Hauptsitz des Tabakkonzerns JTI in Genf
Closed Cavity-Fassade mit absturzsichernder Verglasung
Keine zwei Kilometer beträgt die Entfernung zwischen dem Sitz der Weltgesundheitsorganisation und der Firmenzentrale der Japan Tobacco International (JTI). Das Unternehmen gehört zu den weltweit größten Zigarettenherstellern und leitet von hier aus sein internationales Tabakgeschäft. In unmittelbarer Nähe zum Genfer See hat es sich einen markanten Neubau errichten lassen. Rundum verglast und teils keilförmig nach oben ragend, entstand er auf einem ehemaligen Industriegelände nach Plänen der Architekten Skidmore, Owings & Merrill (SOM).
Gallerie
Um ausreichend Platz für die rund 1.000 Mitarbeiter zu schaffen, entschieden sich die Planer für eine möglichst effiziente Ausnutzung des dreieckigen Grundstücks, statt in die Höhe zu bauen und damit die Skyline der Schweizer Stadt zu dominieren. An seiner südlichen Spitze erreicht der Bau dennoch eine Höhe von 51 Metern, wird dann flacher und steigt an der nordöstlichen Gebäudeecke wieder an. An beiden Eckpunkten befinden sich ebenerdig breite Durchgänge in einen öffentlich zugänglichen Hof zwischen den drei Gebäuderiegeln. Die Spannweiten, die an diesen Stellen von der tragenden Konstruktion überbrückt werden, betragen an der einen Ecke 60 Meter, an der anderen 75 Meter.
In den neun oberirdischen Geschossen mit einer Fläche von insgesamt 28.000 Quadratmetern befinden sich offene Bürolandschaften, etliche Tagungsräume, Gemeinschaftsarbeitsplätze und Aufenthaltsbereiche, Konferenzsäle und ein Auditorium, außerdem ein Fitnessstudio, ein Panoramarestaurant und zwei Dachterrassen. In einer 1.162 Quadratmeter großen Kindertagesstätte werden die Sprösslinge der Mitarbeiter betreut, die zwei unterirdischen Parkebenen bieten Platz für 158 Autos, 150 Fahrräder und ebenso viele Motorräder. Der Neubau bietet den Beschäftigten nicht nur optimale Arbeitsbedingungen, er entspricht auch dem Minergiestandard, einem am niedrigen Energieverbrauch orientierten Gebäudezertifizierungssystem der Schweiz.
Glas
Die Elementfassade des Neubaus besteht aus 1.277 geschosshohen
Metall-Glas-Modulen, die vorgefertigt auf der Baustelle vor den
neun oberirdischen Etagen montiert wurden und eine Fläche von
insgesamt 18.500 Quadratmetern bedecken. Die Gebäudegeometrie
erforderte die Verwendung von insgesamt 143 unterschiedlich
geformten Elementen, wobei das Standardmodul ein Gewicht von 1,5
Tonnen und Abmessungen von 3,00 auf 4,20 Meter aufweist. Jedes
Modul setzt sich aus zwei dreiecksförmigen, unterschiedlich
geneigten Modellscheiben zusammen. Ihre Anbringung in der
Fassadenebene erfolgte jeweils mit Versatz zu den benachbarten
Modulen, um der Fassade Plastizität zu verleihen.
Neben der technischen Gebäudeausstattung trägt die Fassade auch zur Energiereduzierung des Gebäudes bei. Hierzu wurden die Module doppelschalig ausgebildet: Auf der Innenseite besitzen sie eine Dreifach-Isolierverglasung, auf der Außenseite eine Einfachverglasung aus Einscheibensicherheitsglas (ESG). Um Energieverluste über die Glasfläche zu minimieren, wurden zwei der drei Glasschichten der inneren Verglasung mit Low-E-Beschichtungen versehen. Sie reduzieren die solare Sonneneinstrahlung im Sommer und Wärmeverluste im Winter.
Wesentlicher Nachteil doppelschaliger Fassadensysteme ist die
aufwendige Reinigung des Elementzwischenraums. Um diesen
Schwachpunkt zu umgehen, entschied man sich für das sogenannte
Closed Cavity-Fassadensystem (CCF), bei dem der Raum zwischen der
inneren und äußeren Ebene hermetisch von der Atmosphäre abgekapselt
ist. Dem Innenraum wird mit einem leichten Überdruck getrocknete
und gereinigte Luft zugeführt, die eine Kondensatbildung oder
Schmutzablagerung unterbindet. Eine Reinigung des
Fassadeninnenraums kann dank dieser Konstruktion entfallen. Auch
die Breite der Fassadenebene konnte mit dem verwendeten System von
üblicherweise 800 Millimeter auf die Hälfte, also auf 400
Millimeter reduziert werden. Aufgrund der geschosshohen Ausführung
übernimmt die Verglasung eine absturzsichernde Funktion, sodass auf
zusätzliche Holme verzichtet werden konnte.
Bautafel
Architekten: Skidmore, Owings & Merrill - SOM, London
Projektbeteiligte: Burckhardt, Lausanne (Kontaktarchitekten); Skidmore, Owings & Merrill, London (Tragwerksplanung, Innendesign, Fassadenplanung); B + S Ingénieurs Conseil, Genf (Bauingenieure); MAB-Ingénierie, Morges und Weinmann-Energies, Echallens (Planung Gebäudetechnik); Josef Gartner, Arlesheim (Fassadenhersteller); Knight Frank, London (Projektmanagement); Implenia Suisse, Aarau (Bauunternehmer)
Bauherr: Japan Tobacco International, Genf
Fertigstellung: 2015
Standort: Rue Kazem-Radjavi 8, 1202 Genf/Schweiz
Bildnachweis: Hufton Crow, Hertford; Johannes Marburg, Genf; Adrien Barakat, Lausanne; Zeichnungen: SOM
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