House of Natural Resources auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich
Bürogebäude als Praxistest diverser Forschungsprojekte
Forschungslabor und Demonstrationsobjekt für nachhaltiges Bauen in einem ist das House of Natural Resources auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich. Es soll Erkenntnisse zu neuen Technologien im Holzbau, solarer Energiegewinnung u.v.m. liefern. Für die Planung und Realisierung arbeiteten Professoren und Forscherteams aus sechs verschiedenen Instituten zusammen (u.a. der Baustatik und Konstruktion, Baustoffe, Technologie in der Architektur). Sie setzten ihre Projekte im und am Bauwerk um, das als eigenständiger Annex einer Halle der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) am nördlichen Rand des Hochschulgeländes steht. Den Entwurf und die Bauleitung übernahmen mml Architekten, ebenfalls aus Zürich. Seit Juni 2015 ist der dreigeschossige Neubau fertig und in Betrieb.
Gallerie
Während das Sockelgeschoss mit Pkw-Zufahrt aus Beton errichtet ist, erheben sich die beiden oberen Etagen als Holzskelettbau. Die Seiten umfassen je drei Felder eines im Grundriss quadratischen Rasters von 6,50 Metern. Die Aufteilung der Räume ist davon unabhängig – ein Sitzungssaal allerdings belegt das zentrale Quadrat und ist an allen Seiten von Fluren gesäumt. Kleine und große Büros orientieren sich nach außen, das notwendige Treppenhaus liegt an der Innenseite eines Eckfeldes.
Nachhaltig Bauen
Das Tragwerk der Büroetagen des VAW bildet eine vorgespannte
Rahmenkonstruktion aus Schweizer Brettschichtholz. Die Stützen
bestehen aus Esche, die Träger aus Fichte sind zentrisch
vorgespannt und die Knotenpunkte wiederum mit Eschenholz verstärkt.
Die Konstruktion ist besonders erdbebensicher konzipiert und hat
einen hohen Vorfertigungsgrad; daher ließ sie sich schnell
montieren und ist wirtschaftlich. Die Decken sind aus
Holz-Beton-Verbundelementen: Hierbei dienen ca. 40 mm dicke
Furnierschichtholzplatten aus Buche zunächst als Schalungsmaterial
und dann als Tragelement einer 120 bis 160 mm dicken Betonschicht.
Ins Holz eingefräste Kerben erzeugen den Verbund zwischen Beton und
Holz in Form einer mechanischen Verzahnung. Zunächst wurden die
Buchenfurnierschichtholzplatten auf dem vorgespannten Rahmen
positioniert, dann die Bewehrung verlegt und die seitliche Schalung
fixiert, und schließlich betoniert. Im zweiten Obergeschoss kommen
zwei weitere Deckensysteme zum Einsatz: Hohlkastendecken aus
Buchenholz sowie eine biaxiale Laubholzdecke (Kassettendecke) in
einem einzelnen Feld.
Auch die vom Tragwerk unabhängig errichtete und weitgehend transparente Glasfassade ist zum Teil Versuchsfeld: An der Südseite gewinnt eine adaptive Solarfassade Strom und hilft, den Energiebedarf zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes zu regulieren. Bewegliche Module aus Dünnschicht-Solarzellen an einem Seilnetz lassen sich mittels druckluftgesteuerter Antriebe nach dem Sonnenstand ausrichten, passen sich aber auch an den Wärme- und Lichtbedarf des Hauses und das Nutzerverhalten an. Getestet wird außerdem ein Nachführungssystem für Solarmodule auf Dächern, angetrieben von zweiteiligen Holzlamellen, die als eine Art natürlicher Motor die Module dem Sonnenstand entsprechend ausrichten. Dabei wird die Eigenschaft des Holzes genutzt, bei Änderung der relativen Luftfeuchte zu quellen oder zu schwinden: zwei aufeinander geklebte Holzschichten mit unterschiedlicher Faserorientierung verbiegen sich dementsprechend an sonnigen Tagen bzw. nachmittags und nachts. Oberflächenbeschichtungen für Holzfassaden, die wasserabweisende Qualitäten haben und UV-Schutz bieten, bilden ein weiteres Versuchsfeld.
Das gesamte Gebäude ist mit einem dichten Netzwerk von Sensoren
ausgestattet. Diese haben das Verhalten der Struktur bereits
während des Bauvorgangs erfasst und registrieren weitere
Veränderungen im Betrieb. Überwacht werden die Vorspannkraft der
Spannkabel im Holzskelett, die relative Verschiebung zwischen Holz
und Beton innerhalb der Deckenelemente sowie die Dehnungsverteilung
im Holzrahmen. Auch die Feuchtigkeit in der Holzrahmenkonstruktion
wird regelmäßig aufgezeichnet. Das Verhalten der Elemente wird über
mehrere Jahre beobachtet, um die Holzbaukonstruktion quantifizieren
zu können. Außerdem soll die Zufriedenheit der Nutzer langfristig
dokumentiert werden. (us)
Bautafel
Architekten: mml Architekten (Meyer Moser Lanz), Zürich (Entwurf und Bauleitung)
Projektbeteiligte: Institut für Technologie in der Architektur, Arno Schlüter; Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), Robert M. Boes; Institut für Baustatik und Konstruktion, Andrea Frangi und Eleni Chatzi; Institut für Baustoffe, Ingo Burgert; Institut für Bau- und Infrastrukturmanagement, Guillaume Habert; Institut für Geodäsie und Photogrammetrie, Andreas Wieser (alle ETH Zürich); Häring, Eiken (Holzbau und Statik)
Bauherr: ETH Immobilien, Zürich
Standort: Hönggerbergring 26, 8093 Zürich
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: ETH Zürich / Marco Carocari
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