Kindertagesstätte Krambambuli in Frankfurt
Pilotprojekt mit Luftkollektor-Gebäudehülle
Schon lange befassen sich Pfeifer Kuhn Architekten aus Freiburg mit alternativen Entwurfsstrategien zum solaren Bauen. Ihr Ansatz ist das sogenannte Kybernetische Prinzip, ein ganzheitliches Konzept zur energetischen Optimierung von Gebäuden. Es basiert darauf, dass die strukturellen Eigenarten aller beteiligten Systeme – physikalischer, biologischer und technischer Art – so zueinander in Beziehung gesetzt werden, dass sie sich in ihren Wirkungen ergänzen. Einfach ausgedrückt: Gebäude sollten nicht gegen die Natur abgeschottet und mit aufwendiger Technik ausgestattet werden, sondern so geplant sein, dass sie sich die natürlichen Bedingungen zunutze machen.
Gallerie
Nach diesem Prinzip hat das Architekturbüro schon einige Gebäude realisieren können. Mit der Erweiterung des Kindergartens Krambambuli im Frankfurter Stadtteil Kalbach ist ein weiteres hinzugekommen. Es entstand in Zusammenarbeit mit der Architektin Anna Damm aus Darmstadt. Eigentlich war ein separater Neubau vorgesehen, der das Bestandsgebäude aus den 1960er-Jahren ergänzen sollte, da auf dem Grundstück jedoch schützenswerter Baumbestand vorhanden war und man außerdem möglichst wenig Freifläche aufgeben wollte, entschieden sich die Planer für eine Aufstockung des eingeschossigen Kita-Altbaus.
Die Umsetzung war keine einfache Aufgabe, weil die bestehende Konstruktion aus lediglich 14 cm dicken Betonwänden und Holzdecken kaum zusätzliche Lasten aufnehmen konnte. Die aufgesetzte neue Etage wurde schließlich in Holz-Leichtbauweise errichtet. Erschlossen wird sie über ein ebenfalls neues Treppenhaus mit Aufzug an der nordöstlichen Gebäudeecke. Ein vorhandener schmaler Lichthof blieb als zentrales Element des Hauses erhalten und wurde zum Atrium ausgebaut. Rundum verläuft im Obergeschoss ein Gang, an dem alle Räume dieser Etage liegen; Bullaugen in den Wänden ermöglichen Blicke in den Lichthof. Auf der Nordseite befinden sich die Gemeinschafts- und Aufenthaltsräume, auf der West- und Südseite die Gruppenräume für die Kleinkindbetreuung. Die Gestaltung im Gebäudeinneren ist hell und freundlich. Einzelne Flächen sind in den Primärfarben Rot, Gelb und Blau gestrichen und werden – wie auf den Bildern Piet Mondrians – von schwarzen Linien begleitet.
Die Außenansicht prägen transluzente Polycarbonatplatten, hinter denen sich die Holzfaserplatten der Unterkonstruktion mit den aufgemalten, unregelmäßigen weißen Flecken abzeichnen, die eine spielerische Leichtigkeit vermitteln sollen. Der Süd- und der Ostfassade sind außerdem Stahlkonstruktionen vorgelagert. Sie dienen als Laubengänge und enden beide in einer einläufigen Treppe, die als zusätzliche Fluchtwege aus Brandschutzgründen erforderlich waren. Nach oben hin von überspannt eine Pultdachkonstruktion den Kindergarten.
Wärmedämmung/Konstruktion
Dem kybernetischen Prinzip folgend, setzten die Planer bei diesem
Projekt auf passive Energiegewinne, statt es mit dicken
Wärmedämmschichten einzupacken. Lediglich der aufgestockte
Holzständerbau erhielt eine Einblasdämmung aus Zellulose in der
Dicke des Holztragwerks von 16 cm. Die außenseitige Verkleidung
besteht aus diffusionsoffenen, 22 mm dicken Holzfaserplatten mit
einem Nennwert der Wärmeleitfähigkeit von λD =
0,038 W/mK, die auch die vorhandenen Betonwände im Erdgeschoss
überziehen.
Grundlage des Energiekonzepts bildet ein solarthermischer
Luftkollektor, der das gesamte Gebäude umhüllt. Die solare Wärme
wird über die Fassaden, über das Dach und die
Luftkissen-Konstruktion über dem Atrium in Gebäudemitte eingefangen
und genutzt. Die Zuluftversorgung der einzelnen Räume erfolgt über
eine Lüftungszentrale im Dach, die ihre Wärmeenergie aus dem
Luftkollektor zieht. Mittels Überströmklappen wird sie anschließend
zurück in die Luftkollektorfassade geleitet, die dann auch die
notwendige Nachtauskühlung leistet. Da die Energiestrategie nicht
der Passivhausverordnung der Stadt Frankfurt entspricht, wurde die
Kindergartenerweiterung zum Pilot-Bauvorhaben erklärt.
Bautafel
Architekten: Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg (Entwurf und Planung); Pfeifer | Damm Freie Architekten, Freiburg / Darmstadt (Ausführung + Objektüberwachung)
Projektbeteiligte: TSB Ingenieurgesellschaft, Darmstadt (Tragwerksplanung); Balck + Partner Facility Engineering, Heidelberg (Energetisches Konzept); inPlan Ingenieurbüro TGA, Pfungstadt (Haustechnik); ITG Ingenieurteam für Technische Gebäudeausstattung, Hochheim/Main (Elektrotechnik)
Bauherr: Stadt Frankfurt am Main, Stadtschulamt
Fertigstellung: 2015
Standort: Kalbacher Stadtpfad 8, 60437 Frankfurt-Kalbach
Bildnachweis: Claudius Pfeifer, Berlin; Günter Pfeiffer, Freiburg / Darmstadt
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