_Nachhaltig Bauen
Büro- und Verwaltungsgebäude Lister Dreieck in Hannover
DGNB-Zertifizierung in Platin
In direkter Nachbarschaft zum Hauptbahnhof Hannover auf dem Areal des ehemaligen Zentralen Omnibus-Bahnhofs (ZOB) erhebt sich mit dem neuen Bürogebäude der Deutschen Bahn (DB) ein auffälliger Klinkerbau. Das achtgeschossige Lister Dreieck, errichtet nach Plänen des Berliner Architekturbüros Hascher Jehle Architektur, fällt nicht nur durch seinen dreieckigen Grundriss und die sanft abgerundeten Ecken, sondern auch durch die rotnuancierte Fassade mit aufstrebenden Lisenen vor großzügigen Glasflächen auf. Im Inneren bietet es variable Arbeitsplätze und ein abgeschirmtes, ebenso weites wie lichtes Atrium.
Gallerie
Städtebauliche Einbindung
Die dreieckige Grundstücksform war eine planerische
Herausforderung, der die Architekturschaffenden von Hascher Jehle
mit einer Blockrandbebauung und zurück gestaffelten Obergeschossen
begegneten. Rückseitig des Hauptbahnhofs, zwischen dem neuen ZOB,
dem auffälligen alten Fernsehturm (heute VW-Tower), einer
Fußgängerzone, der Lister Meile und einer Hauptverkehrsstraße
gelegen, ist der Neubau bestmöglich auf dem Gelände und
städtebaulich platziert und wirkt trotz seiner Größe und Höhe durch
die Formgebung nicht wuchtig, sondern ragt schlank empor. Denn zur
Fußgängerzone beginnt die Rückstaffelung bereits in der zweiten
Etage, um Offenheit und Weite zu schaffen. Auch wird durch die
niedrige Gebäudekante und die gerundeten Ecke Abstand zum Solitär
Fernsehturm gewahrt.
Kommunikatives, konzentriertes und agiles Arbeiten an einem
Standort
Der Neubau vereint die bisher dezentralen DB-Standorte in Hannover
unter einem Dach und bietet Büroarbeitsplätze für rund 950
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie im Erdgeschoss Konferenz-
und Schulungsbereiche und eine Kantine. In den sechs oberen Etagen
sind jeweils die Büroräume angeordnet, während das oberste Geschoss
Technikräume beherbergt. Der zentrale Innenbereich wird durch eine
leichte ETFE-Kissenkonstruktion überspannt, die ein helles,
luftiges und großzügiges Atrium schafft – abgeschottet von der
verkehrsumtosten Lage in Hannover. Diese weitläufige Halle unter
der Membran dient allen Funktionsbereichen als Erschließung und als
Foyer, sodass das dieser Bereich vielfältige Möglichkeiten der
Begegnung und Kommunikation bietet.
Vielfältige und variable Nutzungsmöglichkeiten waren auch bei der Gestaltung der gesamten Bürostruktur wichtig. Das verantwortliche Duisburger Innenarchitekturbüro aib gestaltete auf Grundlage des DB-Programms flex@work eine Organisation der Büroflächen mit einem Raumangebot, das agile Arbeitsweisen ermöglicht und fördert. Beispielsweise können die Mitarbeitenden durch Desksharing örtlich und zeitlich flexibel an wechselnden Plätzen im Gebäude oder auch außerhalb arbeiten; für spezielle Nutzungen stehen unterschiedlich ausgestattete Raummodule zur Verfügung.
Die Fassade als Spiegel der Funktion
Die Gliederung des achtgeschossigen Gebäudes in Sockelbereich,
Hauptbaukörper und oberen Abschluss spiegelt sich in der Fassade
wider. Die ruhige Großform wird durch die plastische Gestaltung der
dunkelroten Klinkerfassade mit großzügigen, transparenten
Lochfenstern und markanten Lisenen gegliedert – diese bildet die
unterschiedlichen, zuvor beschriebenen Funktionszonen des Hauses
ab. Im Sockelbereich stehen die Pfeiler in einem Raster von 6,75 m
und ermöglichen damit für die halb öffentlichen Funktionen wie
Empfang, Konferenz, Schulung, Café und Kantine eine großzügige
Transparenz zum Außenraum.
Der darüber liegende Hauptteil mit den Bürobereichen zeichnet sich in einem Raster von 1,35 m durch die plastischen und kraftvollen Lisenen ab. Der obere Abschluss des Gebäudes, der die Technikbereiche aufnimmt, wird wiederum durch zurückhaltende Lisenen im Halbraster von 0,675 m geprägt. Die Staffelung des Gebäudes erfolgt also nicht nur in der Kubatur, sondern gemäß dem ganzheitlichen gestalterischen Ansatz auch in der sich nach oben verdichtenden Struktur der Fassade.
Klinkerlisenen aus Wasserstrichziegeln
Diese Baukörpermodellierung unterstreicht der eingesetzte
Wasserstrichziegel in Rot-Orange mit Anthrazit-Gelb-Schattierungen
durch seine unterschiedlichen Farbakzentuierungen, die die
Plastizität der Mauerblenden hervorheben. Für die 9.000
Quadratmeter große Klinkerfassade wurden über 430.000
Vormauerziegel im Normalformat (NF) verarbeitet. Außer den
Klinkerlisenen der Obergeschosse kommen konvex gewölbte,
horizontale Sturzübermauerungen sowie vorgefertigte
Ziegelverblendfertigteile mit einem tragenden, statisch definierten
Stahlbetonkern zum Einsatz.
Zertifiziert nachhaltiger Bauprozess
Das Gesamtkonzept des Gebäudes wurde 2020 von der Deutschen
Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) mit dem Zertifikat in
Platin ausgezeichnet. Das Lister Dreieck hat sowohl in der
ökonomischen, ökologischen, funktionalen, technischen als auch bei
der Prozessqualität sehr gut abgeschnitten. Bei der
umweltverträglichen Materialgewinnung erzielte das Projekt einen
Höchstwert. Während des Bauprozesses wurde unter anderem die
Umweltfreundlichkeit des Materialeinsatzes ständig überprüft und
sichergestellt. Auch bei dem Thema Drittverwendbarkeit konnte der
Neubau mit flexiblen Grundrissen punkten.
Bautafel
Architektur: HASCHER JEHLE Architektur, Berlin
Projektbeteiligte: aib, Duisburg (Innenarchitektur); Kölbl Kruse / KK 7, Essen (Projektentwicklung); Hochtief Infrastructure Building, Hannover, Berlin (Generalunternehmen); Wienerberger, Hannover (Terca Wasserstrichziegel Naran); Christian Kemper für Hochtief Infrastructure Building (DGNB Auditor)
Bauherr/in: Deutsche Bahn AG
Fertigstellung: 2019
Standort: Rundestraße 11, 30161 Hannover
Bildnachweis: HASCHER JEHLE Architektur / Svenja Bockhop und Wienerberger / Jens Krüger