Galerie The Twist in Jevnaker
Homogene Gebäudehülle aus Aluminium
Wer erfahren will, wie eindrucksvoll Architektur und Natur zueinander in Wechselwirkung gebracht werden können, sollte Norwegen besuchen. Die abwechslungsreiche Landschaft setzt sich zusammen aus bewaldeten Gebirgsmassiven, kargen Hochebenen und zahlreichen Fjorden entlang der Küste. An vielen Stellen werden besondere Architekturen und Skulpturen inszeniert, etwa als Teil der Norwegischen Landschaftsrouten.
Gallerie
Auch in Jevnaker, einem ehemaligen Industriestandort nördlich von Oslo mit rund 7.000 Einwohnern, wird Kunst und Natur ein hoher Stellenwert eingeräumt. Hier befindet sich das Museum Kistefos, einst Zellstofffabrik, das einen der größten Skulpturenparks des Landes beherbergt. Mit The Twist schuf die Bjarke Ingels Group (BIG) aus Kopenhagen ein ausdrucksstarkes Ausstellungsgebäude, welches die Bestände geschickt verknüpft.
Brücke mit Dreh
Der Skulpturenpark existiert seit 1999 und erstreckt sich, mit einer historischen Mühle im Zentrum, beiderseits des Flusses Randselva. Wo der Kunstwanderweg bisher in Sackgassen endete und die Besucherinnen und Besucher zur Umkehr zwang, verbindet die neue Galerie als Brückenbau die Uferseiten. Nun ist ein fortlaufender Rundgang durch alle Innen- und Außenbereiche des Museums möglich.
Der Baukörper entwickelt sich durch eine Torsion um etwa 90 Grad – den namensgebenden Twist – von einem flachen Riegel am nördlichen zu einem stehenden am südlichen Ufer. Den unterschiedlichen Gegebenheiten der Topografie soll damit entsprochen werden. Durch die Drehung erhält der gänzlich weiß gehaltene Ausstellungsbereich gekrümmte Wandflächen, die den zeitgenössischen Kunstwerken einen spannungsvollen Hintergrund liefern.
An einem Teil der Ostfassade geben große Verglasungen den Blick ins Grüne und zur Mühle frei. Die Glasfläche verjüngt sich, der Krümmung folgend, zu einem 25 cm schmalen Oberlichtband. So gelangt Tageslicht in den südlichen, niedrigeren Ausstellungsbereich und in die gedrehte Mittelzone, während der neun Meter hohe Galerieteil am nördlichen Ende künstlich beleuchtet wird. Sämtliche haustechnischen Elemente sind hinter den weiß gestrichenen Holzverkleidungen der Wände und Decke verborgen. In den Uferbereichen ist das Gebäude unterkellert, hier sind die Sanitäranlagen untergebracht. Insgesamt hat es eine Länge von rund 75 Metern und eine Fläche von 800 Quadratmetern. Die Brutto-Grundfläche beträgt 1.000 Quadratmeter.
Flachdach: Gebäudehülle wie aus einem Guss
Das Tragwerk des Galeriebaus besteht aus einem Stahlfachwerk. Die Gebäudehülle aus weißem, eloxierten Aluminium verformt sich von ebenen zu doppelt gekrümmten Flächen. Dabei fächern die Profile sich auf und folgen so der Biegung des Volumens. Die thermische Hülle und das Tragwerk selbst setzen sich aus ebenen Teilflächen zusammen.
Der Dachaufbau kommt ohne sichtbare Aufkantungen aus – die Fassadenflächen gehen scheinbar nahtlos in das Dach über. Es besteht von innen nach außen aus folgenden Komponenten (Abb. 19): Stahlträger, Trapezblech (10 cm hoch), Dampfsperre, Stahlprofile in variabler Höhe als Unterkonstruktion mit dazwischen liegender Wärmedämmung (2% Gefälle), Sperrholzplatte (1,8 cm), Kunststoffabdichtung (1,8 mm), c-förmige Profile in variabler Höhe. Auf letzteren sind die 2 mm starken Aluminiumprofile angebracht. Sie haben eine Höhe von 7 cm und eine Breite von 38 cm und sind überlappend montiert.
Die Entwässerung erfolgt nahezu unsichtbar über zwei Rinnen, die jeweils in der Mitte der ebenen Dachflächen positioniert wurden (Abb. 20). Sie sind mit einer perforierten Aluminiumabdeckung, bündig zur Oberkante der Dachverkleidung, vor Verschmutzung geschützt.. -ik
Bautafel
Architektur: Bjarke Ingels Group, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Rambøll, Kopenhagen (Tragwerksplanung); Baumetall Design, Budapest (Fassade/Gebäudehülle); Lüchinger & Meyer, Zürich (Fassadenplanung); Bladt Industries, Aalborg (Stahlbau); Max Fordham, London (Gebäudetechnik); Element Arkitekter, Oslo (Bauleitung); MIR, Bergen (Renderings); ÅF Belysning, Stockholm (Lichtplanung); Hersteller: Bauder, Stuttgart (Abdichtung); Hoesch/Kingspan, Wesel (Trapezbleche); Knauf, Iphofen (Glaswolledämmung)
Bauherrschaft: Kistefos Museum, Jevnaker
Fertigstellung: 2019
Standort: Jevnaker, Norwegen
Bildnachweis: Laurian Ghinitoiu, Berlin
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