Libelle auf dem Leopoldmuseum in Wien
Luftige Veranstaltungslocation
Bereits Anfang der 2000er Jahre schufen Ortner+Ortner das Leopold Museum im Museumsquartier in Wien. 2020 erfuhr der Bau seine spektakuläre Ergänzung ebenfalls durch die Architekten Laurids Ortner und Willi Fürst. Auf den prägnanten weißen Kubus setzte man eine freie Form, die nicht mit dem Museum konkurriert, sondern es auf wohltuend frische Art und mit Leichtigkeit ergänzt. Der krönende Aufsatz, als „Libelle” bezeichnet, vollendet das Gebäude.
Gallerie
Weithin sichtbare Lichtkreise
Von Beginn an wurden die für die Kunstinstallationen (Lichtkreise und Fassadengestaltung) verantwortlichen Künstlerinnen in die Planungsphase miteinbezogen. Eine Installation umfasst drei große stählerne Lichtringe, die über die Dachkante hinaus weithin sichtbar sind. Sie sollen Neugier wecken, Besucherinnen und Besucher anlocken. Die Dachterrasse ist nur von außen über zwei Aufzüge erreichbar, die im sogenannten Rendez-Vous-System funktionieren: Die Türen sind einander zugewandt, über eine mitfahrende Plattform können die Gäste den Aufzug wechseln.
Der Veranstaltungsraum auf der Dachterrasse ist 215 Quadratmeter groß, die Terrasse außen nochmals 1.100 Quadratmeter. Da auch die darunterliegenden Räume recht groß sind und die Decke bereits große Spannweiten überbrückt, war die Lastabtragung über die vorhandenen Wände eine statische Herausforderung. Die Libelle aus Stahl ruht als in sich geschlossene Konstruktion auf winkelförmigen Trägern, die auf den Wänden lagern.
Organisch geschwungener Pavillon
Die Form des Pavillons ist im Gegensatz zum Museumsbau organisch geschwungen. Der Veranstaltungsraum ist stützenfrei und an zwei Seiten offen. Um die Sonneneinstrahlung und den Lichteinfall zu regulieren sowie einen Sichtschutz zu gewährleisten, wurden die 60 Gläser der Außenfassade – allesamt aus Verbund-Sicherheitsglas – einzeln mittels Digitaldruck und einem bestimmten Motiv aus grauen und weißen Punkten bedruckt. Zum Teil sind die Punkte von innen durchsichtig und von außen undurchsichtig. Auf sechs Metern Breite geben elektrisch gesteuerte Schiebetüren die Sicht auf die Umgebung frei. Zusätzlich können entlang der gesamten Glasfassade hellgraue Vorhänge zugezogen werden. Ergänzt wird der Bau durch ein Foyer mit Garderobe, Sanitärräumen sowie einem Servicebereich.
Barrierefreie Dachterrasse, pure Gestaltung
Die gesamte Dachterrasse ist barrierefrei erreichbar und zugänglich. Ein Kiosk bietet kleine Snacks und Getränke. Da das Büro Ortner+Ortner die Terrasse als pure Museumsarchitektur ansieht, wurde auf jegliche Grüngestaltung des Daches sowie auf Werbung bzw. Logos auf den Sonnenschirmen verzichtet. Die Dachlandschaft ist eine Form der Außenkommunikation des Kunsthauses.
Sanierung des Flachdachs
Das bestehende Flachdach des Leopoldmuseums wurde im Zuge der Erweiterung ebenfalls saniert. Auf der Stahlbetonspanndecke ist ein Gefällebeton aufgebracht. Als Trennlage zur seitlich mittels Metallwinkel eingefassten Dämmung dient ein Flüssigkunststoff. Der Plattenbelag aus weißem, sandgestrahlten Beton ist im Kiesbett verlegt. Ein wichtiger Vorteil des Materials ist seine Rutschfestigkeit, selbst bei gefrierender Nässe.
Aufgesetzte Stahlkonstruktion
Die Libelle ist eine eigenständige Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Stahl, die auf das vorhandene Dach aufgesetzt wurde. Der Dachaufbau ist wie folgt: Die Stahlkonstruktion mit Zwischendämmung ist raumseitig und oberhalb mittels 20 mm dicken Brandschutzplatten verkleidet. Zur Innenseite wurde zwischen zwei Lagen Brandschutzplatten ein Flüssigkunststoff aufgebracht. Eine abgehängte Decke mit Breitbandabsorbern und Stoffuntersicht optimiert die Akustik im Innenraum.
Auf der oberen Lage Brandschutzplatten ist eine 5 cm dicke Betonschicht aufgebracht. Unterhalb der Gefälledämmung verläuft die Abdichtung aus Flüssigkunststoff, oberhalb der Dämmung wurde die Dampfsperre bis 30 cm über den Plattenbelag hochgezogen. Darauf folgt die Kiesschicht, auf der wie auf dem Dach des Museums ein Plattenbelag aus sandgestrahltem Beton liegt. Entwässert wird das Dach der Libelle über Dachgullys mit Kiesfang (ø 50 mm). Diese leiten das Wasser über die nicht begehbare, teils zwei Meter breite Dachkante mit Gefälle in die Kastenrinne.
Bautafel
Architektur: O&O Baukunst, Laurids Ortner + Willi Fürst, Wien
Projektbeteiligte: Raunicher & Partner (Tragwerksplanung); Vasko & Partner (Technische Gebäudeausrüstung); Brigitte Kowanz (Kunstinstallation Lichtkreise); Eva Schlegel (Kunstinstallation Fassade)
Bauherr/in: MuseumsQuartier Errichtungs- und Betriebsgesellschaft, Wien
Fertigstellung: 2020
Standort: Leopoldmuseum, Museumsplatz 1, 1070 Wien, Österreich
Bildnachweis: Hertha Hurnaus, Linz
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