Neuer Kanzlerplatz in Bonn
Zertifiziertes Büroensemble mit Hochhaus
Im Zentrum der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn stand noch vor
einigen Jahren das Bonn-Center – ein Gebäudekomplex aus den späten
1960er-Jahren. Zu ihm gehörte ein Hochhaus mit streng gerasterter
Fassade und einem rotierenden Mercedes-Stern auf dem Dach. Das 60
Meter hohe Gebäude war ein städtebauliches Wahrzeichen,
gleichzeitig blockierte es mit seinen 18 Geschossen fast 50 Jahre
lang Wege und Sichtachsen. Nach langjährigem Leerstand und
gescheiterten Versuchen der Revitalisierung wurde der gesamte
Komplex schließlich abgerissen und das Grundstück durch das in Köln
ansässige Architekturbüro JSWD Architekten neu
strukturiert.
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Neue Verbindung der Quartiere
Nachdem JSWD den Realisierungswettbewerb Neuer Kanzlerplatz im Jahr 2015 mit dem ersten Preis für sich entscheiden konnten, begann die Planung des neuen Büroquartiers auf der dreieckigen Parzelle nördlich der Bonner Museumsmeile. An jeder der drei Ecken des Grundstücks platzierten die Planenden ein fünfeckiges Gebäude mit je einem Innenhof. Die Baukörper wenden sich einander zu und bilden eine gemeinsame Mitte aus.
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Großzügige Durchwegungen schaffen eine städtebauliche Verbindung zwischen den angrenzenden Hauptverkehrsachsen auf der einen Seite und der kleinteiligen Wohnbebauung auf der anderen. Während sich die südlichen Baukörper in Form, Größe und Höhe ähneln, unterscheidet sich das an der nördlichen Spitze gelegene Gebäude durch einen Zusatz: Aus ihm wächst ein Turm mit 28 Geschossen und mehr als 100 Metern Höhe. Mit seiner schmalsten Seite wendet er sich zu einem halboffenen Platz und dient – wie das Bonn-Center vor ihm – als Landmarke für das neue Quartier.
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Für eine Belebung des Büroquartiers auch außerhalb der
Arbeitszeiten, sorgen gastronomische Angebote und Kunstwerke, wie
die eigens für den Ort entwickelte begehbare Spiegel-Skulptur des
dänischen Künstlers Jeppe Hein.
Origami-Fassade
Was auf den ersten Blick wie eine Fassadeninstallation aussieht, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als komplex gefaltetes Tragsystem aus cremeweiß eingefärbtem, gesäuertem Beton. Durch den Einsatz der tragenden Betonfertigteile an der Fassade ließ sich die Bauteiltiefe bestmöglich ausnutzen und die Büroflächen stützenfrei ausbilden.
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Nur das Hochhaus erforderte aufgrund der hohen statischen
Anforderungen ein tragendes Stahlbetonskelett auf
der Glasebene. Die gefaltete Fassade wurde hier als gedämmte
Vorsatzschale aus glasfaserverstärktem Beton ausgeführt. Optisch
unterscheidet sie sich nicht von den Nachbargebäuden, sodass sich
eine gestalterische Einheit des gesamten Quartiers ergibt.
Die Fassadenstruktur wird im Inneren des Gebäudes weitergeführt: Wände und Decken des dreigeschossigen Foyers sind mit dreieckigen Paneelen verkleidet, die mit ihrer gefalteten Anordnung wie ein riesiges Origami wirken.
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Nachhaltig zertifiziert
Das Gebäudeensemble erhielt die Vorzertifizierung LEED Gold. Extensiv begrünte Dachflächen schaffen auch im innerstädtischen Kontext Raum für Biodiversität. Gleichzeitig kühlt das Gründach die Umgebung und verhindert durch Regenrückhaltung eine Überlastung der Kanalisation bei Starkregen. Die Beheizung erfolgt mittels Fernwärme und Betonkerntemperierung; Sonnenschutz und Beleuchtungen werden automatisiert gesteuert. Weitere Elemente der Nachhaltigkeit sind die eingesetzten Wasserspar-Armaturen oder die Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Die Baustoffe stammen größtenteils aus erneuerbaren und regionalen Rohstoffen, was Lieferwege minimiert und damit Kohlenstoff einspart. -sh
Bautafel
Architektur: JSWD Architekten, Köln
Projektbeteiligte: B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann, Düsseldorf (Tragwerk); KBP Ingenieure, München (Haustechnik); BSV, Aachen + Schüssler-Plan Ingenieurgesellschaft, Düsseldorf (Verkehrsplanung); RMPSL, Bonn (Freiraumplanung); Jeppe Hein, Berlin (Kunst am Bau)
Bauherrschaft: Art-Invest Real Estate, Köln
Fertigstellung: 2023
Standort: Bundeskanzlerplatz 2-10, 53113 Bonn
Bildnachweis: Christa Lachenmaier, HG Esch
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