Forum des Arts Charles Aznavour in Montigny-le-Bretonneux
Farbspiele mit dichroitischem Glas
Im Zentrum der in den 1970er-Jahren entstandenen Gemeinde Montigny-le-Bretonneux, rund 10 Kilometer südwestlich von Versailles, findet sich seit 2022 ein neues städtisches Kunst- und Kulturzentrum für Musik, Theater und Tanz. Das Forum des Arts Charles Aznavour ist benannt nach dem armenisch-französischen Chansonnier, Liedtexter, Komponist und Schauspieler. Der Entwurf stammt vom Straßburger Büro Dominique Coulon & Associés, das den 2016 von der Gemeinde ausgelobten Wettbewerb für sich entschied.
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Kleinteilige Geometrie und Fassade
Das Forum des Arts besteht aus mehreren kompakten und zueinander verdrehten Volumen, die sich im Grundriss zu einem Rechteck zusammensetzen. An der staßenzugewandten Seite schließt das Bauwerk mit einer Diagonalen ab und folgt so der Grundstücksgrenze. Dort befindet sich auch ein Seiteneingang, der schräg nach innen versetzt ist und so von den Obergeschossen überdacht wird. Der Haupteingang liegt an der dem öffentlichen Platz zugewandte Querseite. Die Außenansicht ist dynamisch und variantenreich, einerseits durch die vor- und zurückspringenden und verdrehten Volumen und andererseits durch die Fassadengestaltung: Es wechseln sich transparente mit stark reflektierenden Fensterbändern und glatte mit vertikal reliefierten Betonflächen ab. Der Gebäudename ist zudem in großen Lettern in die Betonfassade eingelassen.
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Variantenreiche Raumfolgen und Sichtbeziehungen
Die vielschichtige Geometrie des Baus spiegelt das komplexe Raumprogramm wider, das sich über vier Ebenen – drei Obergeschosse und ein Untergeschoss – auf rund 3.350 Quadratmeter Fläche verteilt: Dazu gehören mehrere Theaterräume – darunter ein großes, über zwei Geschosse reichendes Black-Box-Auditorium mit 146 Sitzplätzen – drei Tanzstudios samt Umkleiden, Musik- und Instrumentenräume unterschiedlicher Größe, ein Aufnahmestudio, einen Schlagzeugraum sowie Studios für die Musikproduktion. Die Musikräume zeigen sich dabei gänzlich in Rot, Tanzräume sind hingegen hell und weiß gestaltet. Für die Erschließungsbereiche wählten die Beteiligten Sichtbetonwände- und Decken und polierte Estrichböden.
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Die Innenräume sind stark geprägt von den zueinander verschobenen und versetzten Volumen und dem diagonal durch das Gebäude verlaufende Atrium. Dieses entstand durch einen geschossweisen Versatz der Treppen. Daraus ergeben sich spannungsvolle Blick- und Raumbeziehungen: So kann vom Erschließungsraum im 1. Obergeschoss das Geschehen im quer darüberliegenden Tanzsaal beobachtet werden – und andersherum. Solche Situationen finden sich an verschiedenen Stellen des Bauwerks, was den Austausch zwischen Tänzer*innen, Musiker*innen und Theaterleute fördern soll. Zudem reicht durch den kontinuierlichen Luftraum ein zweifarbiger Lichtschein das Erdgeschoss: Dieser fällt durch die drei konisch zulaufenden Lichtschächte in das Atrium. Diese richten sich je in eine unterschiedliche Himmelsrichtung, sodass möglichst viel Tageslicht eingefangen wird.
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Licht in Regenbogenfarben
Eine Besonderheit ist die Farbgebung des Lichts aus dem Atrium: Die Horizontalverglasungen in den Schächten sind mit dichroitischen Folien versehen. Diese bestehen aus mehreren Interferenzschichten, die das Licht in bestimmten Wellenlängen und Farben passieren lassen; andere Frequenzen werden reflektiert. Dadurch entsteht ein charakteristischer Regenbogeneffekt, der die monochromen Betonoberflächen mit sanften Farben bedeckt und den Räumen eine stimmungsvolle Atmosphäre verleiht. Mit Änderung des Sonnenstandes oder des Blickwinkels der Besucher*innen ändert sich die Farbe von Verglasung und Licht: Was eben noch blau war, erscheint im nächsten Moment gelb oder pink.
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Neben der Atriumverglasung ist auch im weiteren Innenraum viel
Glas zu finden. Einseitig spannende Glastrennwände aus Verbundsicherheitsglas unterteilen die einzelnen
Funktionsräume. Die Lagerung erfolgt zweiseitig linienförmig
entlang der Decken. Zum Teil sind die Innenverglasungen
absturzsichernd ausgeführt, beispielsweise die großformatige
Glaswand des Tanzsaals im 2. Obergeschoss.
Die Fassadenkonstruktion wurde als konventionelle, absturzsichernde Pfosten-Riegel-Fassade ausgebildet. Die Ausfachung erfolgte je nach Ausrichtung durch unterschiedlich große Isolierverglasungen. Diese sind jeweils mit unterschiedlich stark reflektierenden Sonnenschutzbeschichtungen versehen.
Bautafel
Architektur: Dominique Coulon & Associés, Straßburg
Projektbeteiligte: Batiserf Ingénierie, Fontaine (Tragwerksplanung); BET Gilbert Jost, Straßburg (Elektroplanung/ Beleuchtung); Schüco International, Bielefeld (Profilsystem Fassade); SARL Alkimia, Dijon (Stahlbau); Saint Gobain Glass (Verglasung)
Bauherr/in: Stadt Montigny-le-Bretonneux
Fertigstellung: 2022
Standort: 1 Parvis Colonel Arnaud Beltrame, 78180 Montigny-le-Bretonneux
Bildnachweis: Eugeni Pons und Dominique Coulon & Associés
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