwerksplanung); Anders Dahlbeck VVS Konsult, Sollentuna (Heizung, Lüftung, Klimatechnik); Sonny Svenson Konsult, Stockholm (Elektro); Akustikon, Stockholm (Akustik); Müller Illien Landschaftsarchitekten, Zürich (Freiraumplanung); Skanska, Solna (Hoch- und Tiefbau); Petersen Tegl, Broager, Dänemark (Klinker)
Bauherr: Stockholms Kyrkogårdsforvaltning
Fertigstellung: 2013
Standort: Skogskyrkogården, Sockenvägen 492, 12233 Enskede/Stockholm, Schweden
Bildnachweis: Ioana Marinescu, London; Erik Hugoson, Stockholm
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