Tourismus- und Kulturzentrum in Xinxiang
Hinterlüftete Doppelfassade im Eiswürfeldesign
Wie eine überdimensionale Skulptur aus großen, vermeintlich
beliebig gestapelten Eiswürfel erscheint das neue Tourismus- und
Kulturzentrum im Bezirk Xinxiang. Recht naheliegend ist dieses
assoziative Bild, da das umgebende Touristenviertel vornehmlich dem
Wintersport gewidmet ist und weiter in diese Richtung ausgebaut
werden soll; zum Teil fanden die Olympischen Winterspiele 2022 in
dieser Region statt. Der ungewöhnliche Entwurf stammt von den
beiden Pariser Büros Zone of Utopia und Mathieu Forest Architecte
und wurde seit seiner Fertigstellung im Jahr 2021 bereits mit drei
Architekturpreisen ausgezeichnet.
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Neben dem Kulturzentrum sind in näherer Umgebung weitere
Wintersport-Einrichtungen geplant, darunter eine Indoor-Skihalle.
Diese Maßnahmen sollen die Region attraktiver machen und
Besucherinnen und Besucher aus der Umgebung anlocken. Die
umstrittene Winter-Olympiade 2022 war der Startschuss für die
weitere Entwicklung der Region zu einer Wintersport-Hochburg und
Attraktion für Touristinnen und Touristen.
Lebendige Komposition und wechselnde Fassadenansicht
Die Komposition der Würfel wurden so entworfen, dass
der skulpturale Baukörper von jeder Seite unterschiedlich wirkt.
Insgesamt neun Würfel mit Höhen von bis zu 17 Metern bilden das
Ensemble. Die gläsernen Fassaden geben die Umgebung wider, sodass
sich der Charakter mit der Jahres- und Tageszeit verändert. So
wirkt das Gebäude bei Sonnenschein strahlend weiß, während es bei
wolkenreichem Himmel dunstig-matt erscheint. Verstärkt wird dieser
Effekt durch das Wasser des Sees auf der Südseite sowie der
künstlich angelegten Bassins, auf denen der Neubau zu schweben
scheint. Nachts wandelt sich das Bild: Die künstliche Beleuchtung
im Innenraum sowie im Fassadenzwischenraum lässt die Würfel von
innen heraus strahlen.
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Der Eingang liegt auf der Nordseite, wo die einzelnen Elemente
näher zusammenrücken. Richtung Süden, wo sich ein künstlich
angelegter See findet, wird das Gebäude flacher; hier wird der
Hauptbau von zwei freistehenden Glaskuben flankiert. Am höchsten
Punkt des Komplexes befindet sich die Sky Lounge, wo das Publikum
innehalten und einen 360°-Panoramablick auf die Umgebung genießen
kann. Weiterhin stehen ein Café, ein Kinderspielbereich, ein
Ausstellungs- und ein Lesesaal sowie Büroflächen – letztere vor
allem in den Obergeschossen – zur Verfügung.
Komplexe Tragstruktur
Die Kuben stehen auf insgesamt 321 Bohrpfählen, die bis in eine
Tiefe von 18 Metern gründen. Das Primärtragwerk besteht aus einer
Stahlkonstruktion, die Aussteifung erfolgt durch Betonkerne, in
denen sich Erschließungsbereiche und Sanitärräume befinden.
Aufgrund der hohen seismischen Aktivität in der Region trotzt die
Konstruktion auch hohen Erdbebenlasten. Der Überhang einzelner
Kuben beträgt bis zu 6,70 Meter.
Doppelschalige, filigrane Fassadenkonstruktion
Die doppelschaligen Fassaden der Kuben prägen die optische Erscheinung der Gebäude. Die äußere Gebäudehülle besteht aus einer Zugstabkonstruktion aus Edelstahl, die in den Fassadenachsen an den Kopfpunkten der Würfel angehängt sind. Horizontale Einwirkungen wie Wind werden über filigrane Punkthalter in den Ecken der Gläser abgetragen. Diese sind über Pendelstützen mit der inneren Fassadenebene, der Warmfassade verbunden.
Die nahezu quadratischen Verbundsicherheitsgläser (b x h: 2,30 x 2,50 m) aus 2 x 10 mm thermisch vorgespannten Weißglas mit einer SGP-Zwischenschicht (1,52 mm) wurden im Digitaldruckverfahren bedruckt. Dabei weist jede Scheibe eine individuelle weiße Textur aus miteinander verwobenen Eiskristallen auf. Während damit einerseits das suggestive Bild von Eisblöcken verstärkt wird, wird dadurch außerdem der Blickkontakt nach innen eingeschränkt.
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Die innenliegende Gebäudehülle besteht aus festverglasten
Pfosten-Riegel-Fassaden mit einem Achsmaß von rund 2,40 m.
Ausgefacht wurde diese Fassadenkonstruktion mit
zweifach-Isolierverglasungen aus thermisch vorgespanntem Glas mit
einer Dicke von 12 mm und einer Low-E
Wärmeschutzbeschichtung auf Position drei. Gelagert sind die
Verglasungen über Anpressleisten; die Glasformate sind identisch zu
den Gläsern der äußeren Gebäudehülle. Zu Wartungs- und
Reinigungszwecken ist der Fassadenzwischenraum betretbar.
Bautafel
Architektur: Zone of Utopia, Paris; Mathieu Forest Architecte, Paris; Henan Urban Planning Institute & Corporation
Projektbeteiligte: Arup Group, London (Tragwerksplanung); EDUTH (Fassadenplanung); Hassell, Shanghai (Landschaftsarchitektur); QIDI, Shanghai (Ausführungsplanung Landschaftsarchitektur); PROL, Peking (Lichtplanung); WU:Z DESIGN, Millstatt (Innenarchitektur)
Bauherr/in: Henan Rongshou Xinchuang Culture und Tourism Real Estate
Fertigstellung: 2021
Standort: Pingyuan New Area, Xinxiang, Henan (China)
Bildnachweis: ArchExist; Zone of Utopia, Paris; Mathieu Forest Architecte, Paris
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