Ilulissat Eisfjord Zentrum in Grönland
Bindeglied zwischen Zivilisation und Wildnis
Etwa 250 Kilometer nördlich des Polarkreises wurde im Juli 2021 das Ilulissat Eisfjord Zentrum (Ilulissat Isfjordscenter) eröffnet. Der außergewöhnliche Bau dient der Bildung und Forschung, aber auch zu Ausstellungszwecken. Er soll den Besucherinnen und Besuchern die Natur und Kultur Grönlands näher bringen. Es geht um die Bedeutung des Eises, die Auswirkungen des Klimawandels und wie dieser sich in der arktischen Landschaft manifestiert. Finanziert von der lokalen und nationalen Regierung mit Unterstützung einer dänischen Stiftung plante das dänische Architekturbüro Dorte Mandrup ein flaches, geschwungenes Gebäude, das sich von dem zerklüfteten Gelände abhebt.
Gallerie
Die Architektin Dorte Mandrup vergleicht das Bauwerk mit dem Flug einer Schnee-Eule: Ähnlich deren Flügelschlag scheint es den felsigen Untergrund sanft zu berühren. Formgebend ist eine geschwungene Reihe von 52 Stahlrahmen – die Krümmung und Drehung der Stahlkonstruktion soll Schneeansammlungen auf dem Dach verhindern.
Licht und Dunkel in Grönland
Der Betoneinsatz bei dem Gebäude ist minimiert. Eine allseitige Verglasung macht die Lichtverhältnisse Grönlands zu jeder Jahreszeit erlebbar. Ist es im Winter sehr dunkel, sind dennoch Reflexionen des Schnees und vom Boden wahrnehmbar. Im Sommer wandelt sich die Lichtfarbe spürbar von Rot zu Blau.
Neben einer Ausstellungsgalerie, Forschungs- und Bildungseinrichtungen beherbergt das Eisfjord-Zentrum ein Café, ein Kino und ein Geschäft. Die Ausstellung befasst sich mit der Kulturgeschichte der Einwohner Grönlands, im Kinosaal werden Filme zu dieser Kulturgeschichte und Interviews mit Einheimischen gezeigt.
Flachdach: Fußweg und Aussichtsplattform
Das Dach ist begehbar, es bietet eine Aussichtsplattform zur Stadt und der eindrucksvollen Fjordlandschaft. Der Aufbau des Flachdachs ist von innen nach außen wie folgt: Zwischen den Stahlträgern der Konstruktion verläuft eine mit Akustiktextil bespannte Lattung, auf der Beleuchtungsschienen angebracht sind. Innenseitig ist das Trapezblech des Daches zudem mit einer Akustikdecke bekleidet.
Oberhalb des stählernen Trapezblechs ist eine druckfeste Schaumglasdämmung angeordnet. Vorteil von Schaumglas ist die niedrige Wärmeleitfähigkeit, d.h. ein besserer Wärmedurchgangskoeffizient und eine geringe Dämmstärke. Das Produkt lässt sich mit recycelten Rohstoffen (85% Altglas) herstellen, ist wiederverwertbar und nicht brennbar. Eine Schaumglasdämmung empfiehlt sich für Bauteile, die starken Witterungseinflüssen ausgesetzt sind. Da das Material wasser- und dampfdicht ist, kann es gleichzeitig als Dampfbremse dienen. Weitere Vorteile sind Resistenz gegenüber Schädlingen und Feuchtigkeit.
Mithilfe von Stahlankern sind die massiven Terrassendielen aus Eiche obenauf befestigt. Zur Absicherung ist das begehbare Dach mit einer Brüstung versehen. Die verwendete Holzart europäische Eiche ist ein langlebiges, strapazierfähiges Material, das dem arktischen Klima gut standhält.
Bautafel
Architektur: Dorte Mandrup, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Søren Jensen, Kopenhagen (Ingenieurleistungen); JAC Studios, Kopenhagen (Ausstellungsdesign); Kristine Jensen, Landscape & Architecture (Landschaftsarchitektur)
Bauherr/in: Realdania (Kopenhagen), Avannaata Kommunia and the government of Greenland (Naalakkersuisut)
Fertigstellung: 2021
Standort: Illulissat am Kangia Eisfjord, Grönland
Bildnachweis: Adam Mørk
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