Blox in Kopenhagen
Nutzungsmix hinter bedrucktem, eingefärbtem Glas
In vielen Städten Europas zeichnet sich der Trend ab, obsolet gewordene Industrie- und Hafenflächen entlang innerstädtischer Wasserkanten umzunutzen und die so zurückgewonnenen Ufer der Stadtbevölkerung zugänglich zu machen. Kopenhagen macht da keine Ausnahme. An den Kaimauern des ehemaligen Hafens sind seit 1990 zahlreiche Wohn-, Freizeit- und Kulturbauten in zentraler Lage entstanden, mit denen die dänische Hauptstadt ihr Verhältnis zum Wasser neu definiert. Das vom Rotterdamer Architekturbüro OMA entworfene Blox setzt diese Reihe Bauten fort. Unmittelbar neben der Stadtinsel Slotsholmen gelegen, zieht es mit seiner Größe und den versetzt aufeinandergestapelten Glaskuben die Blicke auf sich.
Gallerie
Auf dem Grundstück des Blox befand sich bis 1960 eine Brauerei, danach wurde das Gelände schlicht als Parkplatz genutzt. Erst auf Initiative des Dänischen Architekturzentrums (DAC) wurde im Jahr 2006 ein Wettbewerb für einen Neubau ausgelobt, der zur Revitalisierung des gesamten Hafens beitragen sollte. Die Aufgabenstellung war anspruchsvoll: An erster Stelle war eine Nutzungsmischung gefordert und die viel befahrene Schnellstraße, die bis heute das Grundstück durchschneidet, sollte in den Entwurf integriert werden. Gleichzeitig sollte der Neubau das nördlich gelegene dänische Parlament im Schloss Christiansborg und die Regierungsbauten im Süden miteinander verbinden und dabei die Uferkante in einen urbanen Aufenthaltsraum verwandeln.
Das von OMA entwickelte Stadthaus wird allen Anforderungen gerecht. Es beherbergt Ausstellungsräume, Büros und Coworking-Spaces, eine Buchhandlung und ein Fitnessstudio, ein Café und ein Restaurant. Dazu kommt eine voll automatisierte öffentliche Tiefgarage mit 350 Stellplätzen sowie 22 Wohnungen in den oberen drei Geschossen. Fast ein Viertel der Gesamtfläche nutzt das DAC.
Getragen von einer komplexen Stahlskelettkonstruktion, stapeln
sich die Glaskuben bis zu 26 Meter in die Höhe und überbrücken
dabei die vierspurige Verkehrsader. Unterirdisch gräbt sich der Bau
16 Meter in die Tiefe. Um trotz der Teilung durch die Straße eine
zusammenhängende Eingangsebene zu erhalten, entschieden sich die
Planer für eine unterirdische Erschließung. Von der Stadt kommend
geht es über eine großzügige Treppenanlage hinab zum Haupteingang.
Auf der Wasserseite führen Betontreppen an einer Spundwand aus
Cortenstahl nach unten. Das Architekturzentrum hat eine eigene
Eingangshalle im Erdgeschoss. Eine Ebene höher nutzt es das
zentrale Atrium für Ausstellungen. Es liegt direkt über der Straße
und ist allseitig von Büroflächen umgeben. Sein Glasdach rahmen im
Geschoss darüber die den Wohnungen zugeordneten Terrassen (Bild 19,
20)
Glas
In Anlehnung an das Meer und die vielen Kupferdächer Kopenhagens wurden die Fassaden variierend mit grünen Verglasungen vor den Wohnungen, dunkelgrünem oder schwarzem Streckmetall vor den Ausstellungsräumen und weiß siebbedruckten Glasflächen vor den Büros verkleidet. Obwohl die Anforderungen an die Verglasungen hinsichtlich des sommerlichen und winterlichen Wärmeschutzes, des Schall-, Brand- und Objektschutzes je nach Position am Gebäude völlig unterschiedlich waren, wurde eine einheitliche Optik angestrebt. Um diese zu erzielen, wurden insgesamt 54 technisch voneinander abweichende, ein- und zweischalige Fassadentypen entwickelt und als Sonderkonstruktionen ausgeführt.
Bei den vorgehängten Fassaden handelt es sich entweder um Element- oder um Pfosten-Riegel-Fassaden. Weil die Fenster in den meisten Fällen raumhoch ohne Zwischenriegel spannen, ist die ausfachende Verglasung an den entsprechenden Stellen absturzsichernd. Die typischen Elementabmessungen betragen 2,40 x 4,00 m (Breite x Höhe), die schmalsten Elemente messen 0,20 m.
Der Großteil der Verglasungen besteht aus einer
Dreifach-Isolierverglasung mit einer inneren Scheibe aus heiß
gelagertem Einscheibensicherheitsglas (ESG-H). Die mittlere
Glasscheibe besteht aus
Teilvorgespanntem Glas (TVG), die Außenscheibe aus Verbundsicherheitsglas (VSG), dessen
Einzelscheiben ebenfalls aus TVG bestehen. Die weißliche Glasfärbung in
den Bürobereichen basiert auf einem teilflächigen Siebdruck auf
der äußeren Glasoberfläche. Durch die 30-prozentige
Siebbedruckung und eine Sonnenschutzbeschichtung erreichen
sie die diesbezüglichen Anforderungen. Für die grünen Verglasungen
vor den Wohnungen wurden durchgefärbte Glasscheiben in das
Verbundsicherheitsglas integriert. Die Einfärbung des Glases
unterstützt ebenfalls eine Sonnenschutzbeschichtung. Zusätzlich
wurde bei allen Verglasungen auf der innen liegenden Glasscheibe
zum Scheibenzwischenraum hin eine Low-E
Beschichtung appliziert, die den
Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) weiter reduziert. Das leicht
sheddachartige Glasdach über dem Atrium hat eine betretbare
Verglasung aus Dreifach-Isolierglas mit integrierten
Photovoltaikelementen.
Bautafel
Architekt: OMA, Rotterdam
Projektbeteiligte: Arup, London (Tragwerks- und Fassadenplanung); Cowi, Lyngby (Tragwerksplanung); Metallbau Früh, Umkirch (Fassadenbau); Interpane Glas Industrie, Lauenförde (Glashersteller); Les Éclaireurs, Lyon (Lichtplanung); Ducks Scéno, Paris (Innenarchitektur); C.F. Moller, Kopenhagen (Projektarchitekten); Sweco, Stockholm / VLA Architects, Kopenhagen (Bauleitung); Kragh & Berglund, Kopenhagen / 1:1 Landskab, Kopenhagen (Landschaftsplanung); Aecom (Kostenplanung)
Bauherr: Realdania By og Byg, Kopenhagen
Fertigstellung: 2018
Standort: Bryghuspladsen, 1473 Kopenhagen, Dänemark
Bildnachweis: Rasmus Hjortshoj, Kopenhagen; Delfino Sisto und Marco Cappelletti; Clement Guillaume, Paris; Hans Werlemann; Richard John Seymour; Adrianne Fisher; OMA, Rotterdam
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