Life Cycle Tower One in Dornbirn
Modulare Holz-Hybridbauweise
Die Holzarchitektur in Vorarlberg hat eine lange Tradition. So ist es kaum verwunderlich, dass in Dornbirn als dessen wirtschaftlichem Zentrum das erste achtgeschossige Holzgebäude Österreichs realisiert werden konnte. Der 27 Meter hohe, 13 Meter breite und 24 Meterm lange Büroturm wurde nach Plänen des Architekturbüros Hermann Kaufmann errichtet. Als Prototyp für ein neues Holz-Hybridbausystem trägt er den Namen Life Cycle Tower One (LCT One) und verweist damit auf ein Forschungsprojekt, das die Firma Cree mit interdisziplinären Partnern durchführte.
Gallerie
Ziel des Projektes war die Entwicklung einer ressourcenschonenden Bauweise, mit der sich mehrgeschossige Häuser in vielen Gebieten der Welt zeitsparend errichten und individuell gestalten lassen. Holz wurde verwendet, weil der nachwachsende Rohstoff fast überall verfügbar ist und sich industriell gut vorfertigen lässt. Das zu 100% recycelbare Material besitzt eine hohe Festigkeit, gute Wärmedämmeigenschaften und ein geringes Eigengewicht. Als CO₂-Speicher beeinflusst es die weltweite Klimabilanz positiv. Das modulare Holzbausystem gewährleistet demnach über den gesamten Lebenszyklus einen minimierten Ressourcen- und Energieeinsatz, auch wenn manche Komponenten in Holz-Beton-Verbundbauweise gefertigt werden.
Das Bürohaus als Firmensitz des Unternehmens Cree soll die Funktionstüchtigkeit des Holzbausystems unter Beweis stellen und bekannt machen. Neben den Büroflächen, die sich in Einheiten von 100 bis 1.600 m² unterteilen lassen, beherbergt das Gebäude den Life Cycle Hub – eine Ausstellung in den ersten beiden Obergeschossen über nachhaltige Lösungen für die Bauwirtschaft.
Nachhaltiges Bauen
Die wesentlichen Komponenten des Baukastensystems sind Kerne,
Decken und Stützen, die allesamt vorgefertigt, mit wesentlichen
Haustechnikelementen bestückt und auf der Baustelle zusammengesetzt
werden. Die Fertigstellung des Rohbaus in Dornbirn dauerte nur acht
Tage. Die Produktion der Module bei internationalen Anwendungen
soll durch Partner vor Ort erfolgen, um das regionale Handwerk und
die Holzwirtschaft zu unterstützen. Mit dem System lassen sich
Plusenergie-, Passivhaus- oder Niedrigenergie-Standards
umsetzen.
Die modulare Bauweise funktioniert ohne tragende Wände, um eine maximale Flexibilität bei der Grundrissgestaltung zu gewährleisten. Zum Tragwerk gehören Holz-Doppelstützen (Pendelstützen), Holz-Kerne und Decken, die allerdings nicht nur aus Holz bestehen. Um die Brandschutzanforderungen in hohen Gebäuden erfüllen zu können, entwickelten die Forscher eine Holz-Beton-Verbundrippen-Konstruktion. Als nicht brennbare Schicht trennt der Beton die Geschosse voneinander. Gleichzeitig lassen sich Spannweiten bis zu 9,45 m realisieren, was der Idee des stützenfreien Raums zugute kommt. Die Holzbalken bleiben sichtbar, Installationen liegen verdeckt dazwischen, sodass letztlich eine glatte Deckenuntersicht entsteht.
Im LCT One wurde aus Brandschutzgründen auch der längliche Erschließungskern an der Ostseite aus Beton gefertigt. Die übrigen Fassaden sind mit Recyclingmetall bekleidet und bilden einen Kontrast zum Gebäudeinneren, in dem Holzstützen und -balken sichtbar belassen und durch Holz an Wänden, Böden und Möbeln ergänzt wurden. Die Systemfassade lässt sich generell frei gestalten und mit bewährten Elementen bekleiden.
Das Bürogebäude wurde im Passivhausstandard errichtet. Die Temperierung der Räume erfolgt über deckenintegrierte Heiz-Kühl-Paneele, Fensterkontakte verhindern Energieverluste. Für gute Luftqualität sorgt eine Komfortlüftungsanlage mit hochwirksamer Wärmerückgewinnung, die abhängig von einer CO₂-Messung automatisch gesteuert wird. Ebenfalls Teil der Gebäudeautomation sind motorisch betriebene Jalousien zum Schutz vor Überhitzung sowie die Beleuchtung, die präsenz- und tageslichtabhängig gesteuert wird. Zur Kontrolle der Betriebskosten wird der Energieverbrauch erfasst.
Im Rahmen des Projektes „Haus der Zukunft+“ wurde der Bau des
LCT One vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie (bmvit), der österreichischen
Forschungsförderungsgesellschaft FFG und privaten Institutionen
unterstützt. Im Jahr 2013 erhielt es den Europäischen
Innovationspreis. -cr
Bautafel
Architekten: Architekten Hermann Kaufmann, Schwarzach
Projektbeteiligte: Merz Kley Partner, Dornbirn (Tragwerksplanung); EGS, Stuttgart (HLS-Planung); Ingenieurbüro Brugger, Thüringen (Elektroplanung); IBS, Linz (Brandschutz); Chezweitz, Berlin und Raumhochrosen, Bregenz (Ausstellungsgestaltung)
Bauherr: Cree, Bregenz
Fertigstellung: 2012
Standort: Färbergasse 17b, 6850 Dornbirn
Bildnachweis: Norman A. Müller, Ingolstadt; Darko Todorovic, Dornbirn
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